Mit seinem Urteil gab der Bundesgerichtshof in der Revisionsinstanz einer Kundin Recht, die gegen das von einem Supermarktbetreiber gegen sie verhängte Hausverbot geklagt hatte. Sie hatte es abgelehnt, ihre Taschen, in denen sie in der Regel Schlüssel und Geldbörse aufbewahrte, zur Aufbewahrung im Eingangsbereich des Supermarktes abzugeben. Da sie sich auch einer Taschenkontrolle durch Kassiererinnen oder Hausdetektive mehrfach widersetzte, sprach der stellvertretende Marktleiter ein Hausverbot aus.
Der Bundesgerichtshof führte aus, gegen die Klägerin habe kein konkreter Verdacht auf Ladendiebstahl bestanden. Allein der Umstand, dass an einer bestimmten Stelle viel gestohlen werde, begründe noch keinen hinreichenden Tatverdacht gegen die einzelnen Personen, die sich dort aufhalten. Dass die Klägerin der Bitte um Abgabe der Taschen nicht nachgekommen sei, könne einen hinreichenden Verdacht auf einen Ladendiebstahl ebenfalls nicht begründen.
Am Eingangsbereich zum Supermarkt war folgende Hinweistafel mit dem Titel "Information und Taschenannahme" angebracht: "Sehr geehrte Kunden, wir bitten Sie höflich, Ihre Taschen hier an der Information vor dem Betreten des Marktes abzugeben, andernfalls weisen wir Sie höflichst darauf hin, dass wir an den Kassen gegebenenfalls Taschenkontrollen durchführen müssen." Der Bundesgerichtshof stellte klar, dass diese Hinweistafel weder eine verbindliche Hausordnung noch eine Geschäftsbedingung sei.
Denn nach seinem eindeutigen Wortlaut handele es sich bei dem Hinweis nur um eine Bitte. Eine andere Auslegungsmöglichkeit des Textes sei nicht ersichtlich. Eine Anordnung, mit der der Zutritt zu den dem allgemeinen Publikumsverkehr eröffneten Geschäftsräumen nur unter bestimmten Bedingungen gestattet werden solle, müsse hinreichend deutlich erkennen lassen, unter welchen Voraussetzungen der Inhaber des Hausrechts mit dem Betreten der Geschäftsräume nicht einverstanden sei.
An die Bestimmtheit und Eindeutigkeit einer Anordnung seien hier schon deswegen strenge Anforderungen zu stellen, weil der Inhaber ein ihm von Gesetzes wegen nicht zustehendes und das Persönlichkeitsrecht seiner Kunden berührendes Kontrollrecht beanspruche. Das setze mindestens voraus, dass derjenige, der den Einkaufsbereich betrete, ohne seine Tasche abgegeben zu haben, unmissverständlich erkennen könne, worauf er sich einlasse. Der "höflichen Bitte" um Abgabe der Taschen komme ein hinreichend deutlicher Regelungscharakter im Sinne einer verbindlichen Hausordnung jedoch nicht zu. Einer Bitte nicht Folge zu leisten, stehe im Belieben des Kunden. Damit stimme überein, dass der Supermarktbetreiber im Eingangsbereich des Marktes auch keine Maßnahmen zur Durchsetzung dieser Bitte getroffen habe.
Die bei Nichtbeachtung der Bitte angekündigten Folgen lassen nicht zweifelsfrei erkennen, dass Kunden generelle oder stichprobenartige Kontrollen ohne konkreten Diebstahlsverdacht hinnehmen müssen. Die Verwendung des Wortes "gegebenenfalls" könne vielmehr auch dahin verstanden werden, dass der Supermarktbetreiber nur bei konkretem Verdacht kontrollieren wolle.
Das der Klägerin gegenüber ausgesprochene Hausverbot könne auch nicht auf eine vorsätzliche Vertragsverletzung gestützt werden. Denn Empfehlungen oder Bitten der hier vorliegenden Art haben regelmäßig keine rechtsgeschäftliche Bedeutung und seien demgemäß auch nicht als Allgemeine Geschäftsbedingungen zu werten. Ohne eine rechtsverbindliche Grundlage könne der Klägerin auch kein widersprüchliches Verhalten vorgeworfen werden, weil sie eine Regelung des Supermarktbetreibers akzeptiert habe, wenn sie die Geschäftsräume trotz Kenntnis von dem Hinweis mit Tasche betrete, aber deren Kontrolle verweigere. Habe der Hinweis keinen rechtlichen Regelungsgehalt, so komme ein konkludentes Einverständnis nicht in Betracht.
Der Bundesgerichtshof stellte schließlich klar, dass solange der Supermarktbetreiber einen Ausschlusswillen hinsichtlich Kunden, die ihre Tasche nicht abgeben oder kontrollieren lassen wollen, nicht unmissverständlich erklärt habe, er sich an seinem generellen Einverständnis mit dem Betreten der Geschäftsräume festhalten lassen müsse. Das Gericht verwies den Rechtsstreit jedoch an die Vorinstanz zurück, da er noch nicht entscheidungsreif sei. Der Supermarktbetreiber hatte vorgetragen, die Klägerin habe Mitarbeiter beleidigt. Deshalb müsse das Berufungsgericht noch prüfen, ob ein Hausverbot aus anderen Gründen gerechtfertigt sei.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 18.03.2011
Quelle: ra-online, Bundesgerichtshof (vt/we)