18.10.2024
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Bundesgerichtshof Urteil24.08.2016

"Abbruchjäger" bei eBay: Schaden­s­er­satzklage scheitert bereits an Prozess­führungs­befugnisBGH weist Klage aus formalen Gründen als unzulässig ab

Der Bundes­ge­richtshof hat in einem Verfahren, in dem die Klägerin Ansprüche aus einem eBay-Geschäft unentgeltlich an Dritte übertragen hatte, entschieden, dass die Klage mangels Prozess­führungs­befugnis der Klägerin bereits als unzulässig abzuweisen ist.

Die Klägerin des zugrunde liegenden Verfahrens, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, gestattete es dem Sohn ihres Verwalters (im Folgenden: H.), für sie ein Nutzerkonto auf der Inter­net­plattform eBay einzurichten.

Sachverhalt

Im Januar 2012 bot der Beklagte bei eBay ein gebrauchtes Motorrad der Marke Yamaha im Wege einer zehntägigen Internetauktion mit einem Startpreis von 1 Euro zum Verkauf an. H. nahm das Angebot an, wobei er ein (Maximal-) Gebot in Höhe von 1.234,57 Euro abgab. Als der Beklagte die Auktion wegen fälschlich eingetragener Artikelmerkmale bereits am ersten Tag abbrach, war H. der einzige Bieter geblieben. Kurz darauf stellte der Beklagte das Motorrad mit korrigierten Angaben erneut bei eBay ein.

Klägerin verlangt Überlassung des Motorrades zum Preis von einem Euro

Rund ein halbes Jahr später, im Juli 2012, forderte die Klägerin den Beklagten auf, ihr das Motorrad zum Preis von 1 Euro zu überlassen. Da er es zwischen­zeitlich anderweitig veräußert hatte, verlangte die Klägerin mit der Behauptung, das Motorrad sei 4.900 Euro wert gewesen, Schadensersatz in Höhe von 4.899 Euro. Noch vor Zustellung der Klage trat die Klägerin ihre Ansprüche aus den vorgenommenen eBay-Geschäften unentgeltlich an H. ab.

Prozessverlauf

Die Klage hatte in erster Instanz zum Teil Erfolg. Auf die Berufung des Beklagten hat das Landgericht die Klage insgesamt abgewiesen; die Berufung der Klägerin hat es zurückgewiesen. Dabei ging das Berufungs­gericht davon aus, dass die Klägerin unbeschadet der vor Klagezustellung erfolgten Abtretung der Forderung an H. berechtigt sei, die abgetretene Forderung weiter zu verfolgen (gewillkürte Prozess­stand­schaft).

Gericht erklärt Schaden­s­er­satz­ver­langen für rechts­miss­bräuchlich

Das Schaden­s­er­satz­ver­langen sei jedoch, wie sich aus den Gesamtumständen des vorliegenden Falles ergebe, recht­miss­bräuchlich. Denn H. habe als "Abbruchjäger" vor allem das Ziel verfolgt, im Fall eines vorzeitigen Aukti­o­ns­ab­bruchs Schaden­s­er­satz­ansprüche geltend zu machen. Dazu hat das Berufungs­gericht unter anderem ausgeführt, dass sich H., der damals unter mehreren eigenen Nutzerkonten bei eBay registriert gewesen sei, allein im Sommer 2011 noch nicht hinter einem Nutzerkonto der Klägerin "versteckt" und bei eBay Gebote in Höhe von 215.000 Euro abgegeben habe. Dabei habe er - jedes Mal unter Beantragung von Prozess­kos­tenhilfe - vier Gerichts­ver­fahren eingeleitet. Zudem habe die Klägerin - in der Annahme, der Beklagte werde das Motorrad zwischen­zeitlich anderweitig veräußern - mit der Geltendmachung von Forderungen mehr als ein halbes Jahr gewartet, bis sie ihn endlich gerichtlich in Anspruch genommen habe.

Mit der vom Berufungs­gericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Klage mangels Prozess­füh­rungs­be­fugnis der Klägerin unzulässig

Der Bundes­ge­richtshof entschied, dass die Klage mangels Prozess­füh­rungs­be­fugnis der Klägerin bereits als unzulässig abzuweisen ist. Nach der Rechtsprechung des Bundes­ge­richtshofs setzt eine gewillkürte Prozess­stand­schaft - also die rechts­ge­schäftliche Ermächtigung zur gerichtlichen Verfolgung eines fremden Rechts im eigenen Namen - stets auch ein eigenes schutzwürdiges Interesse des Ermächtigten an der Rechts­ver­folgung voraus. Ein solches ist gegeben, wenn die Entscheidung Einfluss auf die eigene Rechtlage hat und kann auch wirtschaft­licher Natur sein. Vorliegend fehlt es jedoch an einem rechts­schutz­würdigen Interesse der Klägerin an der Prozessführung. Zwar kann auch der Verkäufer einer Forderung zur Vermeidung eigener Ersatz­ver­pflich­tungen ein eigenes berechtigtes Interesse daran haben, die abgetretene Forderung gerichtlich geltend zu machen. Vorliegend hat die Klägerin ihre Rechte aus dem eBay-Geschäft aber nicht verkauft, sondern unentgeltlich an H. übertragen.

Rechtsfehler des Berufungs­ge­richts nicht erkennbar

Auf den vom Berufungs­gericht als entscheidend angesehenen Gesichtspunkt des Rechts­miss­brauchs kam es somit nicht mehr an. Das Gericht hat allerdings zum Ausdruck gebracht, dass angesichts der Häufung aussa­ge­kräftiger Indizien ein Rechtsfehler des Berufungs­ge­richts nicht erkennbar sei.

Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online

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