Dokument-Nr. 19174
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- CR 2014, 316Zeitschrift: Computer und Recht (CR), Jahrgang: 2014, Seite: 316
- MMR 2014, 592Zeitschrift: Multimedia und Recht (MMR), Jahrgang: 2014, Seite: 592
- Landgericht Nürnberg-Fürth, Urteil17.01.2013, 7 O 6876/12
Oberlandesgericht Nürnberg Urteil26.02.2014
Zulässige vorzeitige Beendigung einer eBay-Auktion nur bei Vorliegen eines berechtigten GrundesBeim unzulässigen frühzeitigen Auktionsabbruch kommt Kaufvertrag mit Höchstbietenden zustande
Ein Verkäufer darf nur dann eine eBay-Auktion in zulässiger Weise vorzeitig beenden, wenn dafür ein berechtigter Grund vorliegt. Selbst der Abbruch 12 Stunden vor Ende der Auktion ist ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes unzulässig. Bei einem unzulässigen frühzeitigen Auktionsabbruch kommt ein Kaufvertrag mit dem zum Zeitpunkt des Abbruchs Höchstbietenden zustande. Dies hat das Oberlandesgericht Nürnberg entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Mai 2012 beabsichtigte der Eigentümer eines Stromaggregats dieses über eBay zu versteigern. Er startete daher unter Angabe eines Startpreises von 1 EUR und einer Laufzeit von 10 Tagen eine Auktion. Zwei Tage später brach er die Auktion jedoch vorzeitig ab. Der einzige Bieter und somit zugleich der Höchstbietende ließ dies jedoch nicht gelten. Er meinte, dass trotz Auktionsabbruch ein Kaufvertrag über das Stromaggregat zum Preis von 1 EUR zustande gekommen sei. Der Fall kam schließlich vor Gericht.
Landgericht verneinte Vorliegen eines Kaufvertrags
Das Landgericht Nürnberg-Fürth vertrat die Ansicht, dass zwischen den Parteien kein Kaufvertrag zustande gekommen ist. Denn der Verkäufer habe die Auktion ohne Angabe von Gründen frühzeitig beenden dürfen. Dies sei nach den AGB von eBay bis zu 12 Stunden vor Auktionsende zulässig. Gegen diese Entscheidung legte der Höchstbietende Berufung ein.
Oberlandesgericht bejahte Wirksamkeit des Kaufvertrags
Das Oberlandesgericht Nürnberg entschied zu Gunsten des Höchstbietenden und hob daher die erstinstanzliche Entscheidung auf. Zwischen den Parteien sei ein Kaufvertrag über das Stromaggregat zum Preis von 1 EUR zustande gekommen. Durch das Starten der Auktion habe der Verkäufer ein verbindliches Verkaufsangebot abgegeben. Von diesem habe er sich nicht ohne weiteres lösen können.
Recht zum vorzeitigen Auktionsabbruch schränkt Bindungswirkung des Verkaufsangebots ein
Die Bindungswirkung des Verkaufsangebots werde jedoch durch das von eBay eingeräumte Recht zum vorzeitigen Auktionsabbruch eingeschränkt. Nach den AGB von eBay komme ein Kaufvertrag mit dem Höchstbietenden dann nicht zustande, wenn eine "gesetzliche" Berechtigung zur Auktionsbeendigung vorgelegen habe. Dabei komme es sich nicht auf das Vorliegen der gesetzlichen Bestimmungen zum Anfechtungsrecht an. Vielmehr können auch weitere Umstände, wie etwa der Verlust des Verkaufsgegenstands, eine vorzeitige Auktionsbeendigung rechtfertigen. Ein solcher Umstand habe hier jedoch nicht vorgelegen.
Zulässiger Auktionsabbruch bis zu 12 Stunden vor Auktionsende nur bei Vorliegen eines berechtigten Grundes
Soweit das Landgericht darauf abstellte, dass nach den AGB ein frühzeitiger Auktionsabbruch bis zu 12 Stunden vor Ende der Auktionszeit ohne Angabe von Gründen zulässig sei, folgte das Oberlandesgericht dem nicht. Seiner Auffassung nach bedürfe es zusätzlich eines berechtigten Grundes. Die Notwendigkeit einer solchen Voraussetzung ergebe sich aus anderen Stellen der AGB. Zudem würde die gegenteilige Ansicht dazu führen, dass bei eBay-Auktionen eine Bindung des Verkäufers an sein Angebot nur in den letzten 12 Stunden der Auktion besteht und vorher das Angebot ohne Angabe von Gründen zurückgezogen werden kann. In diesem Fall würde der Bieter der Willkür des Verkäufers ausgesetzt sein. Die 12-Stunden-Regelung sei insofern missverständlich. Sie regle lediglich die technische Möglichkeit eines vorzeitigen Auktionsabbruchs und nicht deren rechtliche Zulässigkeit.
Keine Sittenwidrigkeit des Kaufvertrags wegen auffälligem Missverhältnis zwischen Wert und Preis des Stromaggregats
Nach Einschätzung des Oberlandesgerichts sei der Kaufvertrag auch nicht wegen Sittenwidrigkeit nach § 138 Abs. 1 BGB unwirksam. Denn ein grobes Missverhältnis zwischen dem Höchstgebot und dem Wert des Verkaufsobjekts führe nicht zwingend zur Annahme eines wucherähnlichen Rechtsgeschäfts. Insoweit seien weitere Umstände erforderlich, die für eine verwerfliche Einstellung des Bieters sprechen. Dies sei hier aber nicht der Fall gewesen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 18.11.2014
Quelle: Oberlandesgericht Nürnberg, ra-online (vt/rb)
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