Bundesgerichtshof Urteil13.07.2010
BGH: Sonnabende sind bei der Frist zur Zahlung der Miete nicht als Werktage anzusehenMietern muss Karenzzeit von drei Werktagen ungehindert zur Verfügung stehen
Bei der Frist zur Zahlung der Miete bis zum dritten Werktag eines jeden Monats ist der Sonnabend nicht mitzuzählen. Dies entschied der Bundesgerichtshof.
In den zugrunde liegenden Streitfällen wurde vertraglich vereinbart, dass die Miete – ebenso wie seit dem 1. September 2001 in § 556 b Abs. 1 BGB* geregelt – im Voraus spätestens am dritten Werktag eines jeden Monats zu zahlen ist. In dem einen Fall (VIII ZR 291/09) wurde der Mietvertrag mit der entsprechenden Klausel bereits im Jahre 1978 abgeschlossen. In dem anderen Fall (VIII ZR 291/09) wurde die Vereinbarung nach Inkrafttreten des 556b Abs. 1 BGB im Jahr 2006 getroffen. Aufgrund vorangegangener unpünktlicher Mietzahlungen wurden die Mieter jeweils abgemahnt. In dem einen Fall (VIII ZR 291/09) ging die Miete für den auf die Abmahnung folgenden Monat Februar 2008 am 5. Februar 2008, einem Dienstag, bei der Klägerin ein, in dem anderen Fall (VIII ZR 129/09) erfolgte die Zahlung für den übernächsten Monat Dezember 2006 am Dienstag, dem 5. Dezember 2006. Daraufhin wurde beiden Mietern das Mietverhältnis fristlos, hilfsweise ordentlich gekündigt. Die auf Räumung gerichteten Klagen wurden durch die Amtsgerichte jeweils abgewiesen. Die Berufungen der Vermieter hatten keinen Erfolg.
Sonnabend nicht als Werktag im Sinne des § 556 b Abs. 1 BGB anzusehen
Die dagegen gerichteten Revisionen der Vermieter hat der Bundesgerichtshof zurückgewiesen. Der Bundesgerichtshof entschied, dass der Sonnabend nicht als Werktag im Sinne des § 556 b Abs. 1 BGB und entsprechender vertraglicher Vereinbarungen anzusehen ist. Das Gericht hat dies aus der Entstehungsgeschichte und dem Schutzzweck der gesetzlichen Regelung hergeleitet. Mit der Einführung des § 556 b Abs. 1 BGB sollte eine damals bereits weit verbreitete Vertragspraxis unverändert in das Gesetz übernommen werden. Deshalb hat für Vereinbarungen aus der Zeit vor und nach Inkrafttreten der gesetzlichen Regelung eine einheitliche Auslegung zu erfolgen.
Überweisung werden in der Regel über Bankinstitute abgewickelt und nehmen erfahrungsgemäß eine gewisse Zeit in Anspruch
Die Karenzzeit von drei Werktagen, die dem Mieter für die Zahlung der Miete zum Beginn des Monats eingeräumt wird, mildert im Interesse des Mieters die zugunsten des Vermieters begründete Vorleistungspflicht ab und muss dem Mieter ungeschmälert zur Verfügung stehen. Diese "Schonfrist" soll insbesondere sicherstellen, dass die Mietzahlung den Vermieter auch dann innerhalb von drei Werktagen erreicht, wenn die Überweisung der Miete am letzten Tag des Monats, an dem weite Teile der Bevölkerung ihr Gehalt oder ihren Lohn erhalten haben, in Auftrag gegeben wird. Sie trägt damit dem Umstand Rechnung, dass Mietzahlungen schon seit langem großenteils durch Überweisung über Bankinstitute abgewickelt werden und dies erfahrungsgemäß eine gewisse Zeit in Anspruch nimmt.
Schonfrist für Mieter bei Mietzahlung über Bankinstitute würde sich aufgrund der Arbeitszeit der Bank von Montag bis Freitag um einen Tag verkürzen
Bankgeschäftstage waren aber bei Einführung des § 556 b Abs. 1 BGB und in der Zeit davor nur die Tage von Montag bis Freitag; daran hat sich auch nichts Grundlegendes geändert. Deshalb würde sich die Schonfrist für den Mieter bei der Mietzahlung über Bankinstitute um einen Tag verkürzen, wenn der Sonnabend bei der Berechnung der Zahlungsfrist als Werktag mitgezählt würde. Das widerspräche dem Schutzzweck der Karenzzeit und rechtfertigt es, den Sonnabend nicht als Werktag im Sinne des § 556 b Abs. 1 BGB und entsprechender Mietvertragsklauseln anzusehen. Dies gilt im Interesse einheitlicher Handhabung unabhängig von der Zahlungsweise.
Karenzzeit bei Kündigung von Wohnraummietverhältnissen kann nicht mit Karenzzeit für Mietzahlungen gleichgesetzt werden
Die Entscheidung des Gerichts zur Berechnung der Karenzzeit von drei Werktagen bei der Kündigung von Wohnraummietverhältnissen gemäß § 573 c BGB** steht dem nicht entgegen (vgl. Bundesgerichtshof, Urteil v. 27.04.2005 - VIII ZR 206/04 -). Anders als eine Überweisung können die Übermittlung und die Zustellung eines Kündigungsschreibens durch die Post an einem Sonnabend erfolgen. Im Gegensatz zur Zahlungsfrist verkürzt sich daher die Karenzzeit für die Kündigung nicht, wenn der Sonnabend bei der Dreitagesfrist des § 573 c Abs. 1 Satz 1 BGB – wie auch im allgemeinen Sprachgebrauch – als Werktag berücksichtigt wird.
*§ 556 b Abs. 1 BGB
Die Miete ist zu Beginn, spätestens bis zum dritten Werktag der einzelnen Zeitabschnitte zu entrichten, nach denen sie bemessen ist.
** § 573 c Abs. 1 BGB
Die Kündigung ist spätestens am dritten Werktag eines Kalendermonats zum Ablauf des übernächsten Monats zulässig. […]
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 13.07.2010
Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online