15.11.2024
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Dokument-Nr. 22929

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Beschluss10.02.2016BundesgerichtshofVII ZB 36/15
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • FamRZ 2016, 815Zeitschrift für das gesamte Familienrecht mit Betreuungsrecht (FamRZ), Jahrgang: 2016, Seite: 815
  • NJW 2016, 1740Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2016, Seite: 1740
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Vorinstanz:
  • Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Beschluss16.06.2015, 6 U 72/15
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Beschluss10.02.2016

BGH zum Frist­verlängerungs­antrag per Fax: Bei Fristen­kon­trolle durch Rechtsanwalt muss dieser vor Fristlöschung Vorhandensein eines Sendeprotokolls und Empfangs­be­stä­tigung prüfenFehlende Prüfung begründet Verschulden an Fristversäumnis

Nimmt der Rechtsanwalt selbst die Fristen­kon­trolle vor, so muss er bei der Übermittlung eines fristgebundenen Schriftsatzes per Fax vor Löschung der Frist im Fristenkalender überprüfen, ob ein ordnungsgemäßes Sendeprotokoll und eine Empfangs­be­stä­tigung vorliegen. Kommt er dem nicht nach, hat er ein etwaiges Fristversäumnis zu verschulden. Eine Wieder­ein­setzung in den vorigen Stand kommt dann nicht in Betracht. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundes­ge­richtshofs hervor.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein Rechtsanwalt wurde im Jahr 2015 damit beauftragt gegen ein Urteil Berufung einzulegen. Zwar kam er dem nach, jedoch erfolgte die Berufungs­be­gründung verspätet. Dies hatte seine Ursache darin, dass ein Frist­ver­län­ge­rungs­antrag bezüglich der Berufungsbegründungsfrist nicht an das Berufungs­gericht abgeschickt wurde. Der Rechtsanwalt hatte die Fristen­kon­trolle in seiner Kanzlei selbst vorgenommen. Aufgrund einer hohen Arbeits­be­lastung war es ihm nicht möglich, die Berufungs­be­gründung rechtzeitig zu erstellen. Er wies daher eine Mitarbeiterin an, den Frist­ver­län­ge­rungs­antrag anzufertigen sowie diesen zunächst per Fax und dann per Post abzuschicken. Dem kam die Mitarbeiterin jedoch nicht nach. Zudem löschte der Rechtsanwalt nach der Weisung die Berufungs­be­grün­dungsfrist im Kalender. Aufgrund der versäumten Frist beantragte der Rechtsanwalt Wieder­ein­setzung in den vorigen Stand.

Oberlan­des­gericht weist Wieder­ein­set­zungs­antrag zurück

Das Oberlan­des­gericht Frankfurt a.M. wies den Wieder­ein­set­zungs­antrag zurück. Denn seiner Auffassung nach habe der Rechtsanwalt die Berufungs­be­grün­dungsfrist schuldhaft versäumt. Gegen diese Entscheidung legte der Rechtsanwalt Rechts­be­schwerde ein.

Bundes­ge­richtshof bejaht ebenfalls schuldhafte Fristversäumnis durch Rechtsanwalt

Der Bundes­ge­richtshof bestätigte die Entscheidung des Oberlan­des­ge­richts und wies daher die Rechts­be­schwerde des Rechtsanwalts zurück. Dieser habe schuldhaft versäumt, rechtzeitig die Berufung zu begründen. Eine Wieder­ein­setzung in den vorigen Stand sei daher nicht möglich gewesen.

Pflicht zur Ausgangs­kon­trolle

Ein Rechtsanwalt müsse nach Auffassung des Bundes­ge­richtshofs eine Ausgangs­kon­trolle schaffen, durch die zuverlässig gewährleistet werde, dass fristwahrende Schriftsätze rechtzeitig hinausgehen. Dieser Verpflichtung komme er nur nach, wenn er seinen dafür zuständigen Mitarbeitern die Weisung erteile, sich einen Einzelnachweis ausdrucken zu lassen, auf dieser Grundlage die Vollständigkeit der Übermittlung zu prüfen und die Frist erst nach Kontrolle des Sendeberichts zu löschen. Dem sei der Rechtsanwalt aber nicht nachgekommen.

Verschulden aufgrund Fristlöschung ohne Prüfung der Fristeinhaltung

Der Rechtsanwalt hat die Frist zur Berufungs­be­gründung aus dem Fristenkalender gelöscht, so der Bundes­ge­richtshof, ohne sichergehen zu können, dass die Einhaltung der Frist ausreichend kontrolliert worden sei. Übernehme der Rechtsanwalt die Ausgangs­kon­trolle selbst, müsse er auch selbst für eine wirksame Ausgangs­kon­trolle sorgen. Dazu gehöre, dass sich der Anwalt vor Löschung einer Frist darüber Klarheit verschaffe, dass ein ordnungsgemäßes Sendeprotokoll und eine Empfangs­be­stä­tigung vorliegen. Dem sei der Anwalt hier aber nicht nachgekommen.

Verschulden wegen unterlassenem Postversand des Frist­ver­län­ge­rungs­antrags

Nach Ansicht des Bundes­ge­richtshofs sei der unterlassene Postversand des Frist­ver­län­ge­rungs­antrags ebenfalls auf ein Verschulden des Rechtsanwalts zurückzuführen gewesen. Zwar dürfe ein Anwalt grundsätzlich darauf vertrauen, dass zuverlässiges Büropersonal seinen Anweisungen folge leisten. Betreffe aber die Weisung einen so wichtigen Vorgang wie die Absendung eines Frist­ver­län­ge­rungs­antrags zur Wahrung einer Berufungs­be­grün­dungsfrist und werde sie nur mündlich erteilt, müssen ausreichende Vorkehrungen dagegen getroffen werden, dass die Anweisung nicht in Vergessenheit gerät und die Absendung unterbleibt. Dazu genüge es zwar, wenn die Anweisung hinreichend klar und präzise sei und das Personal aufgefordert werde, den Auftrag sofort vor allen anderen Aufgaben zu erledigen. Dies sei hier aber nicht der Fall gewesen.

Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)

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