Dokument-Nr. 17608
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- NJW 2014, 226Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2014, Seite: 226
- Oberlandesgericht Brandenburg, Beschluss17.04.2012, 6 U 14/12
Bundesgerichtshof Beschluss19.12.2013
Verlängerungsantrag für Berufungsbegründungsfrist: Rechtsanwalt grundsätzlich nicht verpflichtet Eingang von Schriftsätzen bei Gericht zu überprüfenRechtsanwalt darf auf Einhaltung der normalen Postlaufzeit, rechtzeitigen Eingang von Schriftsätzen bei Gericht und Stattgeben von Fristverlängerungsanträgen vertrauen
Ein Rechtsanwalt darf grundsätzlich darauf vertrauen, dass die normale Postlaufzeit eingehalten wird, Schriftsätze bei Gericht daher rechtzeitig eingehen und dass Fristverlängerungsanträge vom Gericht stattgegeben werden. Er ist somit regelmäßig nicht dazu verpflichtet den Eingang seiner Schriftsätze bei Gericht zu überprüfen. Dies hat der Bundesgerichtshof entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Gegen das Urteil eines Landgerichts sollte der Rechtsanwalt der Klägerin Berufung einlegen. Während er die Berufung fristgerecht einlegte, beantragte er für die Berufungsbegründungsfrist eine Fristverlängerung. Der Antrag wurde innerhalb der Frist auch rechtzeitig bei der Post aufgegeben. Dennoch kam es nicht reichzeitig beim zuständigen Berufungsgericht, dem Oberlandesgericht Brandenburg, an. Der Rechtsanwalt beantragte daher Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.
Oberlandesgericht wies Wiedereinsetzungsantrag zurück
Das Oberlandesgericht Brandenburg wies den Wiedereinsetzungsantrag zurück. Zwar ging es davon aus, dass der Fristverlängerungsantrag so rechtzeitig bei der Post aufgegeben wurde, dass er bei normaler Postlaufzeit fristwahrend beim Gericht eingegangen wäre. Der Rechtsanwalt habe darauf aber nicht vertrauen dürfen. Er hätte vielmehr die tatsächliche Frist einhalten müssen. Dagegen legte der Rechtsanwalt Rechtsbeschwerde ein.
BGH: Wiedereinsetzung in vorigen Stand war zu gewähren
Der Bundesgerichtshof entschied zu Gunsten des Rechtsanwalts. Ihm sei Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren gewesen (§§ 233, 234 ZPO). Der Rechtsanwalt habe auf die Einhaltung der normalen Postlaufzeiten, auf das rechtzeitige Eingehen seines Verlängerungsantrags bei Gericht und auf das Stattgeben des Verlängerungsantrags vertrauen dürfen. Ihm sei daher kein Vorwurf aus seinem Untätigbleiben zu machen gewesen.
Keine Pflicht zur Überwachung des Schriftsatzeingangs bei Gericht
Der Rechtsanwalt hätte sich nach Auffassung des Bundesgerichtshofs den Vorgang vor Fristablauf nicht vorlegen oder vor Fristablauf tätig werden müssen. Er hätte sich insbesondere nicht innerhalb der Berufungsbegründungsfrist bei Gericht erkundigen müssen, ob der Verlängerungsantrag dort eingegangen und ob ihm stattgegeben worden ist. Ein Rechtsanwalt müsse sich nämlich grundsätzlich nicht vor Fristablauf durch Rückfrage bei Gericht von einem rechtzeitigen Eingang überzeugen. Ihm treffe vielmehr nur die Pflicht für eine zuverlässige Ausgangskontrolle zu sorgen.
Nachfragepflicht nur in Ausnahmefällen
Eine Nachfragepflicht sei nur in Ausnahmefällen anzunehmen, so der Bundesgerichtshof weiter. Dazu müsse aber ein konkreter Anlass vorliegen. Ein solcher sei nicht darin zu sehen, dass der Anwalt in der noch laufenden Berufungsbegründungsfrist keine auf seinen Schriftsatz bezogene Verfügung des Gerichts erhalten hat. Vielmehr werde eine Erkundigungspflicht nur ausgelöst, wenn sich aus einer Mitteilung des Gerichts eindeutig ergibt, dass etwas fehlgelaufen ist. Eine andere Ansicht würde dazu führen, dass der Zugang zu den Instanzgerichten in unzumutbarer und nicht zu rechtfertigende Weise erschwert wird.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 31.01.2014
Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)
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