21.11.2024
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Dokument-Nr. 17608

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Bundesgerichtshof Beschluss19.12.2013

Verlän­ge­rungs­antrag für Berufungs­begründungs­frist: Rechtsanwalt grundsätzlich nicht verpflichtet Eingang von Schriftsätzen bei Gericht zu überprüfenRechtsanwalt darf auf Einhaltung der normalen Postlaufzeit, rechtzeitigen Eingang von Schriftsätzen bei Gericht und Stattgeben von Frist­verlängerungs­anträgen vertrauen

Ein Rechtsanwalt darf grundsätzlich darauf vertrauen, dass die normale Postlaufzeit eingehalten wird, Schriftsätze bei Gericht daher rechtzeitig eingehen und dass Frist­verlängerungs­anträge vom Gericht stattgegeben werden. Er ist somit regelmäßig nicht dazu verpflichtet den Eingang seiner Schriftsätze bei Gericht zu überprüfen. Dies hat der Bundes­ge­richtshof entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Gegen das Urteil eines Landgerichts sollte der Rechtsanwalt der Klägerin Berufung einlegen. Während er die Berufung fristgerecht einlegte, beantragte er für die Berufungsbegründungsfrist eine Fristverlängerung. Der Antrag wurde innerhalb der Frist auch rechtzeitig bei der Post aufgegeben. Dennoch kam es nicht reichzeitig beim zuständigen Berufungs­gericht, dem Oberlan­des­gericht Brandenburg, an. Der Rechtsanwalt beantragte daher Wieder­ein­setzung in den vorigen Stand.

Oberlan­des­gericht wies Wieder­ein­set­zungs­antrag zurück

Das Oberlan­des­gericht Brandenburg wies den Wieder­ein­set­zungs­antrag zurück. Zwar ging es davon aus, dass der Frist­ver­län­ge­rungs­antrag so rechtzeitig bei der Post aufgegeben wurde, dass er bei normaler Postlaufzeit fristwahrend beim Gericht eingegangen wäre. Der Rechtsanwalt habe darauf aber nicht vertrauen dürfen. Er hätte vielmehr die tatsächliche Frist einhalten müssen. Dagegen legte der Rechtsanwalt Rechts­be­schwerde ein.

BGH: Wieder­ein­setzung in vorigen Stand war zu gewähren

Der Bundes­ge­richtshof entschied zu Gunsten des Rechtsanwalts. Ihm sei Wieder­ein­setzung in den vorigen Stand zu gewähren gewesen (§§ 233, 234 ZPO). Der Rechtsanwalt habe auf die Einhaltung der normalen Postlaufzeiten, auf das rechtzeitige Eingehen seines Verlän­ge­rungs­antrags bei Gericht und auf das Stattgeben des Verlän­ge­rungs­antrags vertrauen dürfen. Ihm sei daher kein Vorwurf aus seinem Untätigbleiben zu machen gewesen.

Keine Pflicht zur Überwachung des Schrift­sat­zeingangs bei Gericht

Der Rechtsanwalt hätte sich nach Auffassung des Bundes­ge­richtshofs den Vorgang vor Fristablauf nicht vorlegen oder vor Fristablauf tätig werden müssen. Er hätte sich insbesondere nicht innerhalb der Berufungs­be­grün­dungsfrist bei Gericht erkundigen müssen, ob der Verlän­ge­rungs­antrag dort eingegangen und ob ihm stattgegeben worden ist. Ein Rechtsanwalt müsse sich nämlich grundsätzlich nicht vor Fristablauf durch Rückfrage bei Gericht von einem rechtzeitigen Eingang überzeugen. Ihm treffe vielmehr nur die Pflicht für eine zuverlässige Ausgangs­kon­trolle zu sorgen.

Nachfra­ge­pflicht nur in Ausnahmefällen

Eine Nachfra­ge­pflicht sei nur in Ausnahmefällen anzunehmen, so der Bundes­ge­richtshof weiter. Dazu müsse aber ein konkreter Anlass vorliegen. Ein solcher sei nicht darin zu sehen, dass der Anwalt in der noch laufenden Berufungs­be­grün­dungsfrist keine auf seinen Schriftsatz bezogene Verfügung des Gerichts erhalten hat. Vielmehr werde eine Erkun­di­gungs­pflicht nur ausgelöst, wenn sich aus einer Mitteilung des Gerichts eindeutig ergibt, dass etwas fehlgelaufen ist. Eine andere Ansicht würde dazu führen, dass der Zugang zu den Insta­nz­ge­richten in unzumutbarer und nicht zu rechtfertigende Weise erschwert wird.

Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)

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