21.11.2024
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Bundesgerichtshof Beschluss24.01.2018

Pfändung von Hartz IV-Nachzahlungen unzulässigBei Bemessung des pfandfreien Betrags sind für mehrere Monate erhaltene Nachzahlungen auf jeweiligen monatlichen Leistungs­zeitraum aufzuteilen

Der Bundes­ge­richtshof hat entschieden, dass Nachzahlung von Sozia­l­leis­tungen bei der Bemessung des pfändungsfreien Betrages den Leistungs­zeit­räumen zuzurechnen sind, für die sie gezahlt werden.

Der Gläubiger des zugrunde liegenden Streitfalls betreibt gegen die Schuldnerin die Zwangs­voll­streckung wegen einer durch Vollstre­ckungs­be­scheid titulierten Geldforderung. Mit Pfändungs- und Überwei­sungs­be­schluss des Amtsgerichts wurde unter anderem der Anspruch der Schuldnerin auf Auszahlung des Guthabens auf ihrem als Pfändungsschutzkonto geführten Konto gegenüber der Dritt­schuldnerin gepfändet und dem Gläubiger zur Einziehung überwiesen.

Schuldnerin erhält Nachzahlung in Höhe von über 5.000 Euro

Aufgrund des Bescheids erhielt die Schuldnerin auf diesem Konto eine Nachzahlung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozial­ge­setzbuch für die Monate März bis November 2015 in Höhe von 5.584,16 Euro.

Nachzahlung fällt unter Pfändungs­freiheit

Auf Antrag der Schuldnerin hat das Amtsgericht die Pfändung durch den Gläubiger teilweise aufgehoben und zugunsten der Schuldnerin einen einmaligen das unpfändbare Einkommen übersteigenden Betrag in Höhe von 5.584,16 Euro "freigegeben". Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde des Gläubigers wies das Beschwer­de­gericht zurück. Das Beschwer­de­gericht ist der Auffassung, dass die auf dem Konto der Schuldnerin eingegangene Summe von insgesamt 5.584,16 Euro der Pfändungs­freiheit unterfällt, da die Nachzahlungen dem Monat zuzurechnen seien, für den sie erfolgt seien.

Nachzahlung diente zum Ausgleich des ermittelten ungedeckten monatlichen Regelbedarfs nebst Miet- und Neben­kos­te­n­anteil

Der Bundes­ge­richtshof bestätigte diese Ansicht. Sozia­l­leis­tungen zur Sicherung des Lebens­un­terhalts auf Grundlage des Zweiten Buch Sozial­ge­setzbuch, die Fürsor­ge­leis­tungen des Staates darstellen, sollen nach der Rechtsprechung des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts ein aus dem Grundgesetz folgendes Grundrecht auf Gewährleistung eines menschen­würdigen Existenz­mi­nimums sichern. Daraus folgt, dass entsprechende Nachzahlungen seitens der öffentlichen Hand dem Pfändungsschutz grundsätzlich unterfallen. Es besteht eine Vermutung dafür, dass es sich bei der Zahlung, auf den jeweiligen Monat betrachtet, um die Deckung des menschen­würdigen Bedarfs in Gestalt des Existenz­mi­nimums handelt. Nach der Geset­zes­be­gründung soll sichergestellt werden, dass der mit der Zahlung der Leistung verfolgte Zweck auch tatsächlich erreicht wird. Von der Nicht­ver­füg­barkeit der Nachzah­lungs­beträge in den entsprechenden Leistungs­ab­schnitten ist nicht darauf zu schließen, dass sie nunmehr zur Deckung des Lebens­un­terhalts nicht mehr notwendig sind. Eine Existenz ist zwar mit weniger Mitteln als den Leistungen zur Gewährleistung des Existenz­mi­nimums möglich, diese wäre allerdings menschen­un­würdig. Aus den vorgelegten Bescheiden ergibt sich zweifelsfrei, dass die Nachzahlung aufgrund einer Ermittlung des Bedarfs erfolgt und an die Schuldnerin lediglich der jeweils ungedeckte monatliche Regelbedarf nebst Miet- und Neben­kos­te­n­anteil nachgezahlt worden ist. Die Nachzahlung an die Schuldnerin für die Monate März bis November 2015 ist für die Bemessung des pfandfreien Betrags für Arbeits­ein­kommen jeweils dem monatlichen Leistungs­zeitraum zuzurechnen, für den sie gezahlt wurde.

Quelle: Verbraucherzentrale Bundesverband/ra-online

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