21.11.2024
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Dokument-Nr. 19178

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Urteil18.11.2014BundesgerichtshofVI ZR 76/14
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • MDR 2015, 24Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2015, Seite: 24
  • NJW 2015, 778Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2015, Seite: 778
  • ZD 2015, 196Zeitschrift für Datenschutz (ZD), Jahrgang: 2015, Seite: 196
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Vorinstanzen:
  • Landgericht Hamburg, Urteil20.04.2012, 324 O 628/10
  • Hanseatisches Oberlandesgericht in Hamburg, Urteil28.01.2014, 7 U 44/12
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil18.11.2014

Betroffener hat bei ursprünglich zulässiger Verdachts­bericht­erstattung nach Ausräumung des Verdachts keinen Anspruch auf RichtigstellungPresseorgan ist nur zur nachträglichen Mitteilung über nicht mehr aufrecht­er­haltenen Verdacht verpflichtet

Ein Betroffener kann bei einer ursprünglich zulässigen Verdachts­bericht­erstattung in der Zeitung bei späterer Ausräumung des Verdachts und Fortwirkung der Beein­träch­tigung vom Presseorgan nicht die Richtigstellung der ursprünglichen Berich­t­er­stattung verlangen, sondern nur die nachträgliche Mitteilung (Nachtrag), dass nach Klärung des Sachverhalts der berichtete Verdacht nicht mehr aufrecht­er­halten wird. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundes­ge­richtshofs hervor.

Der Kläger des zugrunde liegenden Falls ist ehemaliger Chefjustiziar einer Bank. Er verlangt die Richtigstellung einer ihn betreffenden Berichterstattung in einem von der Beklagten verlegten Nachrich­ten­magazin. Der angegriffene Beitrag geht der Frage nach, ob ein wegen des Verdachts von Pflicht­ver­let­zungen entlassenes Vorstands­mitglied der Bank Opfer einer Falsch­be­zich­tigung geworden ist. Der Beitrag berichtet über ein gegen einen früheren Sicher­heits­berater der Bank eingeleitetes Ermitt­lungs­ver­fahren wegen des Verdachts, das Büro des ehemaligen Vorstands­mit­glieds verwanzt, dessen Privatwohnung durchsucht und beim Frisieren von Dokumenten mitgeholfen zu haben. In diesem Zusammenhang gibt der Beitrag Aussagen des früheren Sicher­heits­be­raters wieder, wonach der namentlich genannte Kläger und zwei weitere Personen an der Beauftragung dieser Maßnahmen mitgewirkt haben sollen. Nach der Veröf­fent­lichung des Beitrags wurde eine notarielle Erklärung des früheren Sicher­heits­be­raters bekannt, in der dieser von seinen angeblichen früheren Aussagen abrückte. Später wurde ein gegen ihn und den Kläger eingeleitetes Ermitt­lungs­ver­fahren eingestellt.

OLG verurteilte Beklagte zur Veröf­fent­lichung einer "Richtigstellung" im Nachrich­ten­magazin

Das Oberlan­des­gericht hat sich nach einer Beweisaufnahme davon überzeugt, dass der Verdacht, der Kläger habe an Abhörmaßnahmen gegen das ehemalige Vorstands­mitglied mitgewirkt, unberechtigt sei. Es hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt, in ihrem Nachrich­ten­magazin unter der Überschrift "Richtigstellung" eine Erklärung zu veröffentlichen, wonach sie den Verdacht nicht aufrechterhalte.

BGH Beitrag im Nachrich­ten­magazin war zum Zeitpunkt der Veröf­fent­lichung rechtmäßig

Auf die Revision der Beklagten hat der Bundes­ge­richtshof das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache an das Oberlan­des­gericht zurückverwiesen. Der angegriffene Beitrag enthält eine den Kläger nicht vorver­ur­teilende Verdachtsberichterstattung, die nach dem für die revisi­ons­rechtliche Prüfung maßgeblichen Sachvortrag der Beklagten zum Zeitpunkt der Veröf­fent­lichung rechtmäßig war. Die möglichen Verfehlungen von Führungskräften der Bank, die im Zuge der Finanzkrise verstärkt in das Blickfeld der Öffentlichkeit geraten war, waren ein Vorgang von gravierendem Gewicht, dessen Mitteilung durch ein Infor­ma­ti­o­ns­be­dürfnis der Allgemeinheit gerechtfertigt war. Die Beklagte hat auch einen hinreichenden Mindestbestand an Beweistatsachen dargetan, die zum Zeitpunkt der Veröf­fent­lichung für eine Beteiligung des Klägers an den fraglichen Vorgängen sprachen. Denn nach dem Vortrag der Beklagten stützte sich der Beitrag unter anderem auf Aussagen des früheren Sicher­heits­be­raters gegenüber den Autoren des Berichts und auf einen Vermerk der Staats­an­walt­schaft. Auch hatten die Autoren den Kläger und eine weitere Person angehört, die an der Beauftragung des früheren Sicher­heits­be­raters mitgewirkt haben sollte. Dies war unter den konkreten Umständen des Falles ausreichend.

Kläger kann bei späterer Ausräumung des Verdachts nicht zwingend Richtigstellung der ursprünglichen Berich­t­er­stattung verlangen

Zwar kommt auch im Fall einer im Veröf­fent­li­chungs­zeitpunkt zulässigen Verdachts­be­rich­t­er­stattung ein Berich­ti­gungs­an­spruch des Betroffenen grundsätzlich in Betracht, wenn - wie im Streitfall - der Tatverdacht später ausgeräumt wird und die Rufbe­ein­träch­tigung fortdauert. Jedoch ergibt die gebotene Abwägung zwischen dem Persönlichkeitsrecht des Betroffenen (Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK) sowie dem Recht der Presse auf Meinungs- und Medienfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 EMRK), dass das Presseorgan nicht verpflichtet werden kann, sich nach einer rechtmäßigen Verdachts­be­rich­t­er­stattung selbst ins Unrecht zu setzen. Deshalb kann der Betroffene bei späterer Ausräumung des Verdachts und Fortwirkung der Beein­träch­tigung von dem Presseorgan nicht die Richtigstellung der ursprünglichen Berich­t­er­stattung, sondern nur die nachträgliche Mitteilung (Nachtrag) verlangen, dass nach Klärung des Sachverhalts der berichtete Verdacht nicht mehr aufrecht­er­halten werde.

Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online

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