21.11.2024
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Bundesgerichtshof Urteil21.11.2006

Bei besonderer beruflicher Stellung kann die namentliche Nennung in der Presse unter gewissen Umständen gerechtfertigt seinNur bei "schwerwiegenden Auswirkungen" auf das Persön­lich­keitsrecht überwiegt im Einzelfall das Recht auf Anonymität

Presseberichte unter Nennung seines Namens müssen hingenommen werden, wenn man durch die gehobene Stellung des Berufes ins Blickfeld der Öffentlichkeit gerät. Nur bei "schwerwiegenden Auswirkungen" auf das Persön­lich­keitsrecht überwiegt im Einzelfall das Recht auf Anonymität des Einzelnen gegenüber dem Infor­ma­ti­o­ns­in­teresse der Allgemeinheit. Dies entschied der Bundes­ge­richtshof.

Im zugrunde liegenden Fall war der Kläger seit Juli 2000 Geschäftsführer der Klinikum N. GmbH. Im Juni 2002 wurde der Kläger von der Klinikum N. GmbH abberufen und sein Vertrag ordentlich zum Ende Dezember 2002 gekündigt. Die beklagte Presseagentur brachte unter namentlicher Nennung des Klägers eine Pressemeldung mit dem Titel "Klinik-Geschäftsführer abberufen" heraus. In der Berichterstattung wurde auch über die näheren Umstände seiner Abberufung eingegangen. Unter anderem wurde das schlechte Vertrau­ens­ver­hältnis zwischen dem Kläger und dem Großteil der Mitarbeiter der Klinik angesprochen. Mit seiner Klage begehrte der Kläger, die beklagte Presseagentur zu verurteilen und zu unterlassen, dass die Pressemeldung veröffentlicht und/oder verbreitet wird.

Berufungs­gericht: Klage ist begründet

Nachdem in der Berufung der Klage stattgegeben worden war, hatte die Revision der Beklagten vor dem BGH Erfolg. Das Berufungs­gericht hatte einen Unter­las­sungs­an­spruch des Klägers deshalb als begründet erachtet, weil die angegriffene Meldung der Presseagentur den Kläger in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletze. Laut Berufungs­gericht könne nicht angenommen werden, dass der Kläger ein öffentliches Informationsinteresse in Bezug auf seine Person geweckt habe. Er sei zwar vorher in den Medien in Erscheinung getreten, diese Presse­mit­tei­lungen hätten sich jedoch nicht um seine Person bezogen, sondern um die Klinik im Allgemeinen. Demnach hätte die Meldung der Presseagentur ohne Nennung des Klägers das Infor­ma­ti­o­ns­in­teresse der Öffentlichkeit befriedigen können. Des Weiteren rücke die einseitige Meldung den Kläger in ein besonders schlechtes Licht, womit eine einseitige Berich­t­er­stattung unter Nennung des Namens nicht gerechtfertigt werden kann.

BGH: Infor­ma­ti­o­ns­in­teresse der Allgemeinheit hat Vorrang

Dies sah der BGH anders. Es sei grundsätzlich richtig, dass das allgemeine Persön­lich­keitsrecht das Recht beinhalte, in gewählter Anonymität zu bleiben und die eigene Person nicht in der Öffentlichkeit dargestellt zu sehen. Im Einzelfall aber könnten die Pressefreiheit und das Öffent­lich­keits­in­teresse Vorrang haben. Dies sei hier der Fall, weil es sich hierbei um eine namentliche Berich­t­er­stattung über die berufliche Tätigkeit des Klägers, also um die "Sozialsphäre" gehe, an der das Interesse der Öffentlichkeit gegeben ist.

Berufliche Sphäre unterlicht einer größeren Außenwirkung

Der BGH begründet das Urteil damit, dass Äußerungen zu der Sozialsphäre desjenigen, über den berichtet werde, nur dann mit negativen Sanktionen verknüpft werden, wenn eine schwerwiegende Auswirkung auf das Persön­lich­keitsrecht vorliegt. Durch seinen beruflichen Stand musste der Kläger schon von vornherein auf die Beobachtung seines Verhaltens durch eine breitere Öffentlichkeit einstellen. Somit war der Kläger nicht in seiner Privat-, sondern in der Sozialsphäre betroffen. Somit konnte er eine entsprechende Berich­t­er­stattung nur im Falle einer schwerwiegenden Auswirkung auf sein Persön­lich­keitsrecht verbieten. Anhaltspunkte hierfür lagen aber nicht vor.

Quelle: ra-online (md)

der Leitsatz

BGB §§ 823 Ah, 1004; GG Art. 2 Abs. 1; Art. 5 Abs. 1

Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen in der Meldung einer Presseagentur unter namentlicher Benennung des Betroffenen über dessen Abberufung als Geschäftsführer wegen nachhaltiger Störung des Vertrau­ens­ver­hält­nisses mit einem Großteil der Mitarbeiter berichtet werden darf.

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