18.10.2024
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Bundesgerichtshof Urteil10.05.2016

Umkehr der Beweislast bei grobem Behand­lungs­fehler eines TierarztesRechts­grundsätze aus Humanmedizin zur Beweis­la­st­umkehr bei groben Behand­lungs­fehlern gelten auch bei tierärztlichen Behandlungen

Der Bundes­ge­richtshof hat entschieden, dass die in der Humanmedizin entwickelten Rechts­grundsätze hinsichtlich der Beweis­la­st­umkehr bei groben Behand­lungs­fehlern, insbesondere auch bei Befund­erhebungs­fehlern, auch im Bereich der tierärztlichen Behandlung anzuwenden sind.

Die Klägerin des zugrunde liegenden Streitfalls nimmt den Beklagten wegen fehlerhafter tierärztlicher Behandlung auf Schadensersatz in Anspruch.

Sachverhalt

Im Juli 2010 stellte sie ihr Pferd dem beklagten Tierarzt wegen einer Verletzung am rechten hinteren Bein zur Behandlung vor. Der Beklagte verschloss die Wunde, nahm aber keine weiteren Untersuchungen vor. Einige Tage später wurde eine Fraktur des verletzten Beines diagnostiziert. Die Operation der Fraktur gelang nicht, das Pferd wurde noch am selben Tag getötet. Das Pferd hatte durch den Tritt eines anderen Pferdes eine Fissur des Knochens erlitten, die sich zu einer vollständigen Fraktur entwickelt hatte.

OLG bejaht Behand­lungs­fehler des Tierarztes und Anspruch der Pferde­be­sitzerin auf Schadensersatz

Das Oberlan­des­gericht Oldenburg hatte den Tierarzt dem Grunde nach verurteilt, der Tierhalterin Schadensersatz wegen der fehlerhaften Behandlung ihres Pferdes zu zahlen. Der Tierarzt habe einen groben Behandlungsfehler in Form eines Befun­d­er­he­bungs­fehlers begangen. Er hätte erkennen müssen, dass die Möglichkeit einer Fissur bestand und dazu weitere Untersuchungen vornehmen müssen, die die Fissur bestätigt hätten.

Streit um Beweislast

Im Streitfall blieb ungeklärt, ob der grobe Behand­lungs­fehler dafür ursächlich war, dass sich das Pferd beim Aufstehen das Bein brach. Es kam daher darauf an, ob die Tierhalterin - wie es die Regel wäre - oder der Tierarzt die Beweislast hinsichtlich der Kausalität trägt.

BGH bejaht grob fehlerhaftes Handeln des Tierarztes

Der Bundes­ge­richtshof bestätigte das Urteil des Oberlan­des­ge­richts. Die in der Humanmedizin entwickelten Rechts­grundsätze hinsichtlich der Beweislastumkehr bei groben Behand­lungs­fehlern, insbesondere auch bei Befun­d­er­he­bungs­fehlern, sind auch im Bereich der tierärztlichen Behandlung anzuwenden. Beide Tätigkeiten beziehen sich auf einen lebenden Organismus. Bei der tierärztlichen Behandlung kommt - wie in der Humanmedizin - dem für die Beweis­la­st­umkehr maßgeblichen Gesichtspunkt, einen Ausgleich dafür zu schaffen, dass das Spektrum der für die Schädigung in Betracht kommenden Ursachen wegen der elementaren Bedeutung des Fehlers besonders verbreitert oder verschoben worden ist, eine besondere Bedeutung zu. Auch der grob fehlerhaft handelnde Tierarzt hat durch einen schwerwiegenden Verstoß gegen die anerkannten Regeln der tierärztlichen Kunst Aufklä­rungs­er­schwernisse in das Geschehen hineingetragen und dadurch die Beweisnot auf Seiten des Geschädigten vertieft.

Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online

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