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Dokument-Nr. 31084

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Urteil09.07.2021BundesgerichtshofV ZR 30/20
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • NJW-RR 2021, 1382Zeitschrift: NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht (NJW-RR), Jahrgang: 2021, Seite: 1382
  • WuM 2021, 607Zeitschrift: Wohnungswirtschaft und Mietrecht (WuM), Jahrgang: 2021, Seite: 607
Für Details Fundstelle bitte Anklicken!
Vorinstanzen:
  • Landgericht Hagen, Urteil18.07.2017, 4 O 314/14
  • Oberlandesgericht Hamm, Urteil17.01.2019, I-22 U 97/17
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil09.07.2021

BGH: Bei Vertrag zur Übertragung einer Immobilie mit Pflege­ver­ein­barung unter Geschwistern ist dauerhaftes, gegenseitiges Vertrauen Geschäfts­grundlageMögliche Rückübertragung des Eigentums bei heilloser Zerrüttung der Geschwister­beziehung

Schließen Geschwister einen Vertrag zur Übertragung der Immobilie mit Pflege­ver­ein­barung ab, so ist das dauerhafte, gegenseitige Vertrauen im Zweifel Geschäfts­grundlage des Vertrags. Ist die Geschwister­beziehung heillos zerrüttet, führt dies zum Wegfall der Geschäfts­grundlage, was wiederum die Rückübertragung des Eigentums nach sich ziehen kann. Dies hat der Bundes­ge­richtshof entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Nachdem der Eigentümer eines mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks in Nordrhein-Westfalen im Jahr 2013 einen schweren Herzinfarkt erlitten hatte, übertrug er die Immobilie auf seine Schwester. Als Gegenleistung erhielt er ein Wohnrecht an bestimmten Räumen im Wohnhaus. Zudem sollte die Schwester ihn lebenslang pflegen und betreuen. Nachfolgend kam es zu Streitigkeiten zwischen den Geschwistern, die im Jahr 2014 dazu führten, dass der ehemalige Grund­s­tücks­ei­gentümer es für unzumutbar hielt, weiterhin von seiner Schwester gepflegt zu werden. Er klagte daher auf Rückübertragung der Immobilie. Sowohl das Landgericht Hagen als auch das Oberlan­des­gericht Hamm wiesen die Klage ab. Dagegen richtete sich die Revision des Klägers.

Mögliche Rückübertragung wegen Wegfalls der Geschäfts­grundlage

Der Bundes­ge­richtshof führte zum Fall aus, dass bei einem Übertra­gungs­vertrag mit Pflegevereinbarung unter Geschwistern die dauerhafte, von gegenseitigem Vertrauen der Parteien getragene Beziehung im Zweifel Geschäfts­grundlage des Vertrags sei. Ist das Verhältnis zwischen den Geschwistern heillos zerrüttet, führe dies zum Wegfall der Geschäfts­grundlage, es sei denn, es wurde vertraglich etwas anderes geregelt. Ist die Geschäfts­grundlage weggefallen, könne der Übertragende die Rechte aus § 313 BGB geltend machen.

Vor Rückübertragung ist Möglichkeit der Vertrags­an­passung zu prüfen

Nach Ansicht des Bundes­ge­richtshofs sei vor einer Rückübertragung der Immobilie zu prüfen, ob die Sachlage nicht durch eine Vertragsanpassung geklärt werden könne. Dies könne zum Beispiel durch eine Geldzahlung der Beklagten in Betracht kommen, entweder in Form einer Rentenzahlung oder eines Kapitalbetrags, was die Zahlung eines nachträglichen Kaufpreises bedeuten würde. Erst wenn eine Vertrags­an­passung in Form einer Geldzahlung nicht möglich oder zumutbar ist, bestehe ein Anspruch auf Rückübertragung der Immobilie.

Kein Anspruch auf Vertrags­an­passung oder Rückübertragung bei alleinigem Verschulden der Zerrüttung

Ein Anspruch auf Vertrags­an­passung oder Rückübertragung der Immobilie bestehe nicht, so der Bundes­ge­richtshof, wenn der Kläger die Zerrüttung des Vertrau­ens­ver­hält­nisses allein zu verschulden hat. Es sei daher unerheblich, welche Partei welchen Anteil an dem Zerwürfnis trage. Es genüge somit nicht, dass der Kläger überhaupt zu dem Zerwürfnis beigetragen hat oder er in stärkerem Maße dafür verantwortlich ist. Denn typischerweise tragen beide Vertrags­parteien mit ihrem Verhalten zu der Zerrüttung bei. Zudem könne ein eindeutiger Schwerpunkt der Verursachung auch durch eine Beweisaufnahme regelmäßig nicht bestimmt werden.

Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)

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