31.10.2024
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Sie sehen einen Vertrag, der gerade unterzeichnet wird und davor die ilhouetten von zwei Personen.

Dokument-Nr. 17993

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Urteil04.04.2014BundesgerichtshofV ZR 275/12
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • NJW 2015, 468Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2015, Seite: 468
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Vorinstanzen:
  • Landgericht Berlin, Urteil15.03.2011, 5 O 464/09
  • Kammergericht Berlin, Urteil22.10.2012, 20 U 92/11
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil04.04.2014

Schadens­ersatz­pflicht des Grund­stücks­verkäufers bei unver­hält­nismäßig hohen Mängel­beseitigungs­kosten begrenztAnnahme der Unver­hält­nis­mä­ßigkeit der Mängel­be­sei­tigung setzt umfassende Würdigung aller Umstände des Einzelfalls voraus

Der Bundes­ge­richtshof hat entschieden, dass bei unver­hält­nismäßig hohen Mängel­beseitigungs­kosten der Schadens­ersatz­anspruch des Käufers eines Grundstücks gegen den Verkäufer auf den Ersatz des mangelbedingten Minderwerts des Grundstücks beschränkt ist.

In dem zugrunde liegenden Verfahren kaufte die Klägerin von den beiden Beklagten ein mit einem Mietshaus bebautes Grundstück zu einem Kaufpreis von 260.000 Euro. Nach dessen Übergabe stellte die Klägerin fest, dass das Gebäude mit echtem Hausschwamm befallen war. Das Landgericht erließ ein Grundurteil, wonach die Beklagten dem Grunde nach zum Schadensersatz verpflichtet sind. Im anschließenden Betrags­ver­fahren wurden die Beklagten zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 89.129,86 Euro sowie von 45.000 Euro als Ausgleich des nach der Schwammsa­nierung verbleibenden merkantilen Minderwerts verurteilt. Ferner wurde festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind, auch den weitergehenden durch den Hausschwamm hervorgerufenen Schaden zu ersetzen. Die Urteile sind rechtskräftig.

Kammergericht: Ersatzpflicht der Beklagten nicht begrenzt

Nach der Durchführung weiterer Sanie­rungs­maß­nahmen verlangt die Klägerin von den Beklagten nunmehr den Ersatz eines weitergehenden Teilschadens in Höhe von 499.728,86 Euro sowie außer­ge­richtliche Anwaltskosten in Höhe von 5.371,66 Euro. Ihre Klage ist in den Vorinstanzen erfolgreich gewesen. Nach Ansicht des Kammergerichts ist die Ersatzpflicht der Beklagten nicht begrenzt. Bei der Prüfung, ob die Mängel­be­sei­ti­gungs­kosten unverhältnismäßig sind, sei nicht von dem Kaufpreis, sondern von dem Verkehrswert des mangelfreien Grundstücks auszugehen. Dieser liege bei (mindestens) 600.000 €, während die Zahlungen, zu denen die Beklagten bislang verurteilt worden sind, sich auf insgesamt 639.230,38 Euro beliefen und sie damit nur ca. 6 % über dem Verkehrswert lägen.

Bei Unver­hält­nis­mä­ßigkeit der Mängel­be­sei­ti­gungs­kosten ist Schaden­s­er­satz­an­spruch beschränkt

Der Bundes­ge­richtshof hat auf die Revision der Beklagten das Urteil des Kammergerichts aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Grundsätzlich kann der Käufer von dem Verkäufer Ersatz der zur Beseitigung eines Mangels erforderlichen Kosten verlangen. Sind die zur Mängel­be­sei­tigung erforderlichen Kosten jedoch unver­hält­nismäßig, ist zum Schutz des Verkäufers der Schaden­s­er­satz­an­spruch auf den mangelbedingten Minderwert der Kaufsache beschränkt. Die Annahme der Unver­hält­nis­mä­ßigkeit der Mängel­be­sei­tigung bzw. der dafür erforderlichen Kosten setzt eine umfassende Würdigung aller Umstände des Einzelfalls voraus. Bei Grund­s­tücks­kauf­ver­trägen kann als erster Anhaltspunkt davon ausgegangen werden, dass Mängel­be­sei­ti­gungs­kosten unver­hält­nismäßig sind, wenn sie entweder den Verkehrswert des Grundstücks in mangelfreiem Zustand oder 200 % des mangelbedingten Minderwerts übersteigen.

Bei Beurteilung der Unver­hält­nis­mä­ßigkeit der Mängel­be­sei­ti­gungs­kosten ist auf Beginn der Mängel­be­sei­tigung durch den Käufer abzustellen

Ausgehend von den Feststellungen des Berufungs­ge­richts, wonach der Zeitwert des Gesamtobjekts im Zustand des Befalls mit echtem Hausschwamm 507.202 Euro beträgt und jener ohne Hausschwamm­befall bei (mindestens) 600.000 Euro liegt, kommt eine Unver­hält­nis­mä­ßigkeit der Mängel­be­sei­ti­gungs­kosten ernsthaft in Betracht. Die bisherigen Feststellungen des Berufungs­ge­richts sind allerdings nicht ausreichend. Für die weitere Sachbehandlung hat der Senat außerdem darauf verwiesen, dass bei der Beurteilung der Unver­hält­nis­mä­ßigkeit der Mängel­be­sei­ti­gungs­kosten auf den Beginn der Mängel­be­sei­tigung durch den Käufer abzustellen ist. Stellt sich erst im Nachhinein heraus, dass die Kosten höher als erwartet sind, steht dies einer Ersatzpflicht nur entgegen, wenn ein wirtschaftlich denkender Käufer die Arbeiten auch unter Berück­sich­tigung der bereits angefallenen Kosten nicht fortführen würde oder fortgeführt hätte. Das Prognoserisiko trägt der Verkäufer. Das Berufungsurteil war daher aufzuheben und die Sache - auch zur Behebung weiterer Rechtsfehler bei der Feststellung der grundsätzlich erstat­tungs­fähigen Mängel­be­sei­ti­gungs­kosten - zur erneuten Verhandlung an das Berufungs­gericht zurück­zu­ver­weisen.

Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online

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