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13.04.2025 
Sie sehen eine Baustelle für ein Einfamilienhaus.

Dokument-Nr. 34903

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Urteil14.03.2025BundesgerichtshofV ZR 153/23
Vorinstanzen:
  • Landgericht Potsdam, Urteil05.06.2020, 1 O 330/14
  • Oberlandesgericht Brandenburg, Urteil29.06.2023, 5 U 81/20
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Bundesgerichtshof Urteil14.03.2025

Familie muss aufgrund eines Behördenfehlers ersteigertes Grundstück und das später darauf selbst gebaute Haus räumen und das Grundstück herausgebenHaus muss nicht abgerissen werden - Familie kann Ersatz derjenigen Aufwendungen verlangen, die sie in das Grundstück investiert hat und die dessen Wert heute noch erhöhen

Der unter anderem für Ansprüche aus Besitz und Eigentum an Grundstücken zuständige V. Zivilsenat des Bundes­ge­richtshofs hat sich mit den wechselseitigen Ansprüchen von Grund­s­tücks­ei­gentümer und gutgläubigem Ersteher nach rechtskräftiger Aufhebung des Zuschlags im Zwangs­ver­stei­ge­rungs­ver­fahren befasst. Im Streit ging es um ein Grundstück in Rangsdorf, das ein Mann in Wege der Zwangs­ver­stei­gerung erworben hatte. Später hat er mit seiner Frau ein Haus auf dem Grundstück gebaut und wohnt dort nun mit seiner Familie.

Der Kläger war seit 1993 als Eigentümer eines Grundstücks in Rangsdorf (Brandenburg) im Grundbuch eingetragen. Ab dem Jahr 2008 wurde die Zwangsversteigerung in das Grundstück betrieben.

Ehefrau ersteigerte das Grundstück bei einer Zwangs­ver­steigung - später rissen die Beklagten das darauf stehende Wochenendhaus ab und bauten ein neues Familienhaus

Im Jahr 2010 erhielt die Beklagte zu 1 den Zuschlag für das Grundstück und wurde als Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen. Zusammen mit dem Beklagten zu 2, ihrem Ehemann, ließ sie ein auf dem Grundstück befindliches Wochenendhaus abreißen und ein neues Wohnhaus errichten, das die Beklagten seit 2012 bewohnen. Zur Sicherung der für den Hausbau aufgenommenen Kredite wurde das Grundstück mit einer Grundschuld über 280.000 € nebst Zinsen belastet. Der Zuschlags­be­schluss wurde 2014 auf Betreiben des Klägers, der erst nach dem Zuschlag Kenntnis von der Zwangs­ver­stei­gerung erlangt hatte, rechtskräftig aufgehoben.

Bisheriger Prozessverlauf

Mit der Klage nimmt der Kläger die Beklagte zu 1 auf Grund­buch­be­rich­tigung und beide Beklagten auf Räumung und Herausgabe des Grundstücks, Beseitigung des Hauses, Zahlung von Nutzungsersatz und Löschung der Grundschuld in Anspruch. Die Beklagten beantragen die Abweisung der Klage und machen hilfsweise ein Zurückbehaltungsrecht wegen der von ihnen getätigten Aufwendungen für den Hausbau geltend, die sie auf mindestens 500.000 € beziffern. Nachdem die Klage vor dem Landgericht nur teilweise Erfolg hatte, hat das Oberlan­des­gericht ihr auf die Berufung des Klägers weitgehend stattgegeben. Es hat die Beklagte zu 1 zur Grund­buch­be­rich­tigung und beide Beklagten zur Räumung und Herausgabe des Grundstücks, Beseitigung des Wohnhauses, Zahlung einer Nutzungs­ent­schä­digung von 6.041,67 € und zur Löschung der Grundschuld verurteilt. Mit der von dem Bundes­ge­richtshof zugelassenen Revision haben die Beklagten ihren Klage­ab­wei­sungs­antrag weiterverfolgt.

BGH weist die Sache zur erneuten Entscheidung an das Oberlan­des­gericht zurück

Der Bundes­ge­richtshof hat der Revision der Beklagten stattgegeben und die Sache insgesamt zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Oberlan­des­gericht zurückverwiesen. Dem liegen folgende Erwägungen zu Grunde:

BGH: Kläger hat einen Anspruch auf Berichtigung des Grundbuchs, Räumung des Hauses und Herausgebe des Grundstücks

Im Ausgangspunkt trifft die Annahme des Oberlan­des­ge­richts zu, dass dem Kläger ein Anspruch auf Berichtigung des Grundbuchs (§ 894 BGB) sowie auf Räumung (§ 1004 Abs. 1 BGB) und Herausgabe des Grundstücks (§ 985 BGB) zusteht. Er hat sein Eigentum durch den im Zwangs­ver­stei­ge­rungs­ver­fahren erteilten Zuschlag nicht verloren. Zwar führt der Zuschlag gemäß § 90 Abs. 1 ZVG zu einem originären Eigentumserwerb des Erstehers, hier der Beklagten zu 1. Wird der Zuschlags­be­schluss aber im Beschwerdewege rechtskräftig aufgehoben, verliert der Ersteher das Eigentum rückwirkend zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Zuschlags­be­schlusses wieder an den Schuldner, hier den Kläger; dessen Eigentum lebt wieder auf. Da ein Beschluss, mit dem ein Zuschlag aufgehoben wird, ebenso wie ein Urteil der materiellen Rechtskraft fähig ist, kommt es auf dessen Rechtmäßigkeit nicht an. Entsprechende Einwendungen können nur im Zusammenhang mit insoweit eröffneten Rechtsmitteln bzw. Rechtsbehelfen gegen den Aufhe­bungs­be­schluss geltend gemacht werden, nicht jedoch in einem späteren Verfahren, in dem - wie hier - die rechtskräftige Entscheidung Vorfrage ist.

Beanstandet hat der Bundes­ge­richtshof aber, dass ein Zurück­be­hal­tungsrecht der Beklagten wegen der behaupteten Verwendungen für den Hausbau verneint worden ist; ein solches Zurück­be­hal­tungsrecht hat zur Folge, dass die Grund­buch­be­rich­tigung sowie die Räumung und Herausgabe des Grundstücks nur Zug um Zug gegen Zahlung von Verwen­dungs­ersatz erfolgen müssen. Als rechts­feh­lerhaft hat der Bundes­ge­richtshof auch die Verurteilung der Beklagten zum Abriss des Hauses und zur Löschung der Grundschuld angesehen.

BGH: Die Beklagten - also die Hausbauer - haben ein Zurück­be­hal­tungsrecht an ihrem Haus

Den Beklagten kann, anders als das Oberlan­des­gericht gemeint hat, ein Zurück­be­hal­tungsrecht wegen eines Verwen­dungs­er­satz­an­spruchs aus § 996 BGB zustehen. Nach dieser Vorschrift kann der Besitzer für andere als notwendige Verwendungen Ersatz nur insoweit verlangen, als sie vor dem Eintritt der Rechts­hän­gigkeit und vor dem Beginn der in § 990 BGB bestimmten Haftung gemacht werden und der Wert der Sache durch sie noch zu der Zeit erhöht ist, zu welcher der Eigentümer die Sache wiedererlangt.

BGH gibt seine eigene bisherige Rechtsprechung zum engen Verwen­dungs­begriff auf - neu: weiter Verwen­dungs­begriff

Nach der bisherigen und in der Rechtsliteratur seit vielen Jahren kritisierten Rechtsprechung des Bundes­ge­richtshofs waren Verwendungen nur solche Vermö­gens­auf­wen­dungen, die der Sache zugutekommen sollen, ohne sie grundlegend zu verändern (sog. enger Verwen­dungs­begriff); eine nicht ersatzfähige grundlegende Veränderung sollte bei der Errichtung eines Gebäudes auf einem fremden Grundstück vorliegen, sofern das Grundstück fortan für einen anderen Zweck genutzt wurde. Diese Rechtsprechung hat der Bundes­ge­richtshof nun geändert, weil aus heutiger Sicht deutlich überwiegende Gründe für einen sog. weiten Verwen­dungs­begriff sprechen. Seiner Entscheidung zufolge stellen Vermö­gens­auf­wen­dungen des Besitzers, die der Sache zugutekommen, auch dann Verwendungen dar, wenn sie die Sache grundlegend verändern. Für die Recht­spre­chung­s­än­derung zugunsten eines weiten Verwen­dungs­be­griffs spricht insbesondere der mit den §§ 994 ff. BGB verfolgte Zweck, einen gerechten Ausgleich der wider­strei­tenden Interessen von Eigentümer und gutgläubigem Besitzer herbeizuführen. Der Eigentümer wird nicht in seinem Vermögen beeinträchtigt, sondern nur in seiner Dispo­si­ti­o­ns­be­fugnis, weil die Ersatzpflicht im Falle des § 996 BGB nur bei einer Verkehrs­wert­er­höhung eintritt. Zudem ist sie auf die tatsächlich aufgewendeten Kosten des Besitzers beschränkt. Demgegenüber verbliebe dem gutgläubigen und unverklagten Besitzer nach dem engen Verwen­dungs­begriff nur das wegen der Höhe der Abrisskosten regelmäßig wirtschaftlich wertlose Wegnahmerecht aus § 997 BGB, was eine unangemessene Härte zur Folge hätte. Unabhängig davon führt der enge Verwen­dungs­begriff zu erheblichen Abgren­zungs­schwie­rig­keiten und damit zu Rechts­un­si­cherheit. Denn es fehlen geeignete Kriterien dafür, wann noch eine erhaltende oder verbessernde und wann bereits eine grundlegend verändernde Aufwendung vorliegt. Zudem überzeugt es nicht, die umfassende Sanierung eines bestehenden Hauses (Verwendung) anders zu behandeln als den Abriss und Neubau (keine Verwendung).

Für die Nützlichkeit einer Verwendung ist allein die objektive Verkehrs­wert­er­höhung der Sache maßgeblich

Geklärt hat der Bundes­ge­richtshof weiter, dass die Nützlichkeit der Verwendung im Sinne von § 996 BGB nicht deshalb verneint werden kann, weil der Kläger als der Eigentümer kein Interesse an dem Haus hat. Für die Nützlichkeit einer Verwendung ist, wie sich aus Wortlaut und Systematik des Gesetzes ergibt, allein die objektive Verkehrs­wert­er­höhung der Sache maßgeblich. Auf den subjektiven Wert für den Eigentümer kommt es nicht an.

Kläger kann nicht den Abriss des Hauses verlangen

Der Kläger kann von den Beklagten auch nicht den Abriss des Wohnhauses verlangen. Ein Anspruch des Eigentümers aus § 1004 Abs. 1 BGB auf Beseitigung des Resultats der Verwendungen gegen einen redlichen Besitzer wie die Beklagten ist nämlich ausgeschlossen. Das Verhältnis von Beseitigungs- und Verwen­dungs­er­satz­an­spruch ist zwar gesetzlich nicht ausdrücklich geregelt. § 993 Abs. 1 Halbs. 2 BGB lässt sich aber im Zusammenspiel mit § 989 BGB entnehmen, dass der gutgläubige und nicht verklagte Besitzer als besonders schutzwürdig angesehen wird, weil er nicht zur Leistung von Schadensersatz verpflichtet und ein Rückgriff auf die allgemeinen Vorschriften ausgeschlossen ist. Diese Wertung muss hier beachtet werden; auch wenn § 1004 Abs. 1 BGB kein Schaden­s­er­satz­an­spruch ist, ist er im wirtschaft­lichen Ergebnis hiermit vergleichbar. Im Übrigen wäre es ein Wertungs­wi­der­spruch, wenn der redliche und unverklagte Besitzer zwar keinen Ersatz für den Abriss eines auf dem Grundstück befindlichen Gebäudes (hier: Wochenendhaus) leisten müsste, aber ein von ihm selbst errichtetes Gebäude auf eigene Kosten abreißen müsste.

Auf Rechtsfehlern beruht auch die Verurteilung beider Beklagten zur Löschung der Grundschuld. Zwar hat die Beklagte zu 1 als Nicht­be­rechtigte dem Kläger gegenüber wirksam über das Grundstück verfügt, da die Bank der Beklagten die Grundschuld gutgläubig erworben hat. Ein hierauf gestützter Berei­che­rungs­an­spruch nach § 816 Abs. 1 Satz 1 BGB scheidet aber aus, weil die Beklagte zu 1 "durch die Verfügung" im Sinne dieser Vorschrift nicht die Grundschuld erlangt hat, sondern nur die Sicherung ihres Darlehens. Ein Anspruch auf Schadensersatz aus §§ 989 f. BGB scheidet bereits deswegen aus, weil die Beklagten zum Zeitpunkt der Bestellung und Eintragung der Grundschuld im Jahr 2011 noch gutgläubig und unverklagt waren.

BGH hat das OLG-Urteil insgesamt aufgehoben

Der Bundes­ge­richtshof hat das Urteil insgesamt aufgehoben, so dass nun das Oberlan­des­gericht weitere Feststellungen u.a. zu den Verwendungen der Beklagten treffen muss. Zwar ist es nicht zu beanstanden, dass das Oberlan­des­gericht die Beklagten zur Leistung von Nutzungsersatz verurteilt hat, so dass diese Verurteilung der Beklagten an sich bestehen bleiben könnte; umgekehrt sind die Beklagten zu Unrecht zur Beseitigung des Wohnhauses und zur Löschung der Grundschuld verurteilt worden, so dass diese Anträge an sich abgewiesen werden könnten. Eine abschließende Entscheidung durch den Bundes­ge­richtshof muss aber auch im Hinblick auf diese Teile des Rechtsstreits unterbleiben, um eine insgesamt wider­spruchsfreie Endentscheidung zu gewährleisten.

Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (pm/pt)

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