21.11.2024
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Dokument-Nr. 6521

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Bundesgerichtshof Beschluss14.08.2008

Erlaub­nis­vor­behalt für Lottovertrieb unbedenklichBGH stärkt Lotto-Gesellschaften

Der Deutsche Lotto- und Totoblock (DLTB) darf die von den Bundesländern kontrollierten Lotto­ge­sell­schaften nicht dazu auffordern, Spielaufträge gewerblicher Spielvermittler abzulehnen, die in stationären Annahmestellen, etwa in Tankstellen oder Supermärkten (sog. terrestrischer Vertrieb), entge­gen­ge­nommen wurden. Die Lotto­ge­sell­schaften sind aber berechtigt, die Zusammenarbeit mit Spiel­ver­mittlern abzulehnen, wenn sie nicht über die nach Landesrecht erforderliche Erlaubnis verfügen. Von einer Ausdehnung ihrer Tätigkeit auf andere Bundesländer können die Lotto­ge­sell­schaften zwar aufgrund eigener Entscheidung absehen, sie dürfen darüber aber untereinander keine Vereinbarung treffen. Dies hat der Kartellsenat des Bundes­ge­richtshofs entschieden. Er hat damit einer Rechts­be­schwerde des DLTB und der Lotto­ge­sell­schaften teilweise stattgegeben.

Die Veranstaltung von Lotterien ist in Deutschland grundsätzlich den von den Bundesländern kontrollierten Lotto­ge­sell­schaften vorbehalten, die sich im DLTB zusam­men­ge­schlossen haben. Sie haben ihre Zusammenarbeit im sog. Blockvertrag geregelt. Nach dessen § 2 dürfen die Lotto­ge­sell­schaften Lotterien nur innerhalb ihres jeweiligen Landesgebiets veranstalten (Regio­na­li­täts­prinzip). § 4 des sog. Regio­na­li­sie­rungs­staats­vertrags sieht vor, dass die Lotto­ge­sell­schaften die über gewerbliche Spielvermittler erzielten Lotte­rie­ein­nahmen unter sich entsprechend den jeweils sonst von ihnen erzielten Spieleinsätzen aufteilen.

DLTB wollte Supermärkte und Tankstellen als Annahmestellen ausschließen

Nachdem gewerbliche Spielvermittler dazu übergegangen waren, Spieleinsätze auch über Annahmestellen in Filialen großer Handels­un­ter­nehmen und Tankstellen entge­gen­zu­nehmen, forderte der Rechtsausschuss des DLTB die Lotto­ge­sell­schaften auf, solche Umsätze zurückzuweisen.

Bundes­kar­tellamt untersagte dem DLTB die Einschränkungen hinsichtlich der Annahmestellen

Das Bundes­kar­tellamt hat dem DLTB und den Lotto­ge­sell­schaften untersagt, eine solche Aufforderung auszusprechen oder ihr nachzukommen. Ferner hat es den Lotto­ge­sell­schaften verboten, ihren Vertrieb in Beachtung des Regio­na­li­täts­prinzips sowie der Landesgesetze zum Glückss­pielwesen auf ihr jeweiliges Bundesland zu beschränken und aus diesem Grund ihren Inter­net­vertrieb nicht für Spielteilnehmer aus anderen Bundesländern zu öffnen. Beanstandet hat das Bundes­kar­tellamt auch die Mitwirkung der Lotto­ge­sell­schaften an der Verteilung der Einnahmen nach dem Regio­na­li­sie­rungs­staats­vertrag.

Rechts­be­schwerde des DLTB teilweise erfolgreich

Das Oberlan­des­gericht Düsseldorf hat die Beschwerde gegen die Verfügung des Bundes­kar­tellamts weit überwiegend zurückgewiesen. Die dagegen gerichtete Rechts­be­schwerde des DLTB und der Lotto­ge­sell­schaften hatte beim Kartellsenat des Bundes­ge­richtshofs teilweise Erfolg.

BGH: Zusammenarbeit mit gewerblichen Spiel­ver­mittlern darf nicht aus sachfremden Gründen eingeschränkt werden, sondern nur, um die ordnungs­recht­lichen Ziele der Glückss­pie­laufsicht durchzusetzen

Der Kartellsenat hat zunächst bestätigt, dass der Rechtsausschuss des DLTB mit seiner gegen den terrestrischen Vertrieb gewerblicher Spielvermittler gerichteten Aufforderung in unzulässiger Weise den Wettbewerb zwischen den Lotto­ge­sell­schaften beschränkt hat. Insofern ist unerheblich, ob dieser Beschluss für die Lotto­ge­sell­schaften rechtlich oder faktisch verbindlich war. Außerdem hat der Bundes­ge­richtshof angenommen, dass die Aufforderung des Rechts­aus­schusses zu einer von Art. 81 EG und § 1 GWB verbotenen, abgestimmten Verhaltensweise der Lotto­ge­sell­schaften zum Nachteil der Spielvermittler geführt hat. Dies berührt nicht die Möglichkeit der Lotto­ge­sell­schaften, die Zusammenarbeit mit gewerblichen Spiel­ver­mittlern aufgrund eigener Entscheidung aus sachlichen Gründen zu verweigern. Sie sind auch berechtigt, eine Zusammenarbeit abzulehnen, wenn Spielvermittler nicht über die nach Landesrecht erforderliche Erlaubnis verfügen. Diese Erlaubnis, wie sie nach dem Glückss­piel­staats­vertrag (GlüStV) und den zu seiner Ausführung ergangenen Landesgesetzen seit 1. Januar 2008 vorgeschrieben ist, darf nicht aus sachfremden Gründen – etwa zur Einschränkung des Wettbewerbs oder zur Erhöhung der Einnahmen des Landes – versagt werden, sondern nur, um die ordnungs­recht­lichen Ziele der Glückss­pie­laufsicht – wie Jugendschutz und Bekämpfung der Spielsucht – durchzusetzen.

BGH: Regio­na­li­täts­prinzip verstößt gegen Europäisches Gemein­schaftsrecht

Der Kartellsenat hat seine schon im Eilverfahren (vgl. Bundes­ge­richtshof erlaubt staatlichen Lotto­ge­sell­schaften mehr Wettbewerb) vorläufig geäußerte Auffassung bestätigt, dass das Regio­na­li­täts­prinzip des Blockvertrags gegen Art. 81 Abs. 1 EG verstößt. Die Lotto­ge­sell­schaften haben autonom zu entscheiden, ob sie ihren Vertrieb auf andere Bundesländer ausdehnen und gegebenenfalls dafür erforderliche Genehmigungen einholen wollen. Das gilt derzeit insbesondere auch für den Inter­net­vertrieb. Dieser wird allerdings nach Ablauf der Übergangsfrist ab 1. Januar 2009 gemäß § 4 Abs. 4 GlüStV allgemein verboten sein. Die Europäische Kommission hat gegen dieses Verbot zwar gemein­schafts­rechtliche Bedenken erhoben. Bis zu einer anderslautenden Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften haben die Lotto­ge­sell­schaften aber von der Wirksamkeit des § 4 Abs. 4 GlüStV auszugehen.

Wie der Bundes­ge­richtshof weiter erkannt hat, konnte den Lotto­ge­sell­schaften vom Bundes­kar­tellamt untersagt werden, an der im sog. Regio­na­li­sie­rungs­staats­vertrag vorgesehenen Umverteilung der Einnahmen aus Spiel­ver­mittlung mitzuwirken. Diese Umverteilung beseitigt weitgehend den Anreiz für einen Wettbewerb der Lotto­ge­sell­schaften um Spiel­in­ter­es­senten.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 155/08 des BGH vom 14.08.2008

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