15.11.2024
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Dokument-Nr. 5698

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Beschluss04.03.2008BundesgerichtshofKVR 21/07
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • BGHZ 176, 1Sammlung: Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen (BGHZ), Band: 176, Seite: 1
  • JuS 2009, 89 (Volker Emmerich)Zeitschrift: Juristische Schulung (JuS), Jahrgang: 2009, Seite: 89, Entscheidungsbesprechung von Volker Emmerich
  • NJW-RR 2008, 996Zeitschrift: NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht (NJW-RR), Jahrgang: 2008, Seite: 996
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Vorinstanz:
  • Oberlandesgericht Düsseldorf, Beschluss14.03.2007, VI Kart 5/06 (V)
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Beschluss04.03.2008

BGH bestätigt Vorwurf des Markt­macht­missbrauchs gegenüber Hersteller von Besprudelungs­gerätenWettbewerber werden kartell­rechts­widrig behindert

Der Kartellsenat des Bundes­ge­richtshofs hat den Missbrauchs­vorwurf im Wesentlichen bestätigt, den das Bundes­kar­tellamt gegen den Anbieter von Soda-Club-Besprudelungs­geräten erhoben hatte.

Die Unter­neh­mens­gruppe Soda-Club produziert und vertreibt Bespru­de­lungs­geräte. Mit diesen Geräten kann der Endverbraucher Sprudelwasser selbst herstellen, indem er Leitungswasser mit Kohlensäure versetzt. Soda-Club unterhält ein bundesweites Vertrie­bs­händ­lernetz mit Annahmestellen, bei denen der Kunde leere Kohlen­säu­re­zy­linder gegen gefüllte umtauschen kann. Die Aluminium-Zylinder überlässt Soda-Club nur mietweise. Eine Befüllung durch Dritt­un­ter­nehmen verfolgt Soda-Club gegenüber dem betreffenden Endverbraucher, Händler und Abfüll­un­ter­nehmen als Eigen­tums­ver­letzung.

Bundes­kar­tellamt wirft Soda-Club Markt­macht­miss­brauch vor

Das Bundes­kar­tellamt hatte in dem Verhalten von Soda-Club den Missbrauch einer beherrschenden Stellung auf dem Markt der Befüllung von Kohlen­säu­re­zy­lindern gesehen. Dementsprechend hatte es Soda-Club untersagt, Dritt­un­ter­nehmen an der Entgegennahme, Befüllung oder Weitergabe ihrer "Mietzylinder" zu hindern. Das Oberlan­des­gericht Düsseldorf hat die Beschwerde von Soda-Club im Wesentlichen zurückgewiesen.

Dagegen hat sich Soda-Club mit der Rechts­be­schwerde gewandt. Soda-Club hat gegen ihre Normadres­sa­te­n­ei­gen­schaft nach Art. 82 EG, § 19 Abs. 1 GWB vorgebracht, dass nicht allein auf die Markt­ver­hältnisse auf dem Befüllmarkt abzustellen sei, sondern auch trinkfertiges Mineralwasser zum sachlich relevanten Markt gehöre. Der Bundes­ge­richtshof ist dieser Argumentation nicht gefolgt. Er ist wie das Oberlan­des­gericht davon ausgegangen, dass Soda-Club über eine beherrschende Stellung auf dem Markt für die Befüllung von Kohlen­säu­re­zy­lindern zur Verwendung in Bespru­de­lungs­geräten verfüge.

BGH: Trinkfertiges Mineralwasser und Eigen­her­stellung von Mineralwasser sind zwei unter­schiedliche Systeme

Der Bundes­ge­richtshof hat in dem Kauf von trinkfertigem Mineralwasser und in der Eigen­her­stellung von Mineralwasser zwei unter­schiedliche Systeme zur Deckung desselben Bedarfs gesehen. Der Kohlen­säu­re­zy­linder sei ein Betriebsmittel für das System der Eigen­her­stellung. Werde durch die Wahl eines auf längerfristige Benutzung angelegten Systems ein spezifischer Bedarf nach einem Betriebsmittel geweckt, komme es darauf an, welche Alternativen sich für den Nachfrager, der sich bereits für ein System entschieden habe, bei der Wahl des Betriebsmittels stellten. In den Haushalten, die über ein Bespru­de­lungsgerät verfügten, bestehe ein spezifischer Bedarf an der in Rede stehenden Befüll­dienst­leistung.

Der Bundes­ge­richtshof hat in dem Verhalten von Soda-Club in Übereinstimmung mit dem Bundes­kar­tellamt und dem Oberlan­des­gericht Düsseldorf eine kartell­rechts­widrige Behinderung der Wettbewerber gesehen. Das beanstandete System führe dazu, dass der Markt mit Kohlen­säu­re­zy­lindern von Soda-Club im Laufe der Zeit verstopft werde. Auf der einen Seite würden die Wettbewerber davon abgehalten, Soda-Club-Zylinder gegen eigene Zylinder zu tauschen; auf der anderen Seite tauschten aber die Vertrie­bs­händler von Soda-Club auch die Kohlen­säu­re­zy­linder der Konkurrenz gegen eigene Zylinder. Die Eigen­tums­ga­rantie stehe dem kartell­recht­lichen Verbot des Vorgehens gegen Fremd­be­fül­lungen nicht entgegen.

Soda-Club muss nun die Befüllung oder den Tausch der eigenen Zylinder durch Wettbewerber zulassen und auf diese Möglichkeit auf dem Etikett der eigenen Zylinder hinweisen.

Quelle: ra-online, BGH (pm)

der Leitsatz

EG Art. 82; GWB § 19 Abs. 1 und 4 Nr. 1

a) Wird durch die Wahl eines auf eine längerfristige Benutzung angelegten Systems ein spezifischer Bedarf nach einem Betriebsmittel geweckt, kommt es für die Abgrenzung des sachlich relevanten Marktes in erster Linie darauf an, welche Alternativen sich bei der Wahl des Betriebsmittels für den Nachfrager stellen, der sich bereits für das System entschieden hat. Ein anderes System stellt in der Regel keine Bezug­s­al­ter­native für das Betriebsmittel dar.

b) Bei dem zur sachlichen Marktabgrenzung angewandten Preis­her­auf­set­zungstest (SSNIP-Test), der die Markt­zu­ge­hö­rigkeit eines Alter­na­tiv­produkts davon abhängig macht, ob die Nachfrager bei einer geringen, aber nicht unerheblichen und nicht nur vorübergehenden Erhöhung des Preises für das Ausgangsprodukt (von 5 bis 10 %) zum Alter­na­tiv­produkt wechseln, handelt es sich um eine Modellerwägung, die für die Marktabgrenzung eine Hilfestellung liefern, die Marktabgrenzung aber nicht als ausschließ­liches Kriterium bestimmen kann. Der Test ist wenig aussagekräftig, wenn – wie häufig bei der Prüfung des Missbrauchs einer markt­be­herr­schenden Stellung – nicht gewährleistet ist, dass der Ausgangspreis unter Wettbe­wer­bs­be­din­gungen zustande gekommen ist.

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