21.11.2024
21.11.2024  
Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.

Dokument-Nr. 14678

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Urteil21.11.2012BundesgerichtshofIV ZR 97/11
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • NJW 2013, 936Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2013, Seite: 936
  • NZV 2013, 179Neue Zeitschrift für Verkehrsrecht (NZV), Jahrgang: 2013, Seite: 179
  • r+s 2013, 61Zeitschrift: recht und schaden (r+s), Jahrgang: 2013, Seite: 61
  • VersR 2013, 175Zeitschrift für Versicherungsrecht, Haftungs- und Schadensrecht (VersR), Jahrgang: 2013, Seite: 175
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Vorinstanzen:
  • Landgericht Bautzen, Urteil19.07.2010, 3 O 466/09
  • Oberlandesgericht Dresden, Urteil06.04.2011, 7 U 1310/10
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil21.11.2012

Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort stellt nicht immer eine Verletzung von Aufklärungs­obliegenheiten darAufklärungs­interesse des Versicherers auch dann erfüllt, wenn Unfall­ve­r­ur­sacher unmittelbar den Versicherer anstatt den Geschädigten informiert

Ein Verstoß gegen § 142 Abs. 2 StGB (nicht unverzügliche Ermöglichung nachträglicher Feststellungen nach zunächst erlaubtem Entfernen vom Unfallort) beinhaltet nicht in jedem Falle zugleich eine vorsätzliche Verletzung der Aufklärungs­obliegenheit gegenüber dem Fahrzeug­ver­si­cherer, die zu dessen Leistungs­freiheit führt. Dies entschied der Bundes­ge­richtshof.

In dem zugrunde liegenden Streitfall erlitt der Kläger mit seinem bei der Beklagten kasko­ver­si­cherten Fahrzeug gegen 1 Uhr morgens einen Unfall, als er – nach seiner Behauptung bei einem Ausweichmanöver wegen auf der Straße stehender Rehe – auf einer Landstraße in einer Rechtskurve nach links von der Fahrbahn abkam und mit dem Fahrzeugheck gegen einen Baum prallte, der ebenso wie sein Fahrzeug beschädigt wurde. Nach dem Unfall verständigte er den ADAC, der das Fahrzeug abschleppte, und ließ sich von einem herbeigerufenen Bekannten an der Unfallstelle abholen. Die Polizei und den Geschädigten (das zuständige Straßenbauamt) verständigte er nicht. Ein gegen ihn eingeleitetes Verfahren wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort wurde später eingestellt.

Kasko­ver­si­cherer lehnte Regulierung des Schadens ab

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Regulierung des Schadens an seinem Fahrzeug. Er behauptet, ihr den Schaden unverzüglich angezeigt zu haben. Die Beklagte lehnte die Regulierung wegen der Verletzung von Aufklä­rungs­ob­lie­gen­heiten (hier E.1.3. AKB 2008) durch unerlaubtes Entfernen vom Unfallort ab. Mit seiner Klage verlangt der Kläger den Ersatz des auf rund 27.000 Euro bezifferten Schadens.

OLG: Verletzung des Aufklä­rungs­ob­lie­genheit auch bei unerlaubtem Entfernen vom Unfallort

Die Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Das Berufungs­gericht hat die Auffassung vertreten, dass die Aufklärungsobliegenheit stets verletzt sei, wenn der Straftatbestand des unerlaubten Entfernens vom Unfallort verwirklicht werde. Das gelte auch in den Fällen des § 142 Abs. 2 StGB, gegen den der Kläger verstoßen habe.

Information an Versicherer oder dessen Agenten durch Versi­che­rungs­nehmer kann ausreichend sein

Der Bundes­ge­richtshof hat einen solchen Automatismus verneint. Er hat entschieden, dass dem Aufklä­rungs­in­teresse des Versicherers trotz eines Verstoßes gegen § 142 Abs. 2 StGB dann in ausreichender Weise genügt ist, wenn der Versi­che­rungs­nehmer zu dem Zeitpunkt, in dem eine nachträgliche Information des Geschädigten noch "unverzüglich" im Sinne von § 142 Abs. 2 StGB gewesen wäre und eine Strafbarkeit nach dieser Vorschrift vermieden hätte, zwar nicht den Geschädigten, aber unmittelbar seinen Versicherer oder dessen Agenten informiert hat. Dies hatte der Kläger behauptet. Der Bundes­ge­richtshof hat deshalb das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur Aufklärung an das Berufungs­gericht zurückverwiesen.

§ 142 StGB (Auszug)

Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort

(1) Ein Unfall­be­tei­ligter, der sich nach einem Unfall im Straßenverkehr vom Unfallort entfernt, bevor er

1. zugunsten der anderen Unfall­be­tei­ligten und der Geschädigten die Feststellung seiner Person, seines Fahrzeugs und der Art seiner Beteiligung durch seine Anwesenheit und durch die Angabe, dass er an dem Unfall beteiligt ist, ermöglicht hat oder

2. eine nach den Umständen angemessene Zeit gewartet hat, ohne dass jemand bereit war, die Feststellungen zu treffen,

wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Nach Absatz 1 wird auch ein Unfall­be­tei­ligter bestraft, der sich

1. nach Ablauf der Wartefrist (Absatz 1 Nr. 2) oder

2. berechtigt oder entschuldigt

vom Unfallort entfernt hat und die Feststellungen nicht unverzüglich nachträglich ermöglicht.

(3) Der Verpflichtung, die Feststellungen nachträglich zu ermöglichen, genügt der Unfall­be­teiligte, wenn er den Berechtigten (Absatz 1 Nr. 1) oder einer nahe gelegenen Polizei­dienst­stelle mitteilt, dass er an dem Unfall beteiligt gewesen ist, und wenn er seine Anschrift, seinen Aufenthalt sowie das Kennzeichen und den Standort seines Fahrzeugs angibt und dieses zu unverzüglichen Feststellungen für eine ihm zumutbare Zeit zur Verfügung hält. Dies gilt nicht, wenn er durch sein Verhalten die Feststellungen absichtlich vereitelt.

[...]

E.1.3 AKB 2008

Sie sind verpflichtet, alles zu tun, was der Aufklärung des Schadene­r­eig­nisses dienen kann. Dies bedeutet insbesondere, dass Sie unsere Fragen zu den Umständen des Schadene­r­eig­nisses wahrheitsgemäß und vollständig beantworten müssen und den Unfallort nicht verlassen dürfen, ohne die erforderlichen Feststellungen zu ermöglichen.

[...]

E.6.1 AKB 2008

Verletzen Sie vorsätzlich eine Ihrer in E.1 bis E.5 geregelten Pflichten, haben Sie keinen Versi­che­rungs­schutz. [...]

Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online

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