18.01.2025
Urteile, erschienen im Dezember 2024
  Mo Di Mi Do Fr Sa So
48       1
49 2345678
50 9101112131415
51 16171819202122
52 23242526272829
1 3031     
Urteile, erschienen im Januar 2025
  Mo Di Mi Do Fr Sa So
1   12345
2 6789101112
3 13141516171819
4 20212223242526
5 2728293031  
Unser Newsletter wird demnächst umgestellt...

Als Nachfolger des erfolgreichen Portals kostenlose-urteile.de werden wir demnächst auch dessen Newsletter übernehmen und unter dem Namen urteile.news weiter betreiben.

Solange können Sie sich noch über kostenlose-urteile.de bei unserem Newsletter anmelden. Er enthält trotz des Namens kostenlose-urteile.de alle neuen Urteilsmeldungen von urteile.news und verweist auch dahin.

Wir bitten für die Unannehmlichkeiten um ihr Verständnis.

> Anmeldung und weitere Informationen
18.01.2025  
Sie sehen eine abgedunkelte Fassade von mehreren Hochhäusern, auf der ein Schutzschild leuchtet.

Dokument-Nr. 5154

Drucken
Urteil14.11.2007BundesgerichtshofIV ZR 74/06
Vorinstanzen:
  • Landgericht Karlsruhe, Urteil29.07.2005, 6 O 689/03
  • Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil09.03.2006, 12 U 210/05
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil14.11.2007

BGH billigt Umstellung der Zusatz­ver­sorgung des öffentlichen DienstesStart­gutschriften­regelung der neuen Satzung der VBLS für rentenferne Pflicht­ver­si­cherte jedoch unwirksam

Der Bundes­ge­richtshof hat entschieden, dass die Umstellung der Zusatz­ver­sorgung des öffentlichen Dienstes durch den Tarifvertrag Alters­ver­sorgung vom 1. März 2002 und die Neufassung der Satzung der Versor­gungs­anstalt des Bundes und der Länder vom 22. November 2002 mit höherrangigem Recht vereinbar ist. Die Start­gutschriften­regelung der neuen Satzung der Versor­gungs­anstalt des Bundes und der Länder (VBLS) für rentenferne Pflicht­ver­si­cherte erklärte der Bundes­ge­richtshof jedoch für unwirksam.

Die beklagte Versor­gungs­anstalt des Bundes und der Länder (VBL) hat die Aufgabe, den Angestellten und Arbeitern der an ihr beteiligten Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes im Wege privat­recht­licher Versicherung eine zusätzliche Alters-, Erwer­bs­min­derungs- und Hinter­blie­be­nen­ver­sorgung zu gewähren. Durch Neufassung ihrer Satzung vom 22. November 2002 (BAnz. Nr. 1 vom 3. Januar 2003) hat die Beklagte ihr Zusatz­ver­sor­gungs­system rückwirkend zum 31. Dezember 2001 umgestellt. Der Systemwechsel ist Folge einer Einigung der Tarif­ver­trags­parteien des öffentlichen Dienstes im Tarifvertrag Alters­ver­sorgung - ATV - vom 1. März 2002. Darin wurde rückwirkend zum 31. Dezember 2001 das bisherige, auf dem Versor­gung­s­ta­rif­vertrag (Versorgungs-TV) vom 4. November 1966 beruhende, endge­halts­be­zogene Gesamt­ver­sor­gungs­system aufgegeben und durch ein auf einem Punktemodell beruhendes Betrie­bs­ren­ten­system ersetzt. Die neue Satzung der Beklagten (VBLS) enthält Überg­angs­re­ge­lungen für die bis zur Syste­mum­stellung erworbenen Rente­n­an­wart­schaften. Diese werden wertmäßig festgestellt und als so genannte Start­gut­schriften auf die neuen Versor­gungs­konten der Versicherten übertragen. Dabei wird zwischen rentennahen und rentenfernen Versicherten differenziert.

Der Kläger, der am 1. Januar 2002 sein 55. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte und demgemäß zu den rentenfernen Versicherten gehört, wandte sich - wie zahlreiche weitere Versicherte in mehr als 200 allein beim Bundes­ge­richtshof inzwischen anhängigen Verfahren - gegen die Wirksamkeit der ihm erteilten Startgutschrift. Seiner Ansicht nach führten die Bestimmungen zur Berechnung der Höhe der Startgutschrift - die §§ 78, 79 Abs. 1 VBLS in Verbindung mit § 18 Abs. 2 des Betrie­bs­ren­ten­ge­setzes (BetrAVG) - ohne ausreichende Rechtfertigung zu einem Eingriff in seine bisherige, verfas­sungs­rechtlich geschützte Rente­n­an­wart­schaft. Gegenüber dem früheren Rechtszustand bewirke die Neuregelung bei ihm (wie auch bei einer Vielzahl anderer Versicherter) eine unver­hält­nis­mäßige und mithin verfas­sungs­widrige Schlech­ter­stellung. Die Beklagte stellte sich demgegenüber auf den Standpunkt, die Satzungs­re­gelung, der der Tarifvertrag vom 1. März 2002 zugrunde liegt, halte sich im Rahmen des den Tarif­ver­trags­parteien des öffentlichen Dienstes durch deren Tarifautonomie eröffneten Gestal­tungs­spielraums.

Landgericht und Oberlan­des­gericht haben der Klage teilweise stattgegeben. Das Oberlan­des­gericht hat festgestellt, dass die von der Beklagten gemäß ihrer neuen Satzung erteilte Startgutschrift den Wert der vom Kläger bis zum 31. Dezember 2001 erlangten Anwartschaft auf eine bei Eintritt des Versi­che­rungs­falles zu leistende Betriebsrente nicht verbindlich festlege, weil die bisher getroffene Überg­angs­re­gelung Grundrechte des Versicherten verletze. Dagegen richtet sich die Revision der Beklagten, die ihren Klagab­wei­sungs­antrag weiterverfolgte. Umgekehrt will der Kläger mit seiner Revision weitergehend eine höhere Startgutschrift verbindlich feststellen lassen.

Der Bundes­ge­richtshof hat in einer Grund­sat­z­ent­scheidung vom beide Revisionen zurückgewiesen, die Entscheidung des Oberlan­des­ge­richts also im Ergebnis bestätigt.

Er hält in Übereinstimmung mit den Vorinstanzen die Umstellung der Zusatz­ver­sorgung des öffentlichen Dienstes durch den Tarifvertrag Alters­ver­sorgung vom 1. März 2002 und die Neufassung der Satzung der Versor­gungs­anstalt des Bundes und der Länder vom 22. November 2002 für mit höherrangigem Recht vereinbar. Anders als die Vorinstanzen hat er im Grundsatz auch die Berechnung der bis zum Zeitpunkt der Syste­mum­stellung von den pflicht­ver­si­cherten Angehörigen rentenferner Jahrgänge erworbenen Rente­n­an­wart­schaften und deren Übertragung in das neu geschaffene Betrie­bs­ren­ten­system in Form so genannter Start­gut­schriften nach §§ 32, 33 Abs. 1 ATV, 78, 79 Abs. 1 VBLS i. V. m. § 18 Abs. 2 BetrAVG gebilligt. So bestehen keine Bedenken gegen die Nicht­be­rück­sich­tigung früherer Mindest­leis­tungen und von Vordienstzeiten, gegen die Maßgeblichkeit des gesamt­ver­sor­gungs­fähigen Entgelts der Kalenderjahre 1999, 2000 und 2001 anstelle des höheren der letzten drei Kalenderjahre vor dem Jahr des Eintritts des Versi­che­rungs­falles und gegen die alleinige Maßgeblichkeit der übrigen Rechengrößen wie etwa der Lohnsteu­er­klasse zum Zeitpunkt der Syste­mum­stellung am 31. Dezember 2001.

Dass bei der Errechnung der Startgutschrift die für die Ermittlung der Voll-Leistung in Abzug zu bringende voraus­sichtliche gesetzliche Rente nach dem so genannten Näherungs­ver­fahren zu ermitteln ist, hat der Bundes­ge­richtshof im Grundsatz ebenfalls gebilligt. Ob dagegen die durch Art. 3 Abs. 1 GG gezogenen Grenzen zulässiger Typisierung und Standa­r­di­sierung durch die ausschließliche Anwendung des Näherungs­ver­fahrens überschritten wird, bedarf noch keiner abschließenden Klärung. Die insoweit vom Berufungs­gericht getroffenen Feststellungen hat der Senat nicht für verfah­rens­feh­lerfrei erachtet. Das nötigte aber nicht dazu, die Sache an das Berufungs­gericht zurück­zu­ver­weisen. Denn die Überg­angs­re­gelung erweist sich in einem anderen Punkt wegen Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG als unwirksam.

Es führt zu einer sachwidrigen und deshalb gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßenden Ungleich­be­handlung innerhalb der Gruppe der rentenfernen Versicherten, soweit nach der Satzung mit jedem Jahr der aufgrund des Arbeits­ver­hält­nisses bestehenden Pflicht­ver­si­cherung lediglich 2,25 % der Vollrente erworben werden. Die Ungleich­be­handlung liegt darin, dass Arbeitnehmer mit längeren Ausbil­dungs­zeiten die zum Erwerb der Vollrente (100 %) erforderlichen 44,44 Pflicht­ver­si­che­rungsjahre in ihrem Arbeitsleben nicht erreichen können und deshalb von vornherein überpro­por­tionale Abschläge hinnehmen müssen. Neben Akademikern sind auch all diejenigen davon betroffen, die aufgrund besonderer Anforderungen eines Arbeitsplatzes im öffentlichen Dienst, etwa einer abgeschlossenen Berufs­aus­bildung oder eines Meisterbriefes in einem handwerklichen Beruf, erst später in den öffentlichen Dienst eintreten.

Dieser Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG führt zur Unwirksamkeit der für die pflicht­ver­si­cherten Angehörigen rentenferner Jahrgänge getroffenen Übergangs- bzw. Besitz­stands­re­gelung und hat zur Folge, dass es für die dem Kläger und allen anderen rentenfernen Pflicht­ver­si­cherten erteilten Start­gut­schriften derzeit an einer wirksamen Rechtsgrundlage fehlt. Die dadurch entstandene Lücke in der Satzung der Beklagten hat der Bundes­ge­richtshof allerdings nicht selbst zu schließen vermocht, weil die beanstandete Überg­angs­re­gelung im Tarifvertrag Alters­ver­sorgung vom 1. März 2002 vereinbart worden war und es den Tarif­ver­trags­parteien mit Rücksicht auf deren in Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Tarifautonomie vorbehalten bleiben muss, nunmehr eine verfas­sungs­konforme Neuregelung zu treffen. In diesem Zusammenhang haben die Tarif­ver­trags­parteien zugleich Gelegenheit, die Auswirkungen der ausschließ­lichen Anwendung des Näherungs­ver­fahrens erneut zu bedenken.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 173/2007 des BGH vom 14.11.2007

der Leitsatz

VBLS §§ 78, 79 Abs. 1; ATV 32, 33 Abs. 1; BetrAVG §§ 2, 18; GG Artt. 3 Abs. 1, 9 Abs. 3, 14 Abs. 1 A, 20 Abs. 3

a) Die Umstellung der Zusatz­ver­sorgung des öffentlichen Dienstes von einem endge­halts­be­zogenen Gesamt­ver­sor­gungs­system auf ein auf dem Erwerb von Versor­gungs­punkten beruhendes Betrie­bs­ren­ten­system durch den Tarifvertrag Alters­ver­sorgung vom 1. März 2002 (ATV) und die Neufassung der Satzung der Versor­gungs­anstalt des Bundes und der Länder (VBLS) vom 22. November 2002 (BAnz. Nr. 1 vom 3. Januar 2003) ist als solche mit höherrangigem Recht vereinbar.

b) Die Berechnung der bis zum Zeitpunkt der Syste­mum­stellung von den pflicht­ver­si­cherten Angehörigen rentenferner Jahrgänge erworbenen Rente­n­an­wart­schaften und deren Übertragung in das neu geschaffene Betrie­bs­ren­ten­system in Form so genannter Start­gut­schriften nach den §§ 32, 33 Abs. 1 ATV, 78, 79 Abs. 1 VBLS i.V. mit § 18 Abs. 2 BetrAVG ist im Grundsatz nicht zu beanstanden.

c) Die nach der Satzung vorgesehene Regelung, nach der in jedem Jahr der Pflicht­ver­si­cherung lediglich 2,25 % der Vollrente erworben werden, führt jedoch zu einer sachwidrigen, gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßenden Ungleich­be­handlung innerhalb der Gruppe der rentenfernen Versicherten und damit zur Unwirksamkeit der sie betreffenden Übergangs- bzw. Besitz­stands­re­gelung.

d) Zum Maßstab der Rechtskontrolle bei gerichtlicher Überprüfung der Satzung der Versor­gungs­anstalt des Bundes und der Länder.

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil5154

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI