23.11.2024
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Sie sehen eine abgedunkelte Fassade von mehreren Hochhäusern, auf der ein Schutzschild leuchtet.

Dokument-Nr. 27395

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Beschluss05.07.2017BundesgerichtshofIV ZR 508/14
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • NJW-RR 2017, 1062Zeitschrift: NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht (NJW-RR), Jahrgang: 2017, Seite: 1062
  • VersR 2018, 85Zeitschrift für Versicherungsrecht, Haftungs- und Schadensrecht (VersR), Jahrgang: 2018, Seite: 85
Für Details Fundstelle bitte Anklicken!
Vorinstanzen:
  • Landgericht Stuttgart, Urteil03.04.2014, 16 O 12/13
  • Oberlandesgericht Stuttgart, Urteil13.11.2014, 7 U 92/14
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Beschluss05.07.2017

BGH: Keine arglistige Täuschung der Versicherung bei Nichtaufnahme von mündlichen Angaben des Ver­sicherungs­nehmers durch Ver­sicherungs­vertreterFehler des Ver­sicherungs­vertreters geht nicht zu Lasten des Ver­sicherungs­nehmers

Macht der zukünftige Versi­che­rungs­nehmer gegenüber dem Ver­sicherungs­vertreter mündlich Angaben zu Vorerkrankungen und Arztbesuchen und nimmt dies der Ver­sicherungs­vertreter nicht in den Antrag auf, so liegt keine arglistige Täuschung durch den Versi­che­rungs­nehmer vor. Dies hat der Bundes­ge­richtshof entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Mai 2010 schloss der Mitarbeiter eines Automo­bil­her­stellers eine Berufsunfähigkeitsversicherung ab. Der Antrag wurde dabei von einem befreundeten Versicherungsvertreter aufgenommen. Dieser stellte dem zukünftigen Versi­che­rungs­nehmer fragen und nahm die Antworten in den Antrag auf. Sämtliche Gesundheitsfragen und die Frage nach Arztbesuchen wurden dabei mit "nein" beantwortet. Der Versi­che­rungs­nehmer hatte aber ausgesagt, sich wegen Rücken­be­schwerden mehrmals in ärztlicher Behandlung befunden zu haben. Nach seinen Angaben wurde er dabei immer als Simulant hingestellt. Der Versi­che­rungs­ver­treter nahm nach seiner Aussage diese Angaben nicht in den Antrag auf, weil er sonst nicht mehr versichern würde, wenn er das in jedem Fall mache. Nachdem der Versi­che­rungs­nehmer wegen einer Erkrankung seine Berufs­un­fä­hig­keits­ver­si­cherung in Anspruch nehmen wollte, focht diese den Versi­che­rungs­vertrag an. Die Versicherung sah in der falschen Beantwortung der Gesund­heits­fragen eine arglistige Täuschung. Der Versi­che­rungs­nehmer erhob schließlich Klage auf Auszahlung der Leistungen.

Landgericht und Oberlan­des­gericht weisen Klage ab

Sowohl das Landgericht als auch das Oberlan­des­gericht Stuttgart wiesen die Klage ab. Durch die falsche Beantwortung der Gesund­heits­fragen habe der Kläger eine arglistige Täuschung begangen, so dass die Beklagte den Versi­che­rungs­vertrag habe anfechten können. Gegen diese Entscheidung legte der Kläger Rechtsmittel ein.

Bundes­ge­richtshof verneint Vorliegen einer arglistigen Täuschung

Der Bundes­ge­richtshof entschied zu Gunsten des Klägers und hob daher die Entscheidung der Vorinstanz auf. Ein Versicherer könne allein mit dem Inhalt des von seinen Agenten ausgefüllten Antrags­for­mulars nicht den Beweis führen, dass der Versi­che­rungs­nehmer hinsichtlich der Gesund­heitsfrage falsche Angaben gemacht habe, wenn dieser vortragen könne, den Agenten mündlich über Vorerkrankungen, ärztliche Untersuchungen oder Behandlungen unterrichtet zu haben. So lag der Fall hier. Urheber der schriftlichen Antworten auf dem Antragsformular sei in erster Linie der Versi­che­rungs­ver­treter gewesen.

Keine Verletzung der Anzei­ge­n­ob­lie­genheit

Der empfangs­be­voll­mächtigte Versi­che­rungs­ver­treter sei nach Ansicht des Bundes­ge­richtshofs das Auge und Ohr der Versicherung. Was ihm gesagt und vorgelegt werde, sei dem Versicherer gesagt und vorgelegen worden. Habe daher der Agent etwas, was ihm der Antragsteller auf die Fragen wahrheitsgemäß mündlich mitgeteilt hat, nicht in das Antragsformular aufgenommen, so habe der Antragsteller seine Anzei­ge­n­ob­lie­genheit gleichwohl gegenüber dem Versicherer erfüllt.

Keine Aufnahme der Antworten aus wirtschaft­lichem Interesse des Versi­che­rungs­ver­treters

Nach Auffassung des Bundes­ge­richtshofs seien die unzutreffenden Angaben im Bewusstsein um die Risikorelevanz der vom Kläger gemachten Angaben aus eigenem wirtschaft­lichem Interesse des Versi­che­rungs­ver­treters am Vertragsschluss gemacht worden. Es sei auch nicht Aufgabe der künftigen Versi­che­rungs­nehmers, den Versi­che­rungs­ver­treter hinsichtlich der Fragen zu kontrollieren, was in das Antragsformular aufzunehmen sei.

Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)

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