Dokument-Nr. 20853
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- MDR 1997, 939Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 1997, Seite: 939
- NJW 1997, 2881Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 1997, Seite: 2881
- VersR 1997, 1091Zeitschrift für Versicherungsrecht, Haftungs- und Schadensrecht (VersR), Jahrgang: 1997, Seite: 1091
- Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil18.07.1996, 12 U 86/96
Bundesgerichtshof Urteil25.06.1997
Unbeabsichtigte Beschädigung eines Pkw durch einen Selbsttötungsversuch fällt unter den Begriff "Gefahren des täglichen Lebens" und ist daher von der Privathaftpflichtversicherung gedecktBei einem Selbstmordversuch greift nicht der Risikoausschluss der "ungewöhnlichen und gefährlichen Beschäftigung"
Beschädigt ein Selbstmörder bei seinem Suizidversuch unbeabsichtigt einen Pkw, so fällt dies unter den Begriff der "Gefahren des tägliche Lebens" im Sinne der Nr. 1 der Besonderen Bedingungen und Risikobeschreibungen für die Privathaftpflichtversicherung (BBR). Der Schaden ist daher von der Privathaftpflichtversicherung des Selbstmörders gedeckt. Zudem greift bei einem Selbsttötungsversuch nicht der Risikoausschluss der "ungewöhnlichen und gefährlichen Beschäftigung". Dies hat der Bundesgerichtshof entschieden.
Im zugrunde liegenden Fall sprang ein Selbstmörder im Mai 1995 von der oberen Etage eines Parkhauses und fiel auf einen vor dem Gebäude parkenden Pkw. An dem Pkw entstand ein Totalschaden. Da der Selbstmörder überlebte, nahm der Eigentümer des Autos den Selbstmörder auf Schadenersatz in Höhe von 15.000 DM Anspruch. Dieser wiederum beanspruchte daraufhin seine Privathaftpflichtversicherung, welche aber den Versicherungsschutz verneinte. Sie verwies auf die Nr. 1 der BBR, wonach nur solche Schadensereignisse versichert sind, die dem Versicherungsnehmer als Privatperson aus den Gefahren des täglichen Lebens entstehen. Nach Ansicht der Versicherung habe sich in dem durch den Selbstmordversuch eingetretenen Schaden keine Gefahr des täglichen Lebens verwirklicht. Zudem greife der Risikoausschluss der "ungewöhnlichen und gefährlichen Beschäftigung". Der Fall kam schließlich vor Gericht.
Anspruch auf Versicherungsschutz aufgrund Beschädigung des Pkw durch Selbstmordversuch bestand
Der Bundesgerichtshof hat letztinstanzlich zu Gunsten des versicherten Selbstmörders entschieden. Diesem habe wegen der unbeabsichtigten Beschädigung des Pkw durch seinen Suizidversuch ein Anspruch auf Versicherungsschutz zugestanden.
Durch Selbsttötungsversuch verursachter Schaden gehört zu versicherten Gefahren des täglichen Lebens
Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs gehöre der durch den Selbsttötungsversuch verursachte Schaden am Pkw zu den versicherten Gefahren des täglichen Lebens. Es sei zu beachten, dass jedes Verhalten des Versicherungsnehmers als Privatperson vom Versicherungsschutz umfasst wird, solange das Verhalten nicht als ungewöhnliche oder gefährliche Beschäftigung anzusehen ist oder der Schaden vorsätzlich herbeigeführt wird. Unerheblich sei in diesem Zusammenhang, ob das Verhalten als sozialwidrig oder als aus dem Rahmen des Normalbürgers fallend zu werten ist.
Selbstmordversuch nicht als ungewöhnliche oder gefährliche Beschäftigung im Sinne des Risikoausschlusses anzusehen
Der Bundesgerichtshof stufte den Selbstmordversuch nicht als ungewöhnliche oder gefährliche Beschäftigung im Sinne des Risikoausschlusses ein. Es sei zu beachten, dass eine solche Beschäftigung nicht schon dann vorliegt, wenn sich die die Haftpflicht auslösende Handlung selbst als ungewöhnlich und gefährlich darstellt. Die Haftpflicht auslösende Handlung sei im vorliegenden Fall der Sprung vom Parkdeck gewesen. Dieser mag zwar als ungewöhnlich und gefährlich zu werten sein, darauf sei es aber nicht angekommen. Der Risikoausschluss beschränke sich auf die seltenen Ausnahmefälle, in denen die schadensstiftende Handlung im Rahmen einer allgemeinen als ungewöhnlich oder gefährlich einzustufenden Handlung des Versicherten vorgenommen wird.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 01.04.2015
Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (zt/NJW 1997, 2881/rb)
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