21.11.2024
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Sie sehen eine abgedunkelte Fassade von mehreren Hochhäusern, auf der ein Schutzschild leuchtet.

Dokument-Nr. 20853

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Urteil25.06.1997BundesgerichtshofIV ZR 269/96
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • MDR 1997, 939Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 1997, Seite: 939
  • NJW 1997, 2881Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 1997, Seite: 2881
  • VersR 1997, 1091Zeitschrift für Versicherungsrecht, Haftungs- und Schadensrecht (VersR), Jahrgang: 1997, Seite: 1091
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Vorinstanz:
  • Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil18.07.1996, 12 U 86/96
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil25.06.1997

Unbeabsichtigte Beschädigung eines Pkw durch einen Selbst­tötungs­versuch fällt unter den Begriff "Gefahren des täglichen Lebens" und ist daher von der Privat­haft­pflicht­versicherung gedecktBei einem Selbst­mord­versuch greift nicht der Risiko­aus­schluss der "ungewöhnlichen und gefährlichen Beschäftigung"

Beschädigt ein Selbstmörder bei seinem Suizidversuch unbeabsichtigt einen Pkw, so fällt dies unter den Begriff der "Gefahren des tägliche Lebens" im Sinne der Nr. 1 der Besonderen Bedingungen und Risiko­beschreibungen für die Privat­haft­pflicht­versicherung (BBR). Der Schaden ist daher von der Privat­haft­pflicht­versicherung des Selbstmörders gedeckt. Zudem greift bei einem Selbst­tötungs­versuch nicht der Risiko­aus­schluss der "ungewöhnlichen und gefährlichen Beschäftigung". Dies hat der Bundes­ge­richtshof entschieden.

Im zugrunde liegenden Fall sprang ein Selbstmörder im Mai 1995 von der oberen Etage eines Parkhauses und fiel auf einen vor dem Gebäude parkenden Pkw. An dem Pkw entstand ein Totalschaden. Da der Selbstmörder überlebte, nahm der Eigentümer des Autos den Selbstmörder auf Schadenersatz in Höhe von 15.000 DM Anspruch. Dieser wiederum beanspruchte daraufhin seine Privathaftpflichtversicherung, welche aber den Versi­che­rungs­schutz verneinte. Sie verwies auf die Nr. 1 der BBR, wonach nur solche Schaden­se­r­eignisse versichert sind, die dem Versi­che­rungs­nehmer als Privatperson aus den Gefahren des täglichen Lebens entstehen. Nach Ansicht der Versicherung habe sich in dem durch den Selbst­mord­versuch eingetretenen Schaden keine Gefahr des täglichen Lebens verwirklicht. Zudem greife der Risiko­aus­schluss der "ungewöhnlichen und gefährlichen Beschäftigung". Der Fall kam schließlich vor Gericht.

Anspruch auf Versi­che­rungs­schutz aufgrund Beschädigung des Pkw durch Selbst­mord­versuch bestand

Der Bundes­ge­richtshof hat letzt­in­sta­nzlich zu Gunsten des versicherten Selbstmörders entschieden. Diesem habe wegen der unbeab­sich­tigten Beschädigung des Pkw durch seinen Suizidversuch ein Anspruch auf Versi­che­rungs­schutz zugestanden.

Durch Selbst­tö­tungs­versuch verursachter Schaden gehört zu versicherten Gefahren des täglichen Lebens

Nach Auffassung des Bundes­ge­richtshofs gehöre der durch den Selbst­tö­tungs­versuch verursachte Schaden am Pkw zu den versicherten Gefahren des täglichen Lebens. Es sei zu beachten, dass jedes Verhalten des Versi­che­rungs­nehmers als Privatperson vom Versi­che­rungs­schutz umfasst wird, solange das Verhalten nicht als ungewöhnliche oder gefährliche Beschäftigung anzusehen ist oder der Schaden vorsätzlich herbeigeführt wird. Unerheblich sei in diesem Zusammenhang, ob das Verhalten als sozialwidrig oder als aus dem Rahmen des Normalbürgers fallend zu werten ist.

Selbst­mord­versuch nicht als ungewöhnliche oder gefährliche Beschäftigung im Sinne des Risiko­aus­schlusses anzusehen

Der Bundes­ge­richtshof stufte den Selbst­mord­versuch nicht als ungewöhnliche oder gefährliche Beschäftigung im Sinne des Risiko­aus­schlusses ein. Es sei zu beachten, dass eine solche Beschäftigung nicht schon dann vorliegt, wenn sich die die Haftpflicht auslösende Handlung selbst als ungewöhnlich und gefährlich darstellt. Die Haftpflicht auslösende Handlung sei im vorliegenden Fall der Sprung vom Parkdeck gewesen. Dieser mag zwar als ungewöhnlich und gefährlich zu werten sein, darauf sei es aber nicht angekommen. Der Risiko­aus­schluss beschränke sich auf die seltenen Ausnahmefälle, in denen die schadens­stiftende Handlung im Rahmen einer allgemeinen als ungewöhnlich oder gefährlich einzustufenden Handlung des Versicherten vorgenommen wird.

Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (zt/NJW 1997, 2881/rb)

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