24.11.2024
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Dokument-Nr. 14609

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Bundesgerichtshof Beschluss10.10.2012

Prozess­kos­tenhilfe: Entzug der Bewilligung infolge falscher Angaben des Antragstellers gerechtfertigtGericht darf bei Zweifel an Redlichkeit des Antragsstellers Prozess­kos­tenhilfe versagen

Die Bewilligung von Prozess­kos­tenhilfe kann nach § 124 Nr. 2, Alternative 1 ZPO nachträglich aufgehoben werden, wenn der Antragsteller im Bewil­li­gungs­ver­fahren absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit unrichtige Angaben über seine persönlichen oder wirtschaft­lichen Verhältnisse gemacht hat. Dies gilt auch dann, wenn die falschen Angaben nicht zu einer objektiv unrichtigen Bewilligung geführt haben. Dies entschied der Bundes­ge­richtshof.

Im zugrunde liegenden Fall war dem Beklagten eines Rechtsstreits um die Rückzahlung eines Darlehens zunächst auf seinen Antrag hin Prozesskostenhilfe bewilligt worden. Nachträglich stellte sich heraus, dass er bei Antragstellung eine teilweise unrichtige und unvollständige Erklärung über seine persönlichen und wirtschaft­lichen Verhältnisse abgegeben hatte. Nach den Feststellungen der Vorinstanz hatte er absichtlich versucht, seine wirtschaftliche Situation, insbesondere in Bezug auf seine Geschäfts­füh­rer­stellung und Beteiligung an einer GmbH, ferner die Nutzung eines Firmenwagens, zu verschleiern.

LG hebt Bewilligung der Prozess­kos­tenhilfe auf

Infolge dessen hob das Landgericht die Bewilligung der Prozess­kos­tenhilfe nach § 124 Nr. 2, Alternative 1 ZPO nachträglich auf. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde des Beklagten vor dem Oberlan­des­gericht Karlsruhe blieb erfolglos.

Beklagter verweist auf Änderungen seiner Verhältnisse und Angaben zum Zeitpunkt der Prozess­kos­ten­be­wil­ligung

Auf die Rechts­be­schwerde des Beklagten hat der Bundes­ge­richtshof die Entscheidungen der Vorinstanzen bestätigt. Der Beklagte hatte im Beschwer­de­ver­fahren die ursprüngliche Unrichtigkeit seiner Angaben eingeräumt, jedoch geltend gemacht, bis zum Zeitpunkt der Prozess­kos­ten­hil­fe­be­wil­ligung hätten sich seine Verhältnisse derart verändert gehabt, dass seine Angaben zuletzt nicht mehr falsch gewesen seien und ihm bei objektiver Betrachtung ein Anspruch auf Prozess­kos­tenhilfe zugestanden habe. Das stützte sich auf eine bisher weit verbreitete Rechts­auf­fassung, der zufolge § 124 Nr. 2 ZPO allein bezwecke, dem von einer Prozess­kos­ten­hil­fe­be­wil­ligung Begünstigten sachlich nicht gerechtfertigte Vorteile wieder zu entziehen und so eine objektiv zutreffende Entscheidung über die Bewilligung von Prozess­kos­tenhilfe herbeizuführen. Es handele sich um eine rein kosten­rechtliche Bestimmung ohne Sankti­o­ns­cha­rakter.

Sanktionierung von Falschangaben nicht zu beanstanden

Der Bundes­ge­richtshof ist dem entge­gen­ge­treten. Dass die Vorschrift allein schon die absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit gemachten Falschangaben eines Antragstellers sanktioniere, ergebe sich nicht nur aus Wortlaut, Systematik und Entste­hungs­ge­schichte des § 124 Nr. 2 Alternative 1 ZPO, sondern zeige auch der Gesetzeszweck.

Antragsteller bei Aufklärung persönlicher und wirtschaft­licher Verhältnisse in besonderem Maße zur Mitwirkung verpflichtet

Im Prüfungs­ver­fahren zur Bewilligung von Prozess­kos­tenhilfe, das unter einem besonderen Beschleu­ni­gungsgebot stehe, sei der Antragsteller bei der Aufklärung seiner persönlichen und wirtschaft­lichen Verhältnisse in besonderem Maße zur Mitwirkung verpflichtet, so der Bundes­ge­richtshof. Komme er dieser Pflicht nicht nach, könne das Gericht die Bewilligung von Prozess­kos­tenhilfe ablehnen. Das Gericht sei im Bewil­li­gungs­ver­fahren, welches sich im Interesse des Antragstellers mit einer Glaub­haft­machung der Bewil­li­gungs­vor­aus­set­zungen begnüge, in besonderem Maße auf ein redliches Verhalten des Antragstellers angewiesen. Begründe der Antragsteller in vorwerfbarer Weise Zweifel an seiner Redlichkeit, erscheine es angemessen, ihm die nachgesuchte finanzielle Unterstützung zu versagen, weil ein summarisches Prüfungs­ver­fahren dann nicht mehr möglich erscheine, entschieden die Richter.

§ 124 ZPO

Aufhebung der Bewilligung

Erläuterungen

Das Gericht kann die Bewilligung der Prozess­kos­tenhilfe aufheben, wenn

1. die Partei durch unrichtige Darstellung des Streit­ver­hält­nisses die für die Bewilligung der Prozess­kos­tenhilfe maßgebenden Voraussetzungen vorgetäuscht hat;

2. die Partei absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit unrichtige Angaben über die persönlichen oder wirtschaft­lichen Verhältnisse gemacht oder eine Erklärung nach § 120 Abs. 4 Satz 2 nicht abgegeben hat;

3. die persönlichen oder wirtschaft­lichen Voraussetzungen für die Prozess­kos­tenhilfe nicht vorgelegen haben; in diesem Fall ist die Aufhebung ausgeschlossen, wenn seit der rechtskräftigen Entscheidung oder sonstigen Beendigung des Verfahrens vier Jahre vergangen sind;

4. die Partei länger als drei Monate mit der Zahlung einer Monatsrate oder mit der Zahlung eines sonstigen Betrages im Rückstand ist.

Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online

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