21.11.2024
21.11.2024  
Sie sehen ausschnittsweise zwei FrauenKI generated picture

Dokument-Nr. 15094

Drucken
Urteil24.01.2013BundesgerichtshofIII ZR 98/12
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • CR 2013, 294Zeitschrift: Computer und Recht (CR), Jahrgang: 2013, Seite: 294
  • ITRB 2013, 98Zeitschrift: Der IT-Rechts-Berater (ITRB), Jahrgang: 2013, Seite: 98
  • MDR 2013, 319Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2013, Seite: 319
  • MMR 2013, 611Zeitschrift: Multimedia und Recht (MMR), Jahrgang: 2013, Seite: 611
  • NJW 2013, 1072Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2013, Seite: 1072
  • VuR 2013, 182Zeitschrift: Verbraucher und Recht (VuR), Jahrgang: 2013, Seite: 182
Für Details Fundstelle bitte Anklicken!
Vorinstanzen:
  • Amtsgericht Montabaur, Urteil07.12.2010, 5 C 442/10
  • Landgericht Koblenz, Urteil07.03.2012, 12 S 13/11
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil24.01.2013

Schadensersatz bei Internetausfall: Mehrwöchiger Ausfall des Inter­ne­t­an­schlusses begründet Anspruch auf SchadensersatzStändige Nutzbarkeit des Internets auch im privaten Bereich für eigenwirt­schaftliche Lebenshaltung von zentraler Bedeutung

Der Bundes­ge­richtshof hat dem Kunden eines Telekom­mu­ni­kations­unternehmens Schadensersatz für den mehrwöchigen Ausfall seines DSL-Anschlusses zuerkannt.

Infolge eines Fehlers des beklagten Telekom­mu­ni­ka­ti­o­ns­un­ter­nehmens bei einer Tarifumstellung konnte der Kläger seinen DSL-Inter­ne­t­an­schluss in der Zeit vom 15. Dezember 2008 bis zum 16. Februar 2009 nicht nutzen. Über diesen Anschluss wickelte er auch seinen Telefon- und Telefaxverkehr ab (Voice und Fax over IP, VoIP). Neben Mehrkosten, die infolge des Wechsels zu einem anderen Anbieter und für die Nutzung eines Mobiltelefons anfielen, verlangt der Kläger Schadensersatz für den Fortfall der Möglichkeit, seinen DSL-Anschluss während des genannten Zeitraums für die Festnetz­te­lefonie sowie für den Telefax- und Internetverkehr zu nutzen, in Höhe von 50 Euro täglich. In den Vorinstanzen sind dem Kläger 457,50 Euro für das höhere, bei dem anderen Anbieter anfallende Entgelt sowie für die Kosten der Mobil­fun­knutzung zuerkannt worden. Mit seiner vom Berufungs­gericht zugelassenen Revision hat der Kläger seinen Schaden­s­er­satz­an­spruch für die entgangenen Nutzungs­mög­lich­keiten seines DSL-Anschlusses weiter verfolgt.

Für Schaden­s­er­satz­an­spruch muss Ausfall der Nutzungs­mög­lichkeit signifikant auf Lebenshaltung auswirken

Nach der Rechtsprechung des Bundes­ge­richtshofs muss der Ersatz für den Ausfall der Nutzungs­mög­lichkeit eines Wirtschaftsguts grundsätzlich Fällen vorbehalten bleiben, in denen sich die Funkti­o­ns­s­törung typischerweise als solche auf die materiale Grundlage der Lebenshaltung signifikant auswirkt.

Ausfall des Telefaxes hat keine schwerwiegende negative Auswirkung auf Alltag

In Anwendung dieses Maßstabs hat der Bundes­ge­richtshof einen Schaden­s­er­satz­an­spruch wegen des Ausfalls des Telefaxes verneint. Dieses vermittelt lediglich die Möglichkeit, Texte oder Abbildungen bequemer und schneller als auf dem herkömmlichen Postweg zu versenden. Der Fortfall des Telefaxes wirkt sich zumindest in dem hier in Rede stehenden privaten Bereich nicht signifikant aus, zumal diese Art der Telekom­mu­ni­kation zunehmend durch die Versendung von Text- und Bilddateien mit elektronischer Post verdrängt wird.

BGH verneint ebenfalls Ersatzanspruch für Nutzungsausfall des Festnetz­te­lefons

Im Ergebnis hat der Senat einen Schaden­s­er­satz­an­spruch auch für den Ausfall des Festnetz­te­lefons abgelehnt. Allerdings stellt die Nutzungs­mög­lichkeit des Telefons ein Wirtschaftsgut dar, dessen ständige Verfügbarkeit für die Lebens­ge­staltung von zentraler Wichtigkeit ist. Die Ersatzpflicht des Schädigers für die entgangene Möglichkeit, Nutzungs­vorteile aus einem Wirtschaftsgut zu ziehen, entfällt jedoch, wenn dem Geschädigten ein gleichwertiger Ersatz zur Verfügung steht und ihm der hierfür anfallende Mehraufwand ersetzt wird. Dies war vorliegend der Fall, weil der Kläger im maßgeblichen Zeitraum ein Mobiltelefon nutzte und er die dafür angefallenen zusätzlichen Kosten ersetzt verlangen konnte.

Ausfall des Internets macht sich signifikant im Alltag bemerkbar

Demgegenüber hat der Senat dem Kläger dem Grunde nach Schadensersatz für den Fortfall der Möglichkeit zuerkannt, seinen Internetzugang für weitere Zwecke als für den Telefon- und Telefaxverkehr zu nutzen. Die Nutzbarkeit des Internets ist ein Wirtschaftsgut, dessen ständige Verfügbarkeit seit längerer Zeit auch im privaten Bereich für die eigen­wirt­schaftliche Lebenshaltung typischerweise von zentraler Bedeutung ist. Das Internet stellt weltweit umfassende Informationen in Form von Text-, Bild-, Video- und Audiodateien zur Verfügung. Dabei werden thematisch nahezu alle Bereiche abgedeckt und verschiedenste qualitative Ansprüche befriedigt. So sind etwa Dateien mit leichter Unterhaltung ebenso abrufbar wie Informationen zu Alltagsfragen bis hin zu hochwis­sen­schaft­lichen Themen. Dabei ersetzt das Internet wegen der leichten Verfügbarkeit der Informationen immer mehr andere Medien, wie zum Beispiel Lexika, Zeitschriften oder Fernsehen. Darüber hinaus ermöglicht es den weltweiten Austausch zwischen seinen Nutzern, etwa über E-Mails, Foren, Blogs und soziale Netzwerke. Zudem wird es zunehmend zur Anbahnung und zum Abschluss von Verträgen, zur Abwicklung von Rechts­ge­schäften und zur Erfüllung öffentlich-rechtlicher Pflichten genutzt. Der überwiegende Teil der Einwohner Deutschlands bedient sich täglich des Internets. Damit hat es sich zu einem die Lebens­ge­staltung eines Großteils der Bevölkerung entscheidend mitprägenden Medium entwickelt, dessen Ausfall sich signifikant im Alltag bemerkbar macht.

BGH zur Berechnung der Höhe des Schaden­s­er­satzes für Internetausfall

Zur Höhe des Schaden­s­er­satzes hat der Bundes­ge­richtshof ausgeführt, dass der Kläger in Übertragung der insoweit von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze auf die vorliegende Fallgestaltung einen Betrag verlangen kann, der sich nach den marktüblichen, durch­schnitt­lichen Kosten richtet, die in dem betreffenden Zeitraum für die Bereitstellung eines DSL-Anschlusses mit der vereinbarten Kapazität ohne Telefon- und Faxnutzung angefallen wären, bereinigt um die auf Gewinnerzielung gerichteten und sonstigen, eine erwerb­wirt­schaftliche Nutzung betreffenden Wertfaktoren.

Zur näheren Sachaufklärung hierzu hat der Senat die Sache an das Berufungs­gericht zurückverwiesen.

Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil15094

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI