14.11.2024
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Sie sehen eine Szene aus einem Krankenhaus, speziell mit einem OP-Saal und einer Krankenschwester im Vordergrund.

Dokument-Nr. 5120

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Urteil08.11.2007BundesgerichtshofIII ZR 54/07
Vorinstanzen:
  • Amtsgericht Hamburg, Urteil05.10.2005, 6 C 375/04
  • Landgericht Hamburg, Urteil07.02.2007, 318 S 145/05
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Bundesgerichtshof Urteil08.11.2007

BGH: Ärztliche Leistungen dürfen bei Privatpatienten höher abgerechnet werdenBGH entscheidet über Abrechnung ärztlicher Leistungen zum 2,3 fachen des Gebührensatzes

Ein Arzt verletzt bei der Gebüh­re­n­a­b­rechnung das ihm eingeräumte Ermessen nicht, wenn er nach Schwierigkeit und Zeitaufwand durch­schnittliche ärztliche Leistungen mit dem Höchstsatz der Regelspanne abrechnet. Dies hat der Bundes­ge­richtshof entschieden.

Der Beklagte befand sich in ambulanter priva­t­ärzt­licher Behandlung des Klägers, eines Augenarztes. Dieser rechnete seine Leistungen, darunter eine Operation des linken Auges wegen Grauen Stars, mit insgesamt 4.074,56 DM ab. Abgesehen von vier näher begründeten Gebüh­ren­po­si­tionen, die mit dem Faktor 3,5 abgerechnet wurden, und drei Zuschlägen, die nur mit dem Einfachen des Gebührensatzes berech­nungsfähig sind, enthielt die Rechnung für die persönlich-ärztlichen Leistungen ausschließlich den Faktor 2,3 und für die medizinisch-technischen Leistungen den Faktor 1,8, das sind die Höchstsätze der jeweiligen Spanne, innerhalb deren der Arzt seine Leistungen in der Regel abzurechnen hat. Der Beklagte verweigerte die Bezahlung der Rechnung, weil er sie für überhöht hielt. Das Amtsgericht wies die Klage als unzulässig ab, weil es die Auffassung vertrat, die schematische Abrechnung des Höchstwerts der Regelspanne erfülle die Klagba­r­keits­vor­aus­setzung des § 12 Abs. 1 GOÄ nicht. Auf die Berufung entsprach das Landgericht der Klage in Höhe von 1.957,84 € nebst Zinsen und wies sie im Übrigen ab. Dabei hielt es anstelle der abgerechneten Höchstwerte der Regelspanne von 2,3 und 1,8 eine Abrechnung mit den Faktoren 1,8 und 1,6 für gerechtfertigt. Beide Parteien legten gegen dieses Urteil die zugelassene Revision ein.

Der Bundes­ge­richtshof wies die Revision des Beklagten zurück und gab der Revision des klagenden Arztes statt. Allgemein bemisst sich die Höhe der einzelnen Gebühr für persönlich-ärztliche Leistungen nach dem Einfachen bis Dreiein­halb­fachen des Gebührensatzes (§ 5 Abs. 1 Satz 1 der Gebührenordnung für Ärzte - GOÄ). Für medizinisch-technische Leistungen gilt nach § 5 Abs. 3 GOÄ ein Gebührenrahmen zwischen dem Einfachen und dem Zweiein­halb­fachen des Gebührensatzes. Innerhalb des Gebührenrahmens hat der Arzt die Gebühren unter Berück­sich­tigung der Schwierigkeit und des Zeitaufwandes der einzelnen Leistungen sowie der Umstände bei der Ausführung nach billigem Ermessen zu bestimmen (§ 5 Abs. 2 Satz 1 GOÄ). Weiter ist in § 5 Abs. 2 Satz 4 GOÄ bestimmt, dass "in der Regel" eine Gebühr nur "zwischen" dem Einfachen und dem 2,3fachen des Gebührensatzes bemessen werden darf. Die Überschreitung des 2,3fachen des Gebührensatzes ist nur zulässig, wenn Besonderheiten der in § 5 Abs. 2 Satz 1 GOÄ genannten Kriterien sich im Einzelfall von üblicherweise vorliegenden Umständen unterscheiden und ihnen nicht bereits in der Leistungs­be­schreibung des Gebüh­ren­ver­zeich­nisses Rechnung getragen worden ist.

Abrechnung ärztlicher Leistungen von durch­schnitt­lichem Zeitaufwand und Schwie­rig­keitsgrad

Im Streitfall ging es hauptsächlich um die Frage, ob ärztliche Leistungen, die nach Schwierigkeit und zeitlichem Aufwand als durch­schnittlich zu bewerten sind, mit dem jeweiligen Höchstsatz der Regelspanne, also mit dem 2,3- oder dem 1,8fachen, abgerechnet werden dürfen. In der bisherigen Rechtsprechung und Literatur wird weitgehend die Auffassung vertreten, die Regelspanne solle für die große Mehrzahl der Behand­lungsfälle gelten und den Durch­schnittsfall mit Abweichungen nach oben und unten, also auch schwierigere und zeitauf­wän­digere Behandlungen, erfassen. Hieraus wird vielfach der Schluss gezogen, eine im Durchschnitt liegende ärztliche Leistung sei mit einem Mittelwert innerhalb der Regelspanne, also mit dem 1,65- oder dem 1,4fachen, zu entgelten oder mit einem etwas darüber liegenden Wert von 1,8 bzw. 1,6. Diese Auffassung hatte unter anderem das Berufungs­gericht vertreten. In der Abrech­nung­s­praxis von privaten Kranken­ver­si­che­rungen und Beihilfestellen ist ungeachtet dessen festzustellen, dass ärztliche Leistungen weit überwiegend zu den Höchstsätzen der Regelspanne (2,3 bzw. 1,8) abgerechnet werden.

Höchstsatz der Regelspanne darf abgerechnet werden

Der III. Zivilsenat hat insoweit entschieden, ein Arzt verletze das ihm vom Verord­nungsgeber eingeräumte Ermessen nicht, wenn er nach Schwierigkeit und Zeitaufwand durch­schnittliche ärztliche Leistungen mit dem Höchstsatz der Regelspanne abrechne. Dem Verord­nungsgeber sei die Abrech­nung­s­praxis seit vielen Jahren bekannt und er habe davon abgesehen, den Bereich der Regelspanne für die Abrech­nung­s­praxis deutlicher abzugrenzen und dem Arzt für Liquidationen bis zum Höchstsatz der Regelspanne eine Begründung seiner Einordnung abzuverlangen. Möchte der Arzt für eine Leistung das 2,3fache des Gebührensatzes überschreiten, ist er nach § 12 Abs. 3 GOÄ verpflichtet, dies für den Zahlungs­pflichtigen verständlich und nachvollziehbar schriftlich zu begründen und auf Verlangen die Begründung näher zu erläutern. Ohne eine nähere Begrün­dungs­pflicht im Bereich der Regelspanne ist es jedoch nicht praktikabel und vom Verord­nungsgeber offenbar nicht gewollt, dass Zahlungs­pflichtige und Abrech­nungs­stellen den für eine durch­schnittliche Leistung angemessenen Faktor ermitteln oder anderweitig festlegen. Insbesondere hat der Verord­nungsgeber einen Mittelwert für durch­schnittliche Leistungen innerhalb der Regelspanne, wie ihn Teile der Rechtsprechung und Literatur für richtig halten, nicht vorgesehen. Hiervon bleibt selbst­ver­ständlich unberührt, dass der Arzt seine Leistungen nicht schematisch mit dem Höchstsatz der Regelspanne berechnen darf, sondern sich bei einfachen ärztlichen Verrichtungen im unteren Bereich der Regelspanne bewegen muss.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 167/07 des BGH vom 08.11.2007

der Leitsatz

GOÄ § 5 Abs. 2 Satz 4

Es stellt keinen Fehlgebrauch des Ermessens dar, wenn der Arzt persönlich-ärztliche und medizinisch-technische Leistungen durch­schnitt­licher Schwierigkeit mit dem jeweiligen Höchstsatz der Regelspanne, also dem 2,3fachen bzw. dem 1,8fachen des Gebührensatzes, abrechnet.

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