18.10.2024
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Bundesgerichtshof Urteil23.04.2012

Auch GmbH-Geschäftsführer kann sich bei Alters­diskriminierung auf Allgemeines Gleich­behandlungs­gesetz berufenBGH wendet erstmals AGG auf GmbH-Geschäftsführer an / Schadensersatz wegen Diskriminierung

Ein auf eine bestimmte Dauer bestellter Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, der nach Ablauf seines Vertrages nicht als Geschäftsführer weiter­be­schäftigt wird, fällt in den Schutzbereich des Allgemeinen Gleich­behandlungs­gesetzes (AGG). Dies entschied der Bundes­ge­richtshof.

Der Kläger des zugrunde liegenden Streitfalls war bis zum Ablauf seiner Amtszeit am 31. August 2009 der medizinische Geschäftsführer der beklagten Kliniken der Stadt Köln, einer GmbH. Die Anteile an dieser Gesellschaft werden von der Stadt Köln gehalten. Der Aufsichtsrat der Gesellschaft hat über den Abschluss, die Aufhebung und die Änderung des Dienstvertrags der Geschäftsführer zu entscheiden. In dem mit einer Laufzeit von fünf Jahren abgeschlossenen Dienstvertrag des Klägers war vereinbart, dass die Vertrags­parteien spätestens 12 Monate vor Vertragsablauf mitteilten, ob sie zu einer Verlängerung des Vertrags­ver­hält­nisses bereit waren. Der Aufsichtsrat der Beklagten beschloss im Oktober 2008, das Anstel­lungs­ver­hältnis mit dem im Zeitpunkt der (regulären) Vertrags­be­en­digung 62 Jahre alten Kläger nicht über den 31. August 2009 hinaus fortzusetzen. Die Stelle des medizinischen Geschäfts­führers wurde vielmehr mit einem 41-jährigen Mitbewerber besetzt.

Kläger verlangt Schadensersatz wegen Verstoßes gegen das Alters­dis­kri­mi­nie­rungs­verbot

Der Kläger ist der Auffassung, dass ihm der Neuabschluss seines Dienstvertrags sowie die weitere Bestellung als Geschäftsführer nur aus Altersgründen versagt worden seien und dass diese Entscheidung gegen das Alters­dis­kri­mi­nie­rungs­verbot des am 18. August 2006 in Kraft getretenen Allgemeinen Gleich­be­hand­lungs­ge­setzes verstoße. Er hat mit dieser Begründung Ersatz seines materiellen und immateriellen Schadens verlangt.

Entscheidungen der Vorinstanzen

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlan­des­gericht hat ihr im Wesentlichen stattgegeben, statt des beantragten Ersatzes des immateriellen Schadens in Höhe von 110.000 Euro jedoch nur 36.600 Euro zugesprochen. Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Revision eingelegt.

BGH bejaht Vorliegen unzulässiger Benachteiligung wegen des Alters

Der Bundes­ge­richtshof hat die Entscheidung des Berufungs­ge­richts, der Kläger sei in unzulässiger Weise wegen seines Alters benachteiligt worden, bestätigt. Nach § 6 Abs. 3 AGG findet das Gesetz Anwendung auf Geschäftsführer einer GmbH, soweit es um den Zugang zu dem Geschäfts­füh­reramt und um den beruflichen Aufstieg geht. In dem Beschluss, den Kläger nach dem Auslaufen seiner Bestellung nicht weiter als Geschäftsführer zu beschäftigen, hat das Gericht eine Entscheidung über den Zugang zu dem Amt gesehen.

Bewerber muss nur Indizien für Diskriminierung vorbringen

Weiter hat er die Beweislastregel des § 22 AGG angewendet. Danach muss der Bewerber nur Indizien beweisen, aus denen sich eine Diskriminierung ergibt. Das Unternehmen hat dann zu beweisen, dass der Bewerber nicht wegen seines Alters oder aus anderen unzulässigen Gründen benachteiligt worden ist. Hier hatte der Aufsichts­rats­vor­sitzende gegenüber der Presse erklärt, dass der Kläger wegen seines Alters nicht weiter­be­schäftigt worden sei. Man habe wegen des "Umbruchs auf dem Gesund­heitsmarkt" einen Bewerber gewählt, der das Unternehmen "langfristig in den Wind stellen" könne. Das hat das Gericht als ausreichend für die Beweis­la­st­umkehr nach § 22 AGG angesehen. Die Beklagte hat den damit ihr obliegenden Gegenbeweis nicht geführt.

Kläger hat Anspruch auf Schadensersatz

Das Gericht hat weiter ausgeführt, dass die Diskriminierung des Klägers wegen seines Alters nicht aus den im Allgemeinen Gleich­be­hand­lungs­gesetz vorgesehenen Gründen gerechtfertigt war. Damit hat der Kläger Anspruch auf Ersatz seines Vermö­gens­schadens und auf Entschädigung wegen seines immateriellen Schadens. Aufgrund von Fehlern bei der Feststellung dieses Schadens hat das Gericht das angefochtene Urteil teilweise aufgehoben und die Sache insoweit an das Berufungs­gericht zurückverwiesen.

Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online

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