18.10.2024
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Dokument-Nr. 5616

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Urteil18.02.2008BundesgerichtshofII ZR 132/06
Vorinstanzen:
  • Landgericht Mainz, Urteil30.12.2004, 12 HKO 57/03
  • Oberlandesgericht Koblenz, Urteil20.04.2006, 6 U 120/05
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil18.02.2008

BGH zur verdeckten gemischten SacheinlageGescheiterte Sanierung einer Auffang­ge­sell­schaft

Im Zusammenhang mit der gescheiterten Sanierung einer Auffang­ge­sell­schaft hat sich der Bundes­ge­richtshof mit einer verdeckten gemischten Sacheinlage befasst.

Der Rechtssache liegt der gescheiterte Versuch der "übertragenden Sanierung" eines in Rheinland-Pfalz überregional tätigen Möbelhauses in der Rechtsform einer KG zugrunde. Diese KG geriet im Jahr 1999 in Insolvenz. Der Kläger ist der Insol­venz­ver­walter der Auffang­ge­sell­schaft, einer AG, welche im Jahr 2000 nach einer Kapitalerhöhung das noch vorhandene Aktivvermögen der KG gegen Übernahme ihrer Verbind­lich­keiten erworben hat. Beklagte sind neben dem Aufsichts­rats­vor­sit­zenden und den beiden Vorständen der Auffang­ge­sell­schaft (AG) der Insol­venz­ver­walter der KG. Der Kläger macht gegen die Beklagten unter verschiedenen rechtlichen Gesichtspunkten Zahlungs­ansprüche in Millionenhöhe im Zusammenhang mit dem oben genannten, zwischen der AG und der KG geschlossenen Vertrag geltend. Beide Vorinstanzen haben die Klage gegen die vorerwähnten Beklagten insgesamt abgewiesen.

Der Bundes­ge­richtshof hat das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache insoweit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungs­gericht zurückverwiesen.

Der Senat hat dabei wie in einem rechtlich ähnlich gelagerten Fall, der der Entscheidung vom 9. Juli 2007 zugrunde lag, darauf abgestellt, dass der bei der Zeichnung der Aktien durch die beklagte KG bereits abgesprochene Kaufvertrag sich als verdeckte gemischte Sacheinlage darstellt. Dies führt in der Rechtsfolge zwar zu einer Unwirksamkeit des Kaufvertrages, nicht aber zu dem vom Kläger bislang vorrangig geltend gemachten Rückzah­lungs­an­spruch aus § 62 AktG, sondern grundsätzlich nur zu einem Berei­che­rungs­an­spruch (Saldotheorie) in Höhe einer etwaigen Differenz zwischen den übernommenen (und ausgeglichenen) Verbind­lich­keiten und dem Wert der rechtsgrundlos empfangenen Gegenleistungen (Anlage- und Umlaufvermögen, soweit dieses nicht mehr Zug um Zug herausgegeben werden kann, sowie Nutzungs­mög­lich­keiten). Insoweit fehlt es bislang an einem Vortrag des Klägers. Da er – wie auch die Instanzgerichte – die hier maßgebenden rechtlichen Gesichtspunkte nicht erkannt hatte, ist ihm gemäß § 139 Abs. 2 ZPO Gelegenheit zu geben, die erforderlichen Darlegungen nachzuholen. Auf Grundlage dieser Darlegungen wird das Berufungs­gericht dann auch erneut zu prüfen haben, ob eine Haftung der beklagten Vorstands- und Aufsichts­rats­mit­glieder nach §§ 93, 111, 116 AktG eingreift. Der offene Einlageanspruch ist bisher nur hilfsweise Gegenstand der Klage.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 31/08 des BGH vom 18.02.2008

der Leitsatz

AktG §§ 52, 62, 93 Abs. 3 Nr. 1, 4, 116; BGB §§ 812, 818 "Rheinmöve"

a) Eine verdeckte gemischte Sacheinlage (vgl. BGH, Urt. v. 9. Juli 2007 - II ZR 62/06, "Lurgi", ZIP 2007, 1751; z.V.b. in BGHZ) liegt auch dann vor, wenn eine insolvente Gesellschaft sich zum Zweck ihrer "übertragenden Sanierung" an dem erhöhten Kapital einer Aktien­ge­sell­schaft als Auffang­ge­sell­schaft mit dem Ziel beteiligt, dass diese ihre Aktiva und Passiva übernimmt. Das gilt auch dann, wenn die Aktien­ge­sell­schaft ein Nachgrün­dungs­ver­fahren (§ 52 AktG) durchführt.

b) Das gemäß § 183 Abs. 2 Satz 1 AktG unwirksame Austausch­ge­schäft ist, soweit nicht dingliche Ansprüche eingreifen, nach Berei­che­rungsrecht (§§ 812, 818 BGB) unter Anwendung der Saldotheorie rückabzuwickeln. Die §§ 57, 62 AktG sind hier nicht anwendbar (vgl. BGH aaO). Unberührt bleibt der Anspruch der AG auf (erneute) Zahlung des Ausgabebetrages der Aktien (§ 183 Abs. 2 Satz 3 AktG).

c) Schuldhaft handelnde Verwal­tungs­mit­glieder der Auffang-AG haften ggf. gemäß §§ 93 Abs. 2, 116 AktG für eine etwaige Schadens­dif­ferenz zwischen den übernommenen Aktiva und den Passiva sowie gemäß § 93 Abs. 3 Nr. 4, § 116 AktG für die nicht wirksam erbrachte Einlage.

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