15.11.2024
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Bundesgerichtshof Urteil22.01.2014

Fluchtversuch von Peter Fechter: BGH zum Urheberrecht an Filmaufnahmen eines Fluchtversuchs aus der DDRLeistungs­schutz­recht umfasst das Recht zur Verwertung der Einzelbilder in Form eines Films

Der Bundes­ge­richtshof hat entschieden, dass das Leistungs­schutz­recht aus § 72 Abs. 1 UrhG an einzelnen Filmbildern das Recht zur Verwertung der Einzelbilder in Form des Films umfasst.

Dem Fall liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Der Kameramann Herbert Ernst hatte am 17. August 1962 das Sterben und den Abtransport des Peter Fechter, der bei seinem Fluchtversuch aus der damaligen DDR von Soldaten der Nationalen Volksarmee an der Ostberliner Seite der Berliner Mauer nahe des so genannten Checkpoint Charly angeschossen worden war, von der Westberliner Seite der Berliner Mauer aus gefilmt.

Aufnahme wurden von beklagter Rundfunkanstalt angeblich ohne Zustimmung gesendet

Die Kläger behaupten, Herbert Ernst habe ihnen die urheber­recht­lichen Nutzungsrechte an dieser Filmaufnahme eingeräumt; die beklagte Rundfunkanstalt habe diese Aufnahme ohne ihre Zustimmung unter anderem am 13. August 2010 in der Berliner Abendschau gesendet. Sie haben die Beklagte deshalb mit Schreiben vom 31. August 2010 abgemahnt und sodann Klage auf Unterlassung und Wertersatz erhoben.

Kammergericht: Ansprüche sind mangels zuvor geltend gemachter Ansprüche verwirkt

Das Landgericht Berlin hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Kläger ist ohne Erfolg geblieben. Das Berufungs­gericht hat angenommen, die von den Klägern geltend gemachten Ansprüche seien jedenfalls verwirkt, nachdem Herbert Ernst über 48 Jahre keine Ansprüche geltend gemacht habe, obwohl Filmaufnahmen vom Tod des Peter Fechter wiederholt gesendet worden seien.

Unter­las­sungs­an­spruch kann nicht wegen Verwirkung abgewiesen werden

Auf die Revision der Kläger hat der Bundes­ge­richtshof das Berufungsurteil teilweise aufgehoben und die Sache insoweit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungs­gericht zurückverwiesen. Der von den Klägern geltend gemachte Unter­las­sungs­an­spruch wegen Ausstrahlung des Films am 13. August 2010 kann - so der Bundes­ge­richtshof - nicht wegen Verwirkung abgewiesen werden. Dem steht entgegen, dass mit einer Verwirkung von Ansprüchen wegen begangener Rechts­ver­let­zungen kein Freibrief für künftige Rechts­ver­let­zungen verbunden ist. Gegenüber dem Anspruch auf Feststellung der Werter­satz­pflicht für unberechtigte Nutzungen der Filmaufnahmen kann die Beklagte sich dagegen - so der Bundes­ge­richtshof weiter - zwar grundsätzlich mit Erfolg auf Verwirkung berufen; denn sie durfte im Blick auf die jahrzehntelange unbeanstandete Nutzung der Aufnahmen darauf vertrauen, nicht im Nachhinein auf Wertersatz in Anspruch genommen zu werden. Da die Verwirkung aber nicht zu einer Abkürzung der (kurzen) Verjäh­rungsfrist von drei Jahren führen darf, sind lediglich bis zum 31. Dezember 2007 entstandene Ansprüche verwirkt, deren Verjährung durch die Klageerhebung im Jahr 2011 nicht mehr gehemmt werden konnte.

Berufungs­gericht muss Inhaberschaft der urheber­recht­lichen Nutzungsrechte an gesendetem Film prüfen

Ansprüche der Kläger auf Unterlassung und auf Wertersatz wegen Nutzungen seit dem 1. Januar 2008 scheitern nach Ansicht des Bundes­ge­richtshofs auch nicht daran, dass die Filmaufnahme nicht als Filmwerk und die Filmein­zel­bilder nicht als Lichtbildwerke geschützt sind, weil es sich dabei lediglich um dokumentierende Aufnahmen und nicht um persönliche geistige Schöpfungen handelt. Denn an den einzelnen Filmbildern besteht jedenfalls ein Leistungs­schutzrecht aus § 72 Abs. 1 UrhG und dieses umfasst - wie der Bundes­ge­richtshof nunmehr entschieden hat - das Recht zur Verwertung der Einzelbilder in Form des Films. Das Berufungs­gericht wird nunmehr zu prüfen haben, ob die Kläger - wie sie behaupten - Inhaber der urheber­recht­lichen Nutzungsrechte an dem von der Beklagten gesendeten Film sind.

Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online

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