23.11.2024
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Dokument-Nr. 20604

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Bundesgerichtshof Urteil12.02.2015

Werbeslogan "So wichtig wie das tägliche Glas Milch!" ist nicht irreführendWerbung für Früchtequark stellt keine unzulässige gesund­heits­be­zogene Angabe dar

Der Bundes­ge­richtshof hat entschieden, dass der Werbeslogan "So wichtig wie das tägliche Glas Milch!" nicht irreführend ist und keine nach der Health-Claims-Verordnung unzulässige gesund­heits­be­zogene Angabe darstellt.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Beklagte stellt Milch­er­zeugnisse her und vertreibt einen Früchtequark mit der Bezeichnung "Monsterbacke". Auf der Verpackung verwendet sie den Slogan "So wichtig wie das tägliche Glas Milch!". Die Klägerin hält dies für einen Verstoß gegen die Health-Claims-Verordnung (Verordnung [EG] Nr. 1924/2006 über nährwert- und gesund­heits­be­zogene Angaben über Lebensmittel), weil der Werbeslogan nährwert- und gesund­heits­be­zogene Angaben über Lebensmittel enthalte. Im Übrigen sei der Slogan irreführend. Sie hat die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch genommen.

OLG bejaht irreführenden Charakter des Werbeslogans

Das Landgericht Stuttgart hat die Klage abgewiesen. Das Oberlan­des­gericht Stuttgart hat die Beklagte zur Unterlassung verurteilt. Es hat angenommen, der Slogan sei irreführend, weil der Verkehr nicht erwarte, dass das Produkt der Beklagten einen wesentlich höheren Zuckergehalt als Milch aufweise.

BGH setzt verfahren aus und erbittet Vorab­ent­scheidung des EuGH

Der Bundes­ge­richtshof hatte das Verfahren mit Beschluss vom 5. Dezember 2012 ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union die Frage zur Vorab­ent­scheidung vorgelegt, ob die Infor­ma­ti­o­ns­pflichten nach Art. 10 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 bereits im Jahre 2010 zu beachten waren. Der Gerichtshof hat diese Frage bejaht.

Beanstandete Werbung ist nicht irreführend

Der Bundes­ge­richtshof hat nunmehr das die Klage abweisende Urteil erster Instanz im Wesentlichen wieder­her­ge­stellt und die Sache allein zur Verhandlung und Entscheidung über die von der Klägerin im Hinblick auf eine Verletzung der in Art. 10 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 vorgesehenen Infor­ma­ti­o­ns­pflichten an das Oberlan­des­gericht zurückverwiesen. Er hat entschieden, dass die beanstandete Werbung der Beklagten nicht irreführend ist. Bei Früchtequark handelt es sich - so der Bundes­ge­richtshof - für den Verbraucher erkennbar um ein Produkt, das sich in seiner Zusammensetzung deutlich von Milch unterscheidet. Der in dem beanstandeten Slogan enthaltene Vergleich bezieht sich nicht auf den Zuckeranteil, der bei einem Früchtequark schon wegen des darin enthaltenen Fruchtzuckers naturgemäß höher ist als bei Milch. Ebenso wenig fasst der Verkehr den Slogan als eine nährwert­be­zogene Angabe im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Nr. 4 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 auf. Es handelt vielmehr um eine nach Art. 10 Abs. 3 zulässige gesund­heits­be­zogene Angabe im Sinne des Art. 2 Abs. 2 Nr. 5 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006. Der Slogan knüpft an die verbreitete Meinung an, Kinder und Jugendliche sollten im Hinblick auf die gesund­heits­för­dernde Wirkung täglich ein Glas Milch trinken.

In der wieder­er­öffneten Berufungs­instanz wird das Oberlan­des­gericht nunmehr Feststellungen dazu zu treffen haben, inwieweit die Beklagte Informationen im Sinne von Art. 10 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 hätte geben müssen.

Art. 2 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006

[...]

4."nährwert­be­zogene Angabe" jede Angabe, mit der erklärt, suggeriert oder auch nur mittelbar zum Ausdruck gebracht wird, dass ein Lebensmittel besondere positive Nährwer­t­ei­gen­schaften besitzt, und zwar aufgrund

a)der Energie (des Brennwerts), die es

i)liefert,

ii)in vermindertem oder erhöhtem Maße liefert oder

iii)nicht liefert, und/oder

b)der Nährstoffe oder anderen Substanzen, die es

i)enthält,

ii)in verminderter oder erhöhter Menge enthält oder

iii)nicht enthält;

5."gesund­heits­be­zogene Angabe" jede Angabe, mit der erklärt, suggeriert oder auch nur mittelbar zum Ausdruck gebracht wird, dass ein Zusammenhang zwischen einer Lebens­mit­tel­ka­tegorie, einem Lebensmittel oder einem seiner Bestandteile einerseits und der Gesundheit andererseits besteht;

[...]

Art. 10 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006

[...]

(2)Gesund­heits­be­zogene Angaben dürfen nur gemacht werden, wenn die Kennzeichnung oder, falls diese Kennzeichnung fehlt, die Aufmachung der Lebensmittel und die Lebens­mit­tel­werbung folgende Informationen tragen:

a)einen Hinweis auf die Bedeutung einer abwechs­lungs­reichen und ausgewogenen Ernährung und einer gesunden Lebensweise,

b)Informationen zur Menge des Lebensmittels und zum Verzehrmuster, die erforderlich sind, um die behauptete positive Wirkung zu erzielen,

c)gegebenenfalls einen Hinweis an Personen, die es vermeiden sollten, dieses Lebensmittel zu verzehren, und

d)einen geeigneten Warnhinweis bei Produkten, die bei übermäßigem Verzehr eine Gesund­heits­gefahr darstellen könnten.

(3)Verweise auf allgemeine, nicht spezifische Vorteile des Nährstoffs oder Lebensmittels für die Gesundheit im Allgemeinen oder das gesund­heits­be­zogene Wohlbefinden sind nur zulässig, wenn ihnen eine in einer der Listen nach Artikel 13 oder 14 enthaltene spezielle gesund­heits­be­zogene Angabe beigefügt ist.

[...]

Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online

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