18.10.2024
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Sie sehen die Silhouette einer Person, welche an einer Wand mit vielen kleinen Bildern vorbeigeht.
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Bundesgerichtshof Urteil01.12.1999

Verletzung des Rechts am eigenen Bild durch Nachstellen einer bekannten Filmszene aus "Der blaue Engel" - Verwendung von Name und Bild Marlene Dietrichs zu WerbezweckenBundes­ge­richtshof stärkt Schutz des Persön­lich­keits­rechts nach dem Tode - Auch die Erben können Schadenersatz fordern

Wer eine berühmte Szene der Film-, Fernseh- oder Fotogra­fie­ge­schichte ohne Genehmigung zu Werbezwecken nachstellt, muss damit rechnen, Schadensersatz leisten zu müssen. Das geht aus zwei Urteilen des Bundes­ge­richtshofs (siehe auch Paral­le­l­ent­scheidung I ZR 49/97) hervor. Dieser hat entschieden , dass gegenüber einer kommerziellen Verwertung der Persönlichkeit, insbesondere von Name und Bild, ein – über reine Abwehransprüche hinausgehender – Schutz in Gestalt von Schaden­s­er­satz­ansprüchen besteht, der nach dem Tode von den Erben wahrgenommen werden kann.

Es ging darum, ob die Tochter und Alleinerbin der Schauspielerin Marlene Dietrich wegen der kommerziellen Verwertung des Bildnisses und des Namens ihrer Mutter durch Dritte Schaden­s­er­satz­ansprüche geltend machen kann.

In der Vorinstanz vom Oberlan­des­gericht München entschieden, ging es um den "Blauen Engel", der heute als Umweltzeichen bekannt, zugleich aber der Titel eines berühmten Films mit Marlene Dietrich ist. Das beklagte Unternehmen hatte in einer Zeitungsanzeige mit der Schlagzeile "Vom Blauen Engel schwärmen, genügt uns nicht" für die Umwelt­ver­träg­lichkeit seiner Produkte geworben und dabei die Fotografie einer nachgestellten Szene aus dem Film "Der blaue Engel" verwendet, die im Original Marlene Dietrich zeigt und in dem Werbefoto mit einer ähnlich gekleideten Person nachgestellt ist.

Die Vorinstanz war der Ansicht, daß bei einer Verletzung postmortaler Persön­lich­keits­rechte zwar Unter­las­sungs­ansprüche, nicht aber Schaden­s­er­satz­ansprüche gegeben sein könnten. Eine Verletzung postmortaler Persön­lich­keits­rechte könne keine Schaden­s­er­satz­ansprüche auslösen, weil diese Rechte nur ideelle und nicht kommerzielle Interessen schützten.

Der Bundes­ge­richtshof hat entschieden, daß die Erben nicht zuletzt zur Durchsetzung des fortbestehenden Achtungs­an­spruchs des Verstorbenen Schaden­s­er­satz­ansprüche gegen Dritte geltend machen können, die ohne Einwilligung Namen und Bildnis des Verstorbenen vermarkten. Ausgangspunkt der Überlegung war dabei, daß im Falle der ungenehmigten Vermarktung zu Lebzeiten neben reinen Abwehr­ansprüchen auch Schaden­s­er­satz­ansprüche bestehen. Dies gilt auch für Prominente, die als Personen der Zeitgeschichte die Veröf­fent­lichung ihres Bildnisses für Werbezwecke nicht hinnehmen müssen. Schon nach der bisherigen Gesetzeslage besteht dieses Recht am eigenen Bild nach dem Tode in der Weise fort, daß das Bildnis des Verstorbenen bis zum Ablauf von zehn Jahren nicht ohne Einwilligung der Angehörigen veröffentlicht werden darf. Im Falle ungenehmigter Verwendung des Bildnisses können die Angehörigen Unterlassung verlangen. Zur Stärkung dieser Rechtsposition hat der Bundes­ge­richtshof jetzt einen Schaden­s­er­satz­an­spruch bejaht, der den - mit den Angehörigen nicht notwendig identischen - Erben zusteht. Wer ohne Einwilligung handele, dürfe nicht besser stehen als derjenige, der sich die Verwendung von Name und Bild des Verstorbenen für kommerzielle Zwecke vom wahrneh­mungs­be­rech­tigten Erben habe gestatten lassen. Dies sei vor allem auch deshalb erforderlich, weil ansonsten der durch die Leistungen des Verstorbenen geschaffene und in seinem Bild, seinem Namen oder seinen sonstigen Persön­lich­keits­merkmalen verkörperte Vermögenswert nach seinem Tode dem Zugriff eines jeden beliebigen Dritten preisgegeben werde anstatt ihn den Personen, die ihm zu Lebzeiten nahestanden, zukommen zu lassen. Unberührt bleibt davon die Ausein­an­der­setzung mit bekannten Persön­lich­keiten in den Medien, die selbst­ver­ständlich zulässig ist. So war auch in dem Berliner Fall unbestritten, daß die Erben von Marlene Dietrich es hinnehmen müssen, daß ihr Lebensbild zum Gegenstand eines Musicals gemacht worden war.

Die Beklagten haben nach Auffassung des Bundes­ge­richtshofs die vermögenswerten Bestandteile am eigenen Bild und Namen Marlene Dietrichs verletzt und sind daher der Erbin zum Schadensersatz verpflichtet.

Siehe nachfolgend auch die Entscheidung des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts vom 22.08.2006: Postmortales Persön­lich­keitsrecht schützt nicht nur ideelle sondern auch kommerzielle Interessen

Vorinstanzen:

OLG München, Urt. v. 06.06.1997

LG München I, Urt. v. 03.04.1996

Quelle: ra-online, BGH (pm)

der Leitsatz

§ 823 BGB, §§ 22, 23 KUG

In der Abbildung eines Doppelgängers, der einer berühmten Person täuschend ähnlich sieht, liegt ein Bildnis dieser Person. Das gleiche gilt, wenn der Eindruck, es handele sich um die berühmte Person, nicht aufgrund einer Ähnlichkeit der Gesichtszüge, sondern auf andere Weise (hier durch Nachstellen einer berühmten Szene mit Marlene Dietrich aus dem Film „Der blaue Engel“) erzeugt wird. Die Abbildung der nachgestellten Szene kann dann nur mit Einwilligung der berühmten Person und nach deren Tod in den folgenden zehn Jahren nur mit Einwilligung der Angehörigen zu Werbezwecken verwendet werden.

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