21.11.2024
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Dokument-Nr. 17425

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Urteil13.11.2013BundesgerichtshofI ZR 15/12
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • AnwBl 2014, 87Zeitschrift: Anwaltsblatt (AnwBl), Jahrgang: 2014, Seite: 87
  • BRAK-Mitt 2014, 35Zeitschrift: BRAK-Mitteilungen (BRAK-Mitt), Jahrgang: 2014, Seite: 35
  • DB 2013, 2855Zeitschrift: Der Betrieb (DB), Jahrgang: 2013, Seite: 2855
  • K&R 2014, 38Zeitschrift: Kommunikation & Recht (K&R), Jahrgang: 2014, Seite: 38
  • MDR 2014, 103Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2014, Seite: 103
  • NJW 2014, 554Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2014, Seite: 554
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Vorinstanzen:
  • Landgericht München I, Urteil08.02.2011, 1 HKO 18466/10
  • Oberlandesgericht München, Urteil12.01.2012, 6 U 813/11
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil13.11.2013

Keine unzulässige Werbung eines Rechtsanwalts bei Anschreiben eines potentiellen Mandanten in Kenntnis eines konkreten Beratungs­bedarfsAnschreiben darf weder belästigend, nötigend noch überrumpelnd sein

Ein Rechtsanwalt darf einen potentiellen Mandanten in Kenntnis eines konkreten Beratungs­bedarfs anschreiben und seine Dienste anbieten. Darin liegt kein Verstoß gegen das Werbeverbot des § 43 b BRAO. Das Anschreiben darf aber weder belästigend, nötigend noch überrumpelnd sein. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundes­ge­richtshofs hervor.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Kommanditisten einer in Insolvenz befindlichen Fonds­ge­sell­schaft wurden vom Insol­venz­ver­walter auf Rückzahlung der Ausschüttungen in Anspruch genommen. Ein Rechtsanwalt verschickte daraufhin im September 2010 an mehrere Kommanditisten der Fonds­ge­sell­schaft unaufgefordert und an den jeweiligen Empfänger persönlich adressiert ein Schreiben. In diesem Schreiben informierte der Rechtsanwalt über die Möglichkeit einer Verteidigung und bot seine Dienste an. Ein konkurrierender Rechtsanwalt hielt das Schreiben für eine unzulässige Werbung und klagte auf Unterlassung.

Landgericht wies Klage ab, Oberlan­des­gericht gab ihr statt

Während das Landgericht München I die Klage abwies, gab ihr das Oberlan­des­gericht München statt. Seiner Ansicht nach habe das Schreiben gegen das Werbeverbot des § 43 b BRAO verstoßen. Denn der Beklagte habe potentielle Mandanten, bei denen ein konkreter Beratungsbedarf bestand, umworben. Dies sei unzulässig gewesen. Gegen die Entscheidung legte der Beklagte Revision ein.

BGH: Kein Verstoß gegen Werbeverbot

Der Bundes­ge­richtshof entschied zu Gunsten des Beklagten und hob das Berufungsurteil auf. Das Schreiben des Beklagten habe nicht gegen das Werbeverbot des § 43 b BRAO verstoßen. Nach dieser Vorschrift sei einem Rechtsanwalt zwar Werbung nur erlaubt, soweit sie über die berufliche Tätigkeit in Form und Inhalt sachlich informiert und nicht auf die Erteilung eines Auftrags im Einzelfall gerichtet ist. Die Regelung müsse jedoch im Hinblick auf die Richtlinie 2006/123/EG vom 12.12.2006 anhand des Maßstabs des Art. 24 der Richtlinie ausgelegt werden.

Richt­li­ni­en­konforme Auslegung des § 48 b BRAO

Eine richt­li­ni­en­konforme Auslegung des § 48 b BRAO habe ergeben, so der Bundes­ge­richtshof, dass ein Werbeverbot zum Schutz des potentiellen Mandanten vor einer Beein­träch­tigung seiner Entschei­dungs­freiheit durch Belästigung, Nötigung und Überrumpelung gerechtfertigt sein kann. Im Rahmen der erforderlichen Inter­es­se­n­ab­wägung sei neben der Beein­träch­tigung der Unabhängigkeit, der Würde oder der Integrität der Rechts­an­walt­schaft auch Art und Grad der Beein­träch­tigung der Entschei­dungs­freiheit des Verbrauchers durch Form, Inhalt oder das verwendete Mittel der Werbung zu berücksichtigen. Dies zugrunde gelegt, hielten die Bundesrichter das Anschreiben des Beklagten für zulässig. Es habe weder die Entschei­dungs­freiheit der Angeschriebenen beeinträchtigt, noch habe es belästigende oder bedrängende Elemente enthalten.

Anschreiben in Kenntnis des Beratungs­bedarfs nicht unzulässig

Nach Auffassung des Bundes­ge­richtshofs stelle zudem das Anschreiben eines potentiellen Mandanten auch in Kenntnis von dessen konkreten Beratungsbedarf keine unzulässige Werbung dar. Denn in dieser Situation bestehe gerade ein Interesse an einer bedarfs­ge­rechten sachlichen Werbung.

Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)

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