23.11.2024
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Bundesgerichtshof Urteil23.09.2015

Schokoladenbär von Lindt stellt keine unlautere Nachahmung der Goldbären von Haribo darLindt gewinnt im Streit mit Haribo um Verletzung der Marke Goldbären

Der Bundes­ge­richtshof hat entschieden, dass der Vertrieb einer in Goldfolie verpackten und mit einem roten Halsband versehenen Schoko­la­denfigur in Bärenform durch Lindt weder die Goldbären-Marken von Haribo verletzt noch eine unlautere Nachahmung ihrer Frucht­gum­mi­produkte darstellt.

Die Klägerin des zugrunde liegenden Streitfalls produziert und vertreibt Frucht­gum­mi­produkte. Zu den von ihr hergestellten Erzeugnissen gehören sogenannte "Gummibärchen", die sie mit "GOLDBÄREN" bezeichnet. Sie ist Inhaberin der für Zuckerwaren eingetragenen Wortmarken "Goldbären", "Goldbär" und "Gold-Teddy". Die Beklagten vertreiben Schoko­la­den­produkte. Dazu zählen der "Lindt Goldhase" sowie seit dem Jahr 2011 eine ebenfalls in Goldfolie verpackte Schoko­la­denfigur in Form eines sitzenden Bären mit roter Halsschleife, die sie selbst als "Lindt Teddy" bezeichnen.

Haribo hält Schoko­la­denbären für unlautere Nachahmung der Gummibärchen

Die Klägerin verlangt von den Beklagten Unterlassung des Vertriebs der in Goldfolie eingewickelten Schoko­la­den­figuren in Bärenform und macht Ansprüche auf Auskunft, Vernichtung und Schaden­s­er­satz­fest­stellung geltend. Sie ist der Auffassung, die angegriffenen Figuren verletzten ihre Marken und stellten eine unlautere Nachahmung ihrer Gummibärchen dar.

BGH verneint Verwechs­lungs­gefahr

In erster Instanz hatte die Klage Erfolg. Das Oberlan­des­gericht hat das erstin­sta­nzliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Der Bundes­ge­richtshof hat die Revision gegen das Berufungsurteil im Wesentlichen zurückgewiesen. Ansprüche der Klägerin wegen Verletzung ihrer Markenrechte nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 und 3 MarkenG* bestehen nicht. Zwar sind die Marken "Goldbär" und "Goldbären" der Klägerin in Deutschland bekannte Marken, und die sich gegen­über­ste­henden Waren der Parteien sind sehr ähnlich. Jedoch fehlt es für die Annahme einer Verwechslungsgefahr oder einer gedanklichen Verknüpfung an einer Ähnlichkeit der Marken der Klägerin mit den angegriffenen Produkt­ge­stal­tungen der Beklagten.

Für Vergleich der Produkte sind ausschließlich Wortmarke und Produktform entscheidend

Stehen sich - wie im Streitfall - eine Wortmarke und eine dreidi­men­sionale Produkt­ge­staltung gegenüber, so kann die Zeichen­ähn­lichkeit nicht aus einer Ähnlichkeit im Klang oder im Bild der Zeichen, sondern ausschließlich aus einer Ähnlichkeit im Bedeu­tungs­gehalt folgen. Zu vergleichen sind ausschließlich die Wortmarke und die beanstandete Produktform. In den Zeichen­ver­gleich ist dagegen nicht die Form der Produkte hier der Gummibärchen der Klägerin einzubeziehen, für die die Wortmarke benutzt wird. Eine Ähnlichkeit im Sinngehalt setzt voraus, dass die Wortmarke aus Sicht der angesprochenen Verbraucher die naheliegende, ungezwungene und erschöpfende Bezeichnung der dreidi­men­si­onalen Gestaltung ist. Hierbei sind an die Annahme der Zeichen­ähn­lichkeit grundsätzlich strenge Anforderungen zu stellen, weil ansonsten die Gefahr bestünde, dass über eine Zeichen­ähn­lichkeit im Sinngehalt einer Wortmarke mit einer dreidi­men­si­onalen Produktform eine weitgehende Monopolisierung von Waren­ge­stal­tungen erfolgt, wie sie mit einer Bildmarke oder einer dreidi­men­si­onalen Warenformmarke, mit der eine bestimmte Produktform festgelegt sein muss, nicht zu erreichen ist. Nicht ausreichend ist, dass die Wortmarke nur eine unter mehreren naheliegenden Bezeichnungen der Produktform ist.

Für Bezeichnung der Lindt-Produkte kommt nicht "Goldbären" oder "Goldbär" in Betracht

Im Streitfall besteht keine Zeichen­ähn­lichkeit im Bedeu­tungs­gehalt. Für die Bezeichnung der Lindt-Produkte kommen nicht nur die Angaben "Goldbären" oder "Goldbär" in Betracht. Ebenso naheliegend sind andere Bezeichnungen wie etwa "Teddy", "Schokoladen-Bär" oder "Schokoladen-Teddy". Hinsichtlich einer weiteren Bildmarke der Klägerin, die eine stehende Bärenfigur zeigt, fehlt es ebenfalls an einer hinreichenden Zeichen­ähn­lichkeit mit den in Goldfolie eingewickelten Schoko­la­den­figuren der Beklagten. Auf die Wortmarke "Gold-Teddy" kann sich die Klägerin nicht berufen, da die Geltendmachung dieser Marke eine wettbe­wer­bs­widrige Behinderung der Beklagten im Sinne des § 4 Nr. 10 UWG** darstellt. Die Klägerin hat diese Marke erst nach Kenntnis von der Vertrie­bs­absicht der Beklagten in das Markenregister eintragen lassen.

Schokoladenbär stellt keine Nachahmungen der Produkte von Haribo dar

Wettbe­wer­bs­rechtliche Ansprüche der Klägerin bestehen ebenfalls nicht. Es handelt sich bei den angegriffenen Produktformen nicht um Nachahmungen der Produkte der Klägerin im Sinne des § 4 Nr. 9 UWG**, weil eine ausreichende Ähnlichkeit zwischen den Gummibärchen der Klägerin und den Schoko­la­den­figuren der Beklagten nicht vorliegt.

*§ 14 Abs. 2 MarkenG

Dritten ist es untersagt, ohne Zustimmung des Inhabers der Marke im geschäftlichen Verkehr [...]

2. ein Zeichen zu benutzen, wenn wegen der Identität oder Ähnlichkeit des Zeichens mit der Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die Marke und das Zeichen erfassten Waren oder Dienst­leis­tungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, dass das Zeichen mit der Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird, oder

3. ein mit der Marke identisches Zeichen oder ein ähnliches Zeichen für Waren oder Dienst­leis­tungen zu benutzen, die nicht denen ähnlich sind, für die die Marke Schutz genießt, wenn es sich bei der Marke um eine im Inland bekannte Marke handelt und die Benutzung des Zeichens die Unter­schei­dungskraft oder die Wertschätzung der bekannten Marke ohne recht­fer­ti­genden Grund in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt.

** § 4 Nr. 9 und 10 UWG

Unlauter handelt insbesondere, wer [...]

9. Waren oder Dienst­leis­tungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienst­leis­tungen eines Mitbewerbers sind, wenn er

a) eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt,

b) die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt oder

c) die für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen unredlich erlangt hat;

10. Mitbewerber gezielt behindert; [...]

Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online

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