Bundesgerichtshof Beschluss04.12.2024
Abrechnungsbetrug beim Betrieb von Corona-Teststellen durch nicht durchgeführte oder unter falscher Identität abgerechnete TestsKassenärztliche Vereinigung zahlte 9.733.981,04 Euro
Der in Leipzig ansässige 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat über Revisionen der beiden Angeklagten gegen ein Urteil des Landgerichts Berlin wegen Abrechnungsbetruges beim Betrieb von Corona-Teststellen entschieden.
Mit der angefochtenen Entscheidung hat das Landgericht den Angeklagten C. am 27. März 2023 wegen Betrugs in 67 Fällen unter Einbeziehung der Strafe aus einer rechtskräftigen Vorverurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren und neun Monaten verurteilt. Gegen seine Schwester, die Angeklagte W., hat es wegen Beihilfe zum Betrug in 17 Fällen eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verhängt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat.
Fast alle Teststellen unter falschen Namen angemeldet
Nach den Feststellungen des Landgerichts betrieb der Angeklagte C. in Berlin mehrere Spätkaufgeschäfte und Gaststätten. Er ließ sich durch die Senatsverwaltung für Gesundheit für 18 Teststellen mit der Durchführung von Corona-Tests beauftragen, wobei er bis auf zwei alle Teststellen unter Falschpersonalien anmeldete. Zwischen Mai und Oktober 2021 rechnete er bei der Kassenärztlichen Vereinigung (KV Berlin) für alle 18 Teststellen in einer Vielzahl von Fällen Testleistungen ab, die nicht durchgeführt worden waren. So fanden an elf Standorten in Wahrheit überhaupt keine Corona-Tests statt, an den übrigen sieben Teststellen stets deutlich weniger als in den Abrechnungen angegeben. Aufgrund der Abrechnungen zahlte die KV Berlin insgesamt 9.733.981,04 Euro.
Schuldspruch ist frei von Rechtsfehlern
Die Revision des Angeklagten C. hatte nur begrenzten Erfolg; insbesondere erwies sich der gegen ihn ergangene Schuldspruch als frei von Rechtsfehlern. Einen Betrug beging der Angeklagte nach Bewertung des Bundesgerichtshofs nicht nur, soweit er in Wahrheit überhaupt nicht durchgeführte Tests abrechnete, sondern auch, soweit er tatsächlich erbrachte Leistungen unter einer Identitätstäuschung abrechnete, nachdem er die betreffenden Teststellen unter falschen Personalien hatte zertifizieren lassen. Für solche Tests stand ihm nach den Regelungen der Coronavirus-Testverordnung kein Erstattungsanspruch zu, so dass die Zahlungen in voller Höhe zu einem Schaden im Sinne des § 263 StGB führten.
Allerdings hat der Bundesgerichtshof für sechs der 67 abgeurteilten Betrugstaten die Einzelstrafen und in der Folge auch den Gesamtstrafenausspruch aufgehoben, da das Urteil des Landgerichts für sie widersprüchliche Angaben zur Schadenshöhe und damit zum Schuldumfang enthielt. Der Angeklagte hatte dort tatsächlich durchgeführte Tests in überhöhter Zahl, aber ohne Identitätstäuschung abgerechnet. Über diese Fälle, für die der Senat auf Revision der Staatsanwaltschaft auch den Schuldspruch aufgehoben hat, wird eine andere Strafkammer des Landgerichts erneut zu entscheiden haben.
Revision der angeklagten Schwester erfolgreich
Die Revision der Angeklagten W. führte - wie schon die Revision der Staatsanwaltschaft - zur vollständigen Aufhebung des Urteils, soweit es die W. betrifft. Nach den Feststellungen unterstützte sie ihren Bruder C. durch die Bereitstellung der Konten, auf die die KV Berlin einige ihrer Zahlungen überwies, durch die Veranlassung von Bargeldauszahlungen von diesen Konten sowie durch die Gestattung der Verwendung ihrer Personalien zum Betrieb von Teststellen. Die vom Landgericht bejahte Beihilfe zum Betrug wird durch die Feststellungen jedoch überwiegend schon objektiv nicht belegt; zudem fehlt es durchgehend an Feststellungen zum erforderlichen Gehilfenvorsatz. Über die gegen sie gerichtete Anklage muss daher ebenfalls erneut entschieden werden.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 12.02.2025
Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (pm/pt)