21.11.2024
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Dokument-Nr. 1537

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Urteil21.12.2005Bundesgerichtshof3 StR 470/04
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Bundesgerichtshof Urteil21.12.2005

Mannesmann-Prozess: Bundes­ge­richtshof hebt Freisprüche auf

Der Bundes­ge­richtshof hat die Freisprüche des Landgerichts Düsseldorf aufgehoben.

Das Landgericht Düsseldorf hat die Angeklagten Prof. Dr. Funk, Dr. Ackermann, Zwickel und L. vom Vorwurf der Untreue zum Nachteil der früheren Mannesmann AG sowie die Angeklagten Dr. Esser und Dr. D. vom Vorwurf der Beihilfe zur Untreue freigesprochen. Auf die Revision der Staats­an­walt­schaft hat der 3. Strafsenat des Bundes­ge­richtshofs die Freisprüche aufgehoben und das Verfahren an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. Es muss daher über die Anklagevorwürfe neu verhandelt und entschieden werden.

Nach den Feststellungen des Landgerichts beschlossen die Mitglieder des Aufsichts­rats­aus­schusses für Vorstand­s­an­ge­le­gen­heiten (Präsidium) der Mannesmann AG Prof. Dr. Funk, Dr. Ackermann und Zwickel kurz nach der vereinbarten Übernahme durch das britische Telekom­mu­ni­ka­ti­o­ns­un­ter­nehmen Vodafone, freiwillige Anerken­nungs­prämien auszuschütten, und zwar an den Vorstands­vor­sit­zenden Dr. Esser in Höhe von ca. 16 Mio. € und an vier weitere Vorstands­mit­glieder in der Gesamthöhe von über 5 Mio. €. Diese wurden im Hinblick auf ihre in der Vergangenheit erbrachten Leistungen bei der Steigerung des Aktien- und Unter­neh­mens­wertes zusätzlich zu den dienst­ver­trag­lichen Bezügen und Abfin­dungs­ansprüchen - beim Angeklagten Dr. Esser in Höhe von ca. 15 Mio. € - gezahlt. Weiterhin entschied das Präsidium unter Beteiligung der Angeklagten Dr. Ackermann und Zwickel, dem früheren Vorstands­vor­sit­zenden Prof. Dr. Funk ebenfalls eine freiwillige Sonderzahlung in Höhe von ca. 3 Mio. € zuzuwenden, wobei das Motiv allein der Wunsch des Begünstigten war, wie die aktiven Vorstands­mit­glieder eine Anerken­nungs­prämie zu erhalten. Außerdem beschloss das Präsidium mit den Angeklagten Dr. Ackermann, Zwickel und L. auf Vorschlag des Angeklagten Prof. Dr. Funk, die Ansprüche von 18 Pensionären auf Zahlung der sogenannten Alter­na­tiv­pension mit über 32 Mio. € abzufinden, obwohl sie erkannten, dass diese langfristig ihren wirtschaft­lichen Wert verlieren würde.

Zu den Anerken­nungs­prämien hat der Bundes­ge­richtshof ausgeführt, dass die Mitglieder des Aufsichtsrats (Präsidiums) die Pflicht haben, sich auch bei Entscheidungen über die Bezüge von Vorstands­mit­gliedern ausschließlich am Unter­neh­men­s­in­teresse zu orientieren. Diese Vermö­gens­be­treu­ungs­pflicht haben sie in der Übernah­me­si­tuation durch die Bewilligung der Sonderzahlungen im Sinne des Untreu­e­tat­be­standes verletzt, weil diese der Mannesmann AG keinen Vorteil brachten und die honorierten Leistungen bereits durch die dienst­ver­trag­lichen Vergütungen abgegolten waren. Keinen Bestand haben kann auch die Auffassung des Landgerichts, die Angeklagten Dr. Ackermann und Zwickel hätten sich bei der Bewilligung der an Prof. Dr. Funk gezahlten Anerken­nungs­prämie in einem unvermeidbaren Verbotsirrtum befunden. Denn die Rechts­wid­rigkeit einer willkürlichen Sonderzahlung in Millionenhöhe allein aufgrund des Wunsches des Begünstigten musste sich ihnen als offensichtlich aufdrängen.

Die Freisprüche hinsichtlich der Abgeltung der Pensi­ons­ansprüche wurden aufgehoben, weil die vom Landgericht getroffenen Feststellungen so lückenhaft sind, dass nicht überprüft werden kann, ob die Präsi­di­ums­mit­glieder die Grenzen des unter­neh­me­rischen Ermessens überschritten und deshalb die Mannesmann AG pflichtwidrig geschädigt haben.

Zum Thema "Mannesmann" vgl. auch OLG Düsseldorf, Urt. v. 27.04.2005: OLG Düsseldorf: Kein Schadensersatz für Dr. Esser - das Land NRW muss jedoch "Schmerzensgeld" zahlen

Siehe nachfolgend auch LG Düsseldorf, Beschl. v. 29.11.2006: "Mannesmann-Verfahren" gegen Millionen-Auflagen vorläufig eingestellt

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 179/05 des BGH vom 21.12.2005

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