18.10.2024
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Bundesfinanzhof Urteil14.01.2020

BFH verneint Berichtigung eines bestands­kräftigen Einkommen­steuer­bescheids bei fehlender Erfassung der vom Steuer­pflichtigen ordnungsgemäß erklärten EinkünfteFehler im Bereich der Sachverhalts­ermittlung schließt Vorliegen eines mechanischen Versehens aus

Der Steuer­pflichtige verdient 128.641 €, erklärt diese Einkünfte ordnungsgemäß seinem Finanzamt, muss aber im Ergebnis keine Einkommensteuer zahlen. Der Bundesfinanzhof hat mit Urteil vom 14.01.2020 (VIII R 4/17) entschieden, dass ein bestands­kräftiger Steuerbescheid nicht mehr nachträglich vom FA nach § 129 der Abgabenordnung (AO) berichtigt werden kann, wenn die fehlende Erfassung der vom Steuer­pflichtigen ordnungsgemäß erklärten Einkünfte trotz ergangener Prüf- und Risikohinweise im Rahmen eines Risiko­management­systems nicht auf einem bloßen "mechanischen Versehen" beruht.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Kläger hatte in seiner auf dem amtlichen Vordruck eingereichten Einkom­men­steu­e­r­er­klärung u.a. Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von 128.641 € erklärt. Beim Einscannen der Unterlagen im Veran­la­gungs­bezirk des FA wurde die Anlage S zur Einkom­men­steu­e­r­er­klärung versehentlich übersehen, so dass eine Erfassung der Einkünfte aus selbständiger Arbeit des Klägers unterblieb. Nach maschineller Überprüfung der eingescannten Daten durch ein Risiko­ma­na­ge­ment­system gingen im Veran­la­gungs­bezirk mehrere Prüf- und Risikohinweise ein, die u.a. auf Einkünfte "des Ehemanns/der Ehefrau von weniger als 4.200 €" hinwiesen und eine "personelle Prüfung" des als "risikobehaftet" eingestuften Falls vorsahen.

Finanzamt berichtigte Einkom­men­steu­er­be­scheid erst im Folgejahr

Die zuständige Sachbe­a­r­beiterin bearbeitete diese Prüf- und Risikohinweise, prüfte jedoch nicht, ob die Einkünfte aus selbständiger Arbeit des Klägers zutreffend im Einkom­men­steu­er­be­scheid übernommen worden waren. Erst im Folgejahr wurde der Fehler erkannt und der Einkom­men­steu­er­be­scheid nach § 129 Satz 1 AO berichtigt. Das Finanzgericht vertrat die Auffassung, dass das FA zur Berichtigung des Einkom­men­steu­er­be­scheids berechtigt gewesen sei. Der BFH folgte dem nicht und gab dem Steuer­pflichtigen recht.

Keine Berichtigung bei mangelhafter Sachver­halts­auf­klärung

§ 129 Satz 1 AO erlaubt nur die Berichtigung von Schreibfehlern, Rechenfehlern und ähnlichen offenbaren Unrichtigkeiten (sog. mechanische Versehen), die beim Erlass des Verwaltungsakts unterlaufen sind. § 129 AO ist dagegen nicht anwendbar, wenn dem Sachbearbeiter des FA ein Tatsachen- oder Rechtsirrtum unterlaufen ist oder er den Sachverhalt mangelhaft aufgeklärt hat.

Unterlassene Aufklärung schließt Vorliegen eines mechanischen Versehens aus

Im vorliegenden Fall beruhte der fehlerhafte Einkom­men­steu­er­be­scheid darauf, dass die zutreffende Höhe der im Bescheid angesetzten Einkünfte nicht aufgeklärt wurde, obwohl aufgrund der Risiko- und Prüfhinweise Zweifel an der Richtigkeit dieser Einkünfte bestanden und deshalb eine weitere Sachaufklärung geboten war. Das schließt das Vorliegen eines bloß mechanischen Versehens und damit die Anwendung der Berich­ti­gungsnorm des § 129 AO aus.

Quelle: Bundesfinanzhof, ra-online (pm/ab)

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