18.10.2024
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Bundesfinanzhof Beschluss06.08.2013

Besteuerung von Erträgen aus ausländischen "schwarzen" Fonds auf dem europa­recht­lichen PrüfstandBundesfinanzhof hält Beschränkung der Kapital­verkehrs­freiheit durch Pauschal­be­steuerung für nicht gerechtfertigt

Der Bundesfinanzhof hat mit Vorla­ge­be­schluss den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) angerufen, um klären zu lassen, ob die bis Ende 2003 geltende deutsche Regelung zur Besteuerung von Anlegern, die sich an ausländischen "schwarzen" Investmentfonds beteiligt haben, gegen die europarechtlich gewährleistete Kapital­verkehrs­freiheit verstieß. Die Kapital­verkehrs­freiheit gehört zu den europa­recht­lichen Grundfreiheiten. Sie gilt nicht nur innerhalb der Europäischen Union, sondern auch im Verhältnis zu Drittstaaten.

Erträge aus inländischen und ausländischen Investmentfonds wurden nach dem Ausland­sin­vest­ment­gesetz (AuslInvestmG) unterschiedlich besteuert. Wenn die Erträge aus inländischen Fonds nicht nachgewiesen wurden, waren (und sind sie auch heute) notfalls zu schätzen. Für ausländische Fonds schrieb das AuslInvestmG dagegen besondere Anzeige- und Bekannt­ma­chungs­pflichten vor. Außerdem hatten ausländische Fonds einen inländischen Vertreter zu bestellen. Waren diese Voraussetzungen nicht erfüllt, handelte es sich um "schwarze" Fonds. Für sie schrieb § 18 Abs. 3 AuslInvestmG eine fiktive pauschale Ertrags­er­mittlung vor, die regelmäßig zu höheren Erträgen führte als bei inländischen Fonds. Die tatsächliche Höhe der erzielten Erträge war für die Besteuerung ohne Bedeutung.

Finanzamt wendet Pauscha­l­re­gelung für "schwarze" Investmentfonds an

Im zugrunde Streitfall war der Kläger an "schwarzen" Investmentfonds mit Sitz auf den Kaimaninseln beteiligt. Das Finanzamt wandte die Pauscha­l­re­gelung nach § 18 Abs. 3 AuslInvestmG an und lehnte es ab, die vom Kläger im Einzelnen nachgewiesenen - deutlich niedrigeren - tatsächlichen Erträge der Besteuerung zugrunde zu legen.

BFH rügt Verstoß gegen Kapita­l­ver­kehrs­freiheit

Der Bundesfinanzhof sah in dieser Pauschalbesteuerung einen offen­sicht­lichen Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit, weil inländische Anleger durch die verschärfte Besteuerung solcher ausländischer Erträge davon abgehalten werden könnten, sich an ausländischen "schwarzen" Fonds zu beteiligen. Die Beschränkung der Kapita­l­ver­kehrs­freiheit sei nicht zu rechtfertigen. Beteiligungen an inländischen und ausländischen Fonds seien grundsätzlich objektiv vergleichbar. Auch sei der Nachweis von Erträgen aus ausländischen Fonds nicht von vornherein unmöglich. Das Gesetz nehme zu Unrecht keine Rücksicht darauf, ob mit dem jeweiligen Drittstaat ein Amtshil­fe­ab­kommen bestehe, das eine Nachprüfung der Erträge ermögliche. Jedenfalls sei die Pauschal­be­steuerung unver­hält­nismäßig, weil sie den Nachweis der tatsächlichen Erträge für die Besteuerung ausnahmslos ausschließe.

BFH erbittet Vorab­ent­scheidung des EuGH

Trotz des offen­sicht­lichen Verstoßes gegen die Kapita­l­ver­kehrs­freiheit hielt sich der Bundesfinanzhof für verpflichtet, den EuGH anzurufen. Aufgrund einer neueren Entscheidung des EuGH (vom 7. Juni 2012 C-39/11) sei zweifelhaft geworden, ob § 18 Abs. 3 AuslInvestmG überhaupt am Maßstab der Kapita­l­ver­kehrs­freiheit überprüft werden könne oder Bestandsschutz genieße. Diese Rechtsfrage sei europarechtlich ungeklärt, so dass sie dem EuGH zur Vorab­ent­scheidung vorgelegt werde.

EuGH muss ebenfalls über Nachfol­ge­re­gelung entscheiden

Obwohl es um ausgelaufenes Recht geht, hat das Verfahren Breitenwirkung, weil noch zahlreiche Streitfälle mit erheblichen finanziellen Auswirkungen offen sind. Auch die heute geltende Nachfol­ge­re­gelung (§ 6 des Invest­ment­steu­er­ge­setzes) ist Gegenstand eines Vorab­ent­schei­dungs­er­suchens beim EuGH (C-326/12).

Quelle: Bundesfinanzhof/ra-online

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