Dokument-Nr. 5522
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Bundesfinanzhof Urteil11.10.2007
Umsatzsteuerpflicht bei Verwaltung von Wertpapieren und Termingelder durch ein deutsches Kreditinstitut für ausländische AnlegerDeutsche Regelungen zum Leistungsort bei Bank- und Finanzumsätzen setzen europäische Gemeinschaftsrecht unzutreffend um
Der Bundesfinanzhof hatte u.a. über die Frage zu entscheiden, ob es sich bei der im eigenen Ermessen ausgeübten Verwaltung von Wertpapieren und Termingeldern durch ein deutsches Kreditinstitut für ausländische Anleger aus Luxemburg, Kuwait und Oman um Leistungen handelt, die in Deutschland der Umsatzbesteuerung unterliegen.
Dem Urteil zufolge setzt das deutsche Umsatzsteuerrecht mit den Regelungen zum Leistungsort bei Bank-, Finanz- und Versicherungsumsätzen (§ 3 a Abs. 4 Nr. 6 Buchst a Umsatzsteuergesetz - UStG -) das europäische Gemeinschaftsrecht (Art. 9 Abs. 2 der 6. EG-Richtlinie) nicht zutreffend um. Das Gemeinschaftsrecht regelt den Ort der Leistung für Bank-, Finanz- und Versicherungsumsätze umfassend und einheitlich: Maßgeblich ist, wo der Leistungsempfänger - hier der jeweilige Anleger - sein Unternehmen betreibt bzw. seinen Wohnsitz hat. Das deutsche Umsatzsteuerrecht kommt über eine Verweisung auf die Steuerbefreiungsvorschriften in § 4 Nr. 8 UStG nur für einen Teil der dort im Einzelnen definierten Bank-, Finanz- und Versicherungsumsätze zu diesem Ergebnis. Im Streitfall führte die mangelnde Umsetzung des Gemeinschaftsrechts im deutschen Umsatzsteuerrecht aber zu keinem abweichenden Ergebnis.
Der Bundesfinanzhof hat die Sache allerdings an das Finanzgericht zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen, weil noch aufzuklären war, in welchem Umfang ein Ausschluss des Abzugs für in Rechnung gestellte Umsatzsteuer (sog. Vorsteuer) bei der Klägerin in Betracht kommt. Vom Vorsteuerabzug ist u.a. ausgeschlossen die Steuer für Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung von Umsätzen im Ausland verwendet hat, die aber steuerfrei wären, wenn sie im Inland ausgeführt würden. Insoweit war zu differenzieren zwischen der Vermögensverwaltung für Anleger aus EU-Mitgliedstaaten (Vorsteuerabzug ausgeschlossen) und solchen aus Nicht EU-Ländern (Vorsteuerabzug möglich). Die Einzelheiten hierzu wird das Finanzgericht erneut prüfen müssen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 01.02.2008
Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 10/07 des BFH vom 30.01.2008
der Leitsatz
1. Die Regelung über den Leistungsort in § 3 a Abs. 4 UStG umfasst, anders als die gemeinschaftsrechtliche Regelung in Art. 9 Abs. 2 Buchst. e der Richtlinie 77/388/EWG, nicht alle Bank- und Finanzumsätze.
2. Die "bankmäßige Vermögensverwaltung" im Sinne einer Verwaltung von aus Wertpapieren und Termingeldern bestehenden Vermögen nach eigenem Ermessen wird entweder vom Begriff der Bank- und Finanzumsätze i.S. des Art. 9 Abs. 2 Buchst. e fünfter Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG umfasst oder fällt als Leistung von Beratern u.a. unter die Regelung in Art. 9 Abs. 2 Buchst. e dritter Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG.
3. Die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG kommt nicht nur für Leistungen der Kapitalanlagegesellschaft selbst in Betracht, sondern bei richtlinienkonformer Auslegung auch für Leistungen eines außenstehenden Verwalters.
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