18.10.2024
18.10.2024  
Sie sehen ein Formular für die Steuererklärung.
ergänzende Informationen

Bundesfinanzhof Urteil11.11.2014

Arbeitszimmer eines Pensionärs im Keller kann steuerlich geltend gemacht werdenRentner kann Aufwendungen für häusliches Arbeitszimmer im Keller bei Einkünften aus selbstständiger Tätigkeit abziehen

Der Bundesfinanzhof hatte sich mit der Frage zu befassen, ob Aufwendungen für ein im Keller belegenes häusliches Arbeitszimmer in voller Höhe als Betrie­bs­ausgaben bei Einkünften aus selbständiger Tätigkeit abzuziehen sind, wenn der Kläger neben Einkünften aus dieser Tätigkeit Versor­gungs­bezüge als Pensionär bezieht; weiter war streitig, wie der Flächen­sch­lüssel für die auf das Arbeitszimmer entfallenden Gebäudekosten zu berechnen ist.

Der Kläger des zugrunde liegenden Verfahrens hatte nach seiner Pensionierung eine selbständige Tätigkeit als Gutachter aufgenommen. Neben seinen Versor­gungs­bezügen sowie den Einkünften aus selbständiger Tätigkeit erzielte er noch geringfügige weitere Einkünfte aus der Vermietung einer Eigen­tums­wohnung sowie aus Kapitalvermögen. Für seine Gutach­ter­tä­tigkeit nutzte er ein Arbeitszimmer im Keller seines privaten Einfa­mi­li­en­hauses. Das Arbeitszimmer verfügte über zwei Fenster, die zur besseren Tages­lichtaus­nutzung ausgekoffert und mit Lichtschächten versehen waren. Der mit Büromöbeln ausgestattete Raum war an das Heizungssystem des Hauses angeschlossen und mit für Wohnräume üblichen Boden- und Wandbelägen versehen.

Finanzamt verneint Arbeitszimmer als Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit

Der Kläger machte bei der Ermittlung seiner Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit nach einer Gegen­über­stellung der Fläche des Arbeitszimmers zur Wohnfläche des Erdgeschosses zuzüglich des Arbeitszimmers 16,51 % der gesamten Gebäudekosten als auf das Arbeitszimmer entfallende Betriebsausgaben geltend. Das Finanzamt erkannte die Aufwendungen nur in Höhe von 1.250 Euro an, da das Arbeitszimmer nicht den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit des Klägers gebildet habe. Das Finanzgericht ließ dagegen Aufwendungen in Höhe von 2.242,89 Euro zum Abzug zu. Dabei ging es davon aus, dass das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit des Klägers darstelle, aber lediglich 10,98 % der gesamten Gebäudekosten abzugsfähig seien. Neben der Wohnfläche des Erdgeschosses sei auch die gesamte Kellerfläche - nicht nur die Fläche des Arbeitszimmers selbst - bei der Ermittlung des Kostenanteils des Arbeitszimmers zu berücksichtigen.

Aufwendungen für häusliches Arbeitszimmer grundsätzlich nicht als Betrie­bs­ausgaben abziehbar

Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer können im Grundsatz nicht als Betrie­bs­ausgaben abgezogen werden. Dies besagt § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 1 des Einkom­men­steu­er­ge­setzes. Eine Ausnahme gilt nach Satz 2 dieser Vorschrift, wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht; in diesem Fall ist der Abzug allerdings auf 1.250 Euro begrenzt. Diese Beschränkung der Abzugshöhe gilt wiederum dann nach Satz 3 der Vorschrift nicht, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit bildet.

BFH bejaht "Keller-Arbeitszimmer" als Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit

Die letztgenannte Regelung war im Streitfall anzuwenden. Der Bundesfinanzhof ist damit der Vorinstanz gefolgt, die auch einen Kellerraum, soweit er - wie im Urteilsfall - in die häusliche Sphäre eingebunden ist, als häusliches Arbeitszimmer anerkannt hat. Weiter ist der Bundesfinanzhof dem Finanzgericht darin gefolgt, dass das "Keller-Arbeitszimmer" den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit des Klägers gebildet hat. Dabei hat der Bundesfinanzhof die Versor­gungs­bezüge des Klägers nicht in die vorzunehmende Gesamt­be­trachtung der einzelnen betrieblichen und beruflichen Tätigkeiten einbezogen. Denn es sind nur solche Einkünfte zu berücksichtigen, die grundsätzlich ein Tätigwerden des Steuer­pflichtigen im Veran­la­gungs­zeitraum erfordern; das ist bei Versor­gungs­bezügen nicht der Fall. Den weiteren Einkünften des Klägers kam verglichen mit der Gutach­ter­tä­tigkeit kein nennenswertes qualitatives Gewicht zu, so dass auch diese im Urteilsfall außer Acht gelassen werden konnten.

Lage des Arbeitszimmers im Keller nicht zwingend von Bedeutung

Der Bundesfinanzhof ist dagegen der Vorinstanz bei der Ermittlung der Höhe der abziehbaren Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer nicht gefolgt. Die auf ein häusliches Arbeitszimmer anteilig entfallenden Betrie­bs­ausgaben sind nach dem Verhältnis der Fläche des Arbeitszimmers zu der Wohnfläche der Wohnung zu ermitteln. Was zur Wohnfläche der Wohnung gehört, war im Urteilsfall nach der Wohnflä­chen­ver­ordnung zu ermitteln. Nicht zur Wohnfläche gehören danach die Grundflächen von Zubehörräumen, insbesondere u.a. Kellerräumen. Dient ein Raum allerdings unmittelbar seiner Funktion nach dem Wohnen und ist er nach seiner baulichen Beschaffenheit (z.B. Vorhandensein von Fenstern), Lage (unmittelbare Verbindung zu den übrigen Wohnräumen) und Ausstattung (Wand- und Bodenbelag, Beheizbarkeit, Einrichtung) dem Standard eines Wohnraums und nicht dem eines Zubehörraums vergleichbar und zum dauernden Aufenthalt von Menschen tatsächlich geeignet und bestimmt, so ist die Lage im Keller nicht von Bedeutung. Die Gesamt­wohn­fläche, bestehend aus Erdgeschoss und "Keller-Arbeitszimmer" war damit ins Verhältnis zur Fläche des Arbeitszimmers selbst zu setzen; die übrigen Zubehörräume im Kellergeschoss durften nicht in die Berechnung einbezogen werden.

Quelle: Bundesfinanzhof/ra-online

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil20677

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI