15.11.2024
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Dokument-Nr. 10087

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Bundesfinanzhof Beschluss21.06.2010

Verjährung festgesetzter Steuern wird auch durch rechtswidrige Vollstre­ckungs­maß­nahmen unterbrochenVollstre­ckungs­maßnahme muss nur den Willen der Forde­rungs­durch­setzung erkennen lassen

Auch eine rechtswidrige Vollstre­ckungs­maßnahme des Finanzamts unterbricht die Zahlungs­ver­jährung. Es reiche aus, dass sich aus der Maßnahme die Entschlos­senheit zur Durchsetzung der Steuerforderung ergebe. So hat der Bundesfinanzhof entschieden.

Steuer­for­de­rungen verjähren binnen fünf Jahren, nachdem die Steuer festgesetzt worden ist. Diese sog. Zahlungs­ver­jährung wird jedoch unterbrochen, wenn das Finanzamt gegen den Zahlungs­pflichtigen Vollstre­ckungs­maß­nahmen erlässt. Die Fünf-Jahres-Frist beginnt also von neuem. Zu diesen gehört das Verlangen, ein Vermö­gens­ver­zeichnis vorzulegen und seine Vollständigkeit und Richtigkeit an Eides statt zu versichern. Grundsätzlich darf das nicht vor Ablauf von drei Jahren wiederholt werden, es sei denn, es ist z. B. anzunehmen, der Schuldner habe Vermögen hinzuerworben.

Der Bundesfinanzhof musste nun entscheiden, ob die Unter­bre­chungs­wirkung eines solchen Verlangens auch dann eintritt, wenn dieses an sich gar nicht hätte ergehen dürfen (weil weder die Drei-Jahres-Frist abgelaufen noch neuer Vermögenserwerb anzunehmen war) und die betreffende Vollstre­ckungs­ver­fügung deshalb vom Finanzamt selbst wieder aufgehoben worden ist, als es ihre Rechts­wid­rigkeit erkannte.

Schuldner berufen sich auf Verjährung

Im hiesigen Streitfall hatte das Finanzamt übersehen, dass die Schuldner erst wenige Tage bzw. Wochen vor der erneuten Aufforderung zur Abgabe eines Vermö­gens­ver­zeich­nisses die vorgenannte eidesstattliche Versicherung abgegeben hatten. Als es von den Schuldnern darauf hingewiesen wurde, hatte es die Vorladung sogleich aufgehoben. Als später neue Vollstre­ckungs­maß­nahmen ergingen, beriefen sich die Schuldner darauf, dass die Steuer­for­de­rungen verjährt seien. Denn das Verlangen einer eidess­tatt­lichen Versicherung sei offensichtlich rechtswidrig, mithin nichtig gewesen und überdies vom Finanzamt als von Anfang an rechtswidrig aufgehoben worden. Es habe die Verjäh­rungsfrist also nicht unterbrochen, die deshalb inzwischen abgelaufen sei.

Steuerforderung nicht verjährt

Der Bundesfinanzhof hat die Revision der Kläger als unbegründet zurückgewiesen. Zum einen sei auch eine offensichtlich rechtswidrige behördliche Verfügung grundsätzlich nicht ohne Rechtswirkung (d. h. nicht nichtig). Auch wirke die Aufhebung einer solchen Verfügung nicht ohne weiteres in die Vergangenheit zurück. Eine einmal eingetretene Rechtswirkung wie die Unterbrechung der Zahlungs­ver­jährung lasse sie nicht ohne weiteres entfallen. Vor allem aber hätten auch rechtswidrige Vollstre­ckungs­maß­nahmen die Wirkung, die Zahlungs­ver­jährung zu unterbrechen, wenn sich aus ihnen die Entschlos­senheit des Finanzamts ergebe, seine Steuerforderung durchzusetzen. So wie die Geltendmachung des Anspruchs durch eine schlichte Erklärung die Verjährung unterbreche, habe diese Wirkung auch ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der ja lediglich eine solche Geltendmachung darstelle, möge er auch im Übrigen den gesetzlichen Anforderungen an eine bestimmte Vollstre­ckungs­maßnahme (z. B. Aufforderung zur eidess­tatt­lichen Versicherung) nicht entsprechen.

Quelle: Bundesfinanzhof / ra-online

der Leitsatz

1. Ein Verlangen des FA, ein Vermö­gens­ver­zeichnis vorzulegen und dessen Richtigkeit an Eides statt zu versichern, ist nicht allein deshalb nichtig, weil die Schonfrist des § 284 Abs. 4 Satz 1 AO nicht gewahrt worden ist, ohne dass dafür ein recht­fer­ti­gender Grund vorliegt.

2. Wird das Verlangen vom FA aus diesem Grunde zurückgenommen, entfällt die verjäh­rungs­un­ter­bre­chende Wirkung des Verlangens dadurch grundsätzlich nicht.

3. Eine von der Behörde dem Zahlungs­pflichtigen bekannt gegebene Maßnahme, aus der sich der Wille der Behörde ergibt, an ihrer Steuerforderung festzuhalten und diese durchzusetzen, unterbricht die Zahlungs­ver­jährung auch dann, wenn es sich bei dieser Maßnahme um einen Verwaltungsakt handelt, der rechtswidrig oder nichtig oder rückwirkend aufgehoben worden ist.

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