18.10.2024
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Bundesfinanzhof Beschluss20.07.2006

BFH zu den An- und Abreisekosten einer teils beruflich, teils privat veranlassten ReiseKönnen gemischt veranlasste Aufwendungen aufgeteilt werden? Frage wird dem Großen Senat des BFH vorgelegt

Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundes­fi­nanzhofs können Aufwendungen, die nur zum Teil beruflich oder betrieblich veranlasst sind, grundsätzlich insgesamt nicht als Werbungskosten oder Betrie­bs­ausgaben abgezogen werden. Dieses sogenannte Aufteilungs- und Abzugsverbot hat der Bundesfinanzhof aus § 12 Nr. 1 des Einkom­men­steu­er­ge­setzes entnommen.

Das Gericht möchte nun an dieser strikten Beurteilung nicht mehr festhalten und befürwortet eine Aufteilung gemischt veranlasster Aufwendungen, wenn hierfür ein objektiver Maßstab zur Verfügung steht. Er hat deshalb den Großen Senat des Bundes­fi­nanzhofs angerufen und ihm die Frage zur Entscheidung vorgelegt, ob Aufwendungen für die Hin- und Rückreise bei gemischt veranlassten Reisen in Werbungskosten und nicht abziehbare Aufwendungen für die private Lebensführung aufgeteilt werden können.

In dem zugrun­de­lie­genden Streitfall besuchte der Kläger, der als EDV-Controller angestellt war, eine führende Computer-Messe in den USA. An vier Tagen des insgesamt sieben-tägigen USA-Aufenthalts nahm der Kläger an verschiedenen beruflichen Fachver­an­stal­tungen teil. Drei Tage standen ihm für private Aktivitäten zur Verfügung. Der Kläger machte die Aufwendungen für die USA-Reise als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nicht­selb­ständiger Arbeit geltend. Das Finanzamt erkannte zunächst nur die Tagungsgebühren an. Die Klage hatte insoweit Erfolg, als das Finanzgericht auch die Aufwendungen für vier Übernachtungen und entsprechende Verpfle­gungs­mehr­auf­wen­dungen berücksichtigte. Die Kosten des Hin- und Rückflugs teilte das Finanzgericht auf und erkannte sie zu 4/7 als Werbungskosten an. Hiergegen wandte sich das Finanzamt mit seiner Revision.

Der zuständige VI. Senat des Bundes­fi­nanzhofs ist der Auffassung, dass das Finanzgericht die Aufwendungen für die Hin- und Rückreise zu Recht aufgeteilt und teilweise als Werbungskosten berücksichtigt hat. Nach dem aus Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes abzuleitenden Prinzip der Besteuerung nach der finanziellen Leistungs­fä­higkeit seien grundsätzlich alle beruflich veranlassten Aufwendungen Werbungskosten. Folglich handele es sich auch bei den Flugkosten insoweit um Werbungskosten, als die USA-Reise beruflich veranlasst sei. Das von der Rechtsprechung des Bundes­fi­nanzhofs geschaffene Aufteilungs- und Abzugsverbot für gemischt beruflich und privat veranlasste Aufwendungen stehe dem nicht entgegen. Denn das Aufteilungs- und Abzugsverbot sei nicht anzuwenden, wenn sich der dem Beruf dienende Teil der Aufwendungen nach objektiven Maßstäben von dem privat veranlassten Teil abgrenzen lasse. Dies sei hier der Fall, da für die Aufteilung der gemischt veranlassten Reisekosten das Verhältnis der beruflich und privat veranlassten Zeitanteile der Reise herangezogen werden könne.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 43/06 des BFH vom 13.09.2006

der Leitsatz

EStG § 9 Abs. 1 Satz 1, § 12 Nr. 1 Satz 2

Dem Großen Senat wird folgende Rechtsfrage zur Entscheidung vorgelegt:

Können Aufwendungen für die Hin- und Rückreise bei gemischt beruflich (betrieblich) und privat veranlassten Reisen in abziehbare Werbungskosten (Betrie­bs­ausgaben) und nicht abziehbare Aufwendungen für die private Lebensführung nach Maßgabe der beruflich (betrieblich) und privat veranlassten Zeitanteile der Reise aufgeteilt werden, wenn die beruflich (betrieblich) veranlassten Zeitanteile feststehen und nicht von untergeordneter Bedeutung sind?

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