21.11.2024
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Bundesfinanzhof Beschluss21.09.2009

Aufteilung von Aufwendungen für teils beruflich, teils privat veranlasste Reisen erweitertBFH ändert Rechtsprechung zur Beurteilung gemischt veranlasster Aufwendungen

Die Rechtsprechung zur Beurteilung gemischt (beruflich und privat) veranlasster Aufwendungen wurde geändert. Nunmehr sind Aufwendungen für gemischt veranlasste Reisen in größerem Umfang als bisher zum Abzug als Betrie­bs­ausgaben oder Werbungskosten zugelassen. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundes­fi­nanzhofs hervor.

Im Streitfall hatte der Kläger, der im Bereich der Infor­ma­ti­o­ns­tech­nologie beschäftigt und anschließend als "EDV-Controller" tätig war, eine Computer-Messe in Las Vegas besucht. Finanzamt und Finanzgericht waren der Auffassung, von den sieben Tagen des USA-Aufenthalts seien nur vier Tage einem eindeutigen beruflichen Anlass zuzuordnen. Deshalb seien nur die Kongress­ge­bühren, Kosten für vier Übernachtungen und Verpfle­gungs­mehr­auf­wen­dungen für fünf Tage zu berücksichtigen. Das Finanzgericht erkannte darüber hinaus auch die Kosten des Hin- und Rückflugs zu 4/7 als Werbungskosten an. Dagegen wandte sich das Finanzamt mit der Revision und machte geltend, die Aufteilung der Flugkosten weiche von der ständigen Rechtsprechung des Bundes­fi­nanzhofs ab.

Frage dem Großen Senat des BFH vorgelegt

Der für diese Revision zuständige VI. Senat des Bundes­fi­nanzhofs rief den Großen Senat des Bundes­fi­nanzhofs an mit dem Ziel, das angefochtene Urteil des Finanzgerichts hinsichtlich der Aufteilung der Flugkosten zu bestätigen (vgl. Bundesfinanzhof, Beschluss v. 20.07.2006 - VI R 94/01 -).

Gemischt veranlasste Reisen können grundsätzlich aufgeteilt werden

Der Große Senat ist der Auffassung des vorlegenden Senats gefolgt: Aufwendungen für die Hin- und Rückreise bei gemischt beruflich (betrieblich) und privat veranlassten Reisen können grundsätzlich in abziehbare Werbungskosten oder Betrie­bs­ausgaben und nicht abziehbare Aufwendungen für die private Lebensführung nach Maßgabe der beruflich und privat veranlassten Zeitanteile der Reise aufgeteilt werden, wenn die beruflich veranlassten Zeitanteile fest stehen und nicht von untergeordneter Bedeutung sind. Das unter­schiedliche Gewicht der verschiedenen Veran­las­sungs­beiträge kann es jedoch im Einzelfall erfordern, einen anderen Auftei­lungs­maßstab heranzuziehen oder ganz von einer Aufteilung abzusehen.

Aufteilung bei Fehlen objek­ti­vierbarer Kriterien jedoch nicht möglich

Ein Abzug der Aufwendungen kommt nach der Entscheidung des Großen Senats nur dann insgesamt nicht in Betracht, wenn die - für sich gesehen jeweils nicht unbedeutenden - beruflichen und privaten Veran­las­sungs­beiträge (z. B. bei einer beruflich/privaten Doppel­mo­ti­vation für eine Reise) so inein­an­der­greifen, dass eine Trennung nicht möglich ist, wenn es also an objek­ti­vierbaren Kriterien für eine Aufteilung fehlt.

Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung

Damit hat der Große Senat die bisherige Rechtsprechung aufgegeben, die der Vorschrift des § 12 Nr. 1 Satz 2 des Einkom­men­steu­er­ge­setzes ein allgemeines Aufteilungs- und Abzugsverbot für gemischt veranlasste Aufwendungen entnommen hatte. Ein solches Aufteilungs- und Abzugsverbot, das die Rechtsprechung in der Vergangenheit ohnehin in zahlreichen Fällen durchbrochen hatte, lässt sich nach Auffassung des Großen Senats dem Gesetz nicht entnehmen. Dies kann Auswirkungen auch auf die Beurteilung anderer gemischt veranlasster Aufwendungen haben.

Unverzichtbare Aufwendungen für Lebensführung sind von Recht­spre­chung­s­än­derung nicht betroffen

Von der Änderung der Rechtsprechung sind allerdings solche unverzichtbaren Aufwendungen für die Lebensführung nicht betroffen, die durch die Vorschriften zur Berück­sich­tigung des steuerlichen Existenz­mi­nimums pauschal abgegolten oder als Sonderausgaben oder außer­ge­wöhnliche Belastungen abziehbar sind (z. B. Aufwendungen für bürgerliche Kleidung oder für eine Brille).

Quelle: ra-online, BFH

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