18.10.2024
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Bundesfinanzhof Urteil22.09.2010

BFH zur Besteuerung von Dienstwagen: Zuschlag für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte kommt nur nach tatsächlicher Benutzung zur Anwendung,03 Prozent-Zuschlags­re­gelung stellt lediglich Korrekturposten für abziehbare aber nicht entstandene Erwer­b­s­auf­wen­dungen dar

Wird der geldwerte Vorteil der privaten Nutzung eines Dienstwagens typisierend mit der 1 %-Regelung besteuert, so erhöht sich der so ermittelte Betrag um monatlich ,03 % des Listenpreises für jeden Entfer­nungs­ki­lometer zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, wenn das Fahrzeug auch dafür genutzt werden kann. Diese ,03 %-Zuschlags­re­gelung in § 8 Abs. 2 Satz 3 des Einkom­men­steu­er­ge­setzes (EStG) stellt jedoch nur einen Korrekturposten für abziehbare aber nicht entstandene Erwer­b­s­auf­wen­dungen dar und kommt daher nur dann und insoweit zur Anwendung, wie der Dienstwagen tatsächlich für solche Fahrten genutzt worden war. Dies entschied der Bundesfinanzhof und bestätigte damit seine Rechtsprechung vom April 2008.

In den Urteilen VI R 55/09 und VI R 57/09 hatten die Arbeitnehmer jeweils einen auch für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nutzbaren Dienstwagen vom Arbeitgeber zur Verfügung. Während allerdings das Finanzamt auf Grundlage von Nicht­an­wen­dungs­schreiben die Rechtsprechung des Bundes­fi­nanzhofs vom April 2008 nicht angewandt und stattdessen als Einnahmen jeweils monatlich ,03 % des Brutto­lis­tenpreis der Fahrzeuge für jeden Entfer­nungs­ki­lometer zwischen Wohnung und Arbeitsstätte angesetzt hatte, berücksichtigte der Bundesfinanzhof, wie schon die Vorinstanz, den Zuschlag nur nach der Anzahl der tatsächlich zwischen Wohnung und Arbeitsstätte durchgeführten Fahrten und gelangten so zu entsprechend geringeren Zuschlägen. Der Bundesfinanzhof teilte in seiner Entscheidung VI R 57/09 insbesondere nicht die Auffassung der Finanz­ver­waltung, dass diese Auslegung die Grenzen richterlicher Rechts­fort­bildung überschreite. Entscheidend dafür ist insbesondere, dass die 1 %-Regelung für Arbeitnehmer ohnehin nur in entsprechender Anwendung der für Gewinneinkünfte geltenden Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG gilt, es für diesen Bereich aber keine Zuschlags­re­gelung sondern nur eine Begrenzung des Betrie­bs­aus­ga­be­n­abzugs gibt. Dann aber entspricht es dem Gleich­be­hand­lungsgebot und dem Gebot der Folge­rich­tigkeit im Sinne der Rechtsprechung des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts, auch bei Arbeitnehmern der Zuschlags­re­gelung lediglich die Funktion beizumessen, den Werbungs­kos­te­nabzug zu begrenzen.

Zuschlags­re­gelung nicht formell verfas­sungs­widrig

Im Urteil VI R 57/09 entschied der Bundesfinanzhof weiter, dass diese Zuschlags­re­gelung auch nicht formell verfas­sungs­widrig sei, obwohl diese Regelung im Jahressteu­er­gesetz 1996 erst nach Anrufung des Vermitt­lungs­aus­schusses auf Grundlage der Beschluss­emp­feh­lungen dieses Gremiums zustande gekommen war und das dem Verfahren beigetretene Bundes­mi­nis­terium der Finanzen u. a. vorgebracht hatte, dass deshalb eine detaillierte Dokumentation des historischen gesetz­ge­be­rischen Willens dazu fehle.

Kläger hält ,03 %-Zuschlags­re­gelung bei Fahrten zwischen Dienstwohnung und Betriebsstätte für nicht anwendbar

Im Streitfall VI R 54/09 hatte der Arbeitnehmer eine ihm von seinem Arbeitgeber überlassene Dienstwohnung in B. Diese umfasste auch zwei vom Arbeitgeber ausgestattete und zur Erledigung dienstlicher Aufgaben dienende Räume. An rund 60 Tagen im Jahr suchte der Arbeitnehmer den 49 km entfernt gelegenen Sitz seines Arbeitgebers in C auf. Dazu stand ihm ein Dienstwagen samt Chauffeur zur Verfügung. Der Kläger machte mit Klage und Revision geltend, dass die Fahrten von B nach C keine Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte sondern solche zwischen zwei Betriebsstätten des Arbeitgebers seien, so dass dafür die ,03 %-Zuschlags­re­gelung überhaupt nicht anzuwenden sei.

BFH verneinte lohnsteu­er­rechtlich erheblichen Vorteil aus Fahrer­ge­stellung

Hier schloss sich der Bundesfinanzhof zwar nicht der Rechts­auf­fassung des Klägers an, dass die beruflich genutzten Räume in der Wohnung als Betriebsstätte des Arbeitgebers anzusehen seien. Er setzte allerdings auch hier die Zuschlags­re­gelung nur im Umfang der tatsächlich durchgeführten Fahrten an. Allerdings verneinte er für den Streitfall einen lohnsteu­er­rechtlich erheblichen Vorteil aus der Fahrer­ge­stellung, weil Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte grundsätzlich beruflich veranlasste Fahrten sind. Denn würde der Arbeitnehmer die Aufwendungen für den Chauffeur seinem Arbeitgeber erstatten, so könnte er diese Aufwendungen zugleich als Werbungskosten abziehen. Insoweit saldierten sich Einnahmen und Erwer­b­s­auf­wen­dungen. In den Streitjahren (1998 bis 2000) gab es noch keine mit § 9 Abs. 2 EStG vergleichbare Regelung, wonach die Entfer­nungs­pau­schale alle Aufwendungen abgilt, die durch Wege zwischen Wohnung und regelmäßige Arbeitsstätte veranlasst sind.

Quelle: Bundesfinanzhof/ra-online

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