Dokument-Nr. 18884
Permalink https://urteile.news/
- Verlängerung der Spekulationsfrist bei Grundstücksveräußerungsgeschäften teilweise verfassungswidrigBundesverfassungsgericht, Beschluss07.07.2010, 2 BvL 14/02, 2 BvL 2/04, 2 BvL 13/05
- 6 % Aussetzungszinsen bei mehrjährigem Zinslauf (noch) nicht verfassungswidrigFinanzgericht Hamburg, Urteil23.05.2013, 2 K 50/12
Bundesfinanzhof Urteil01.07.2014
Höhe des gesetzlichen Zinssatzes nicht verfassungswidrigGesetzlicher Zinssatz von ,5 % pro Monat für Zeiträume bis März 2011 nicht zu beanstanden
Der Bundesfinanzhof hält den gesetzlichen Zinssatz von ,5 % pro Monat (6 % pro Jahr) für Zeiträume bis März 2011 nicht für verfassungswidrig. Er hat deshalb davon abgesehen, dem Bundesverfassungsgericht die Regelung gemäß Art. 100 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) zur konkreten Normenkontrolle vorzulegen.
Die Kläger des zugrunde liegenden Streitfalls hatten im Jahre 2004 erwirkt, dass ihr Einkommensteuerbescheid für 2002 teilweise von der Vollziehung ausgesetzt wurde. Streitig war, ob der Gewinn aus der Veräußerung einer Eigentumswohnung teilweise steuerfrei war. Nachdem das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 7. Juli 2010 entschieden hatte, dass die Verlängerung der so genannten Spekulationsfrist von zwei auf zehn Jahre teilweise verfassungswidrig und nichtig sei, behandelte das Finanzamt nur noch einen Teil des Veräußerungsgewinns als steuerpflichtig und setzte die Einkommensteuer entsprechend niedriger fest. Die Aussetzung der Vollziehung wurde aufgehoben. Für den Zeitraum der Aussetzung der Vollziehung vom 11. November 2004 bis zum 21. März 2011 (76 Monate) setzte das Finanzamt entsprechend der gesetzlichen Regelung Zinsen in Höhe von 6.023 Euro fest. Die Kläger hielten dies für verfassungswidrig, hatten mit ihrer Auffassung aber vor dem Finanzgericht keinen Erfolg.
Gesetzgeber war zur Anpassung der Höhe des gesetzlichen Zinses an niedriges Marktzinsniveau für Geldanlagen verpflichtet
Der Bundesfinanzhof hat die Voraussetzungen für eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 Abs. 1 GG hinsichtlich der gesetzlich festgelegten Zinshöhe (,5 % pro Monat) verneint. Er war nicht davon überzeugt, dass der Gesetzgeber im Zeitraum bis zum März 2011 von Verfassungs wegen (schon) dazu verpflichtet gewesen sei, die Höhe des gesetzlichen Zinses an das niedrige Marktzinsniveau für Geldanlagen anzupassen. Zum einen sei der gesetzliche Zinssatz nicht nur mit den am Markt erzielbaren Anlagezinsen zu vergleichen (Verwendung von Kapital), sondern auch mit den für die Inanspruchnahme von Darlehen zu zahlenden Zinsen (Finanzierung von Steuernachzahlungen). Zum andern hätten sich erst nach dem Zeitraum, der im Streitfall zur Beurteilung stand, die Zinsen dauerhaft auf niedrigem Niveau stabilisiert. Deshalb bedurfte es noch keiner Entscheidung des Bundesfinanzhof, ob sich die wirtschaftlichen Verhältnisse in der Folgezeit so einschneidend geändert haben, dass die Grundlage der gesetzgeberischen Entscheidung durch neue, im Zeitpunkt des Gesetzeserlasses noch nicht abzusehende Entwicklungen entscheidend in Frage gestellt worden sind.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 24.09.2014
Quelle: Bundesfinanzhof/ra-online
Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.
Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil18884
Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.