18.10.2024
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Finanzgericht Hamburg Urteil23.05.2013

6 % Ausset­zungs­zinsen bei mehrjährigem Zinslauf (noch) nicht verfas­sungs­widrigZinsforderungen verstoßen jedenfalls für einen Zinslauf von 2004 bis 2011 nicht gegen die Verfassung

Das Finanzgericht Hamburg hat entschieden, dass die Vorschriften der Abgabenordnung, nach denen auf ausgesetzte Steuerbeträge Zinsen von jährlich 6 % zu zahlen sind, jedenfalls für einen Zinslauf von 2004 bis 2011 nicht gegen die Verfassung verstoßen.

Die Kläger des zugrunde liegenden Streitfalls hatten eine 1996 erworbene Eigen­tums­wohnung im Jahr 2002 wieder veräußert. Gegen die Berück­sich­tigung des Veräu­ße­rungs­gewinns als Einkünfte aus einem privaten Veräu­ße­rungs­ge­schäft legten sie Einspruch ein. Das Finanzamt gewährte ihnen antragsgemäß die Aussetzung der Vollziehung und ordnete im Oktober 2004 im Hinblick auf ein Vorla­ge­ver­fahren beim Bundes­ver­fas­sungs­gericht zur Verfas­sungs­mä­ßigkeit der rückwirkenden Verlängerung der Speku­la­ti­o­nsfrist das Ruhen des Einspruchs­ver­fahrens gemäß § 363 Abs. 2 AO an. Nach Ergehen der Entscheidung des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts im Juli 2010 hob das Finanzamt die gewährte Aussetzung der Vollziehung auf und setzte auf den ausgesetzten Steuerbetrag, soweit eine Abhilfe in der Sache nicht erfolgte, gemäß §§ 237, 238 AO Ausset­zungs­zinsen von 6 % per anno für den Zeitraum von mehr als sechs Jahren fest.

Kläger halten Zinsfestsetzung wegen überlanger Verfahrensdauer für verfas­sungs­rechts­widrig

Mit ihrer Klage machten die Kläger geltend, die konkrete Zinsfestsetzung sei wegen der überlangen Verfahrensdauer verfas­sungs­rechts­widrig. Die Vorschrift des § 237 AO müsse verfas­sungs­konform dahin ausgelegt werden, dass sie bei überlanger Verfahrensdauer nicht anzuwenden sei und schon gar nicht Zinsen in Höhe von 6 % per anno festgesetzt werden dürften.

FG: Typisierende Regelungen wie der Zinssatz bedürfen einer Korrektur

Dem ist das Finanzgericht Hamburgs nicht gefolgt. Die Vorschriften der Abgabenordnung, nach denen auf ausgesetzte Steuerbeträge Zinsen von jährlich 6 % zu zahlen sind, verstoße jedenfalls für einen Zinslauf von 2004 bis 2011 nicht gegen die Verfassung. Die bisherige Rechtsprechung – auch des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts – habe die Verzin­sungs­re­ge­lungen der Abgabenordnung bisher für verfas­sungsgemäß gehalten. Allerdings führt das Gericht aus, dass typisierende Regelungen, wie der Zinssätze, einer Korrektur bedürften, wenn sich die tatsächlichen Verhältnisse, die Grundlage einer zulässigen Typisierung gewesen seien, durchgreifend geändert haben. Ausdruck einer derartigen Änderung könnte vornehmlich das kontinuierlich gesunkene Zinsniveau sein. Da Zinssätze mit Rücksicht auf wirtschaftliche und politische Implikationen jedoch Schwankungen unterlägen, wie sie sich in der Vergangenheit stets abgebildet hätten, sei dem Gesetzgeber aber eine gewisse Beobach­tungszeit vor einer Anpassung des Zinssatzes zuzubilligen.

Quelle: Finanzgericht Hamburg/ra-online

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