Geklagt hatte ein Arbeitnehmer, der mit seiner ebenfalls als Angestellter arbeitenden Lebensgefährtin und ihrem gemeinsamen Kind in einem Haushalt zusammenlebte. Sein Jahresgehalt betrug brutto knapp 26.000 €, das der Lebensgefährtin nur knapp 13.000 €. Sie teilten sich ihre Lebenshaltungskosten wie Miete und Strom. Ihr Kind meldeten sie in einer Kindertagesstätte an. Die Lebensgefährtin unterschrieb den Betreuungsvertrag mit der Kindertagesstätte und bezahlte das Entgelt von 990 € von ihrem Konto. Diese Kosten machte später der Kindesvater steuerlich geltend.
Das zuständige Finanzamt lehnte es jedoch ab, dem Antrag des Vaters zu folgen und zwei Drittel dieser Aufwendungen als erwerbsbedingte Kinderbetreuungskosten des Vaters wie Werbungskosten gemäß §§ 4f, 9 Absatz 5 des Einkommenssteuergesetzes (EStG) zu berücksichtigen. Das Finanzamt begründete seinen ablehnenden Bescheid damit, dass die Kinderbetreuungskosten nicht vom Vater, sondern von der Mutter getragen worden seien. Hiergegen klagte der Vater vor dem Thüringer Finanzgericht.
Das Finanzgericht gab ihm in der 1. Instanz Recht. Da beide Elternteile in eheähnlicher Lebensgemeinschaft "aus einem Topf gewirtschaftet" hätten, sei der Kläger mit den Aufwendungen zur Kinderbetreuung wirtschaftlich belastet, obwohl diese vom Konto der Lebensgefährtin abgeflossen seien.
Das Finanzamt legte gegen das Urteil Revision vor dem Bundesfinanzhof ein. Dieser entschied schließlich zugunsten des Finanzamts und wies die Klage in letzter Instanz ab. Hierzu führte der Bundesfinanzhof aus, dass das EStG durch die Grundsätze des objektiven und des subjektiven Nettoprinzips sowie der Individualbesteuerung geprägt werde. Eine Zurechnung von Einnahmen und Ausgaben setze voraus, dass der Steuerpflichtige den entsprechenden Tatbestand des EStG selbst verwirklicht habe. Ausgaben, die Dritte geleistet haben (sog. Drittaufwand), können grundsätzlich nur beim Dritten berücksichtigt werden, nicht aber bei dem insoweit nicht steuerbelasteten Steuerpflichtigen.
Dem Wortlaut des § 4 f EStG seien keine Anhaltspunkte zu entnehmen, die eine Abweichung von diesen Grundsätzen rechtfertigen würde. Der Kläger habe das Entgelt für die Kinderbetreuung nicht unmittelbar selbst gezahlt. Das Geld sei vielmehr ausschließlich vom Konto der Lebensgefährtin überwiesen worden. Der Kläger habe seiner Lebensgefährtin die von ihr an die Kindertagesstätte geleisteten Zahlungen auch nicht nachträglich - freiwillig oder als Aufwendungsersatz infolge eines Auftragsverhältnisses oder einer Geschäftsführung ohne Auftrag - erstattet.
Soweit der Kläger und seine Lebensgefährtin "aus einem Topf" gewirtschaftet haben, erlaube dies nicht, ihm das gesamte Entgelt oder einen Teil des Entgeltes als eigenen Aufwand zuzurechnen. Denn die Einnahmen des Klägers und seiner Lebensgefährtin seien nicht auf ein gemeinschaftliches Konto geflossen, von dem sodann die anfallenden Ausgaben bezahlt worden seien. Vielmehr haben der Kläger und die Lebensgefährtin ihre Vermögenssphären getrennt gehalten.
Dem Kläger können die von der Lebensgefährtin gezahlten Beträge nicht teilweise als eigener Aufwand zugerechnet werden. Die Rechtsgrundsätze zum abgekürzten Zahlungs- oder Vertragsweg erlauben es zwar grundsätzlich, dem Steuerpflichtigen Kosten als eigenen Aufwand zuzurechnen, die ein Dritter in seinem Interesse trage. Diese Grundsätze seien vorliegend jedoch nicht anwendbar . Denn die Lebensgefährtin habe mit dem Abschluss des Betreuungsvertrages für ihr Kind eigene Interessen gewahrt, da die Kindertagesstätte sie von der ihr als Mutter obliegenden Personensorge entlastete und ihr die Erwerbstätigkeit ermöglichte.
Zwar habe die Unterbringung des Kindes in der Tagesstätte auch dem Kläger genützt, da er als Vater ebenfalls zur Betreuung verpflichtet gewesen sei. Eine Zurechnung setze aber voraus, dass die aufgrund des Vertrages zu erbringenden Leistungen eindeutig der Erwerbsphäre des Steuerpflichtigen und nicht des Dritten zuzuordnen seien oder dass sie wegen der Erwerbstätigkeit des Steuerpflichtigen und nicht des Dritten anfallen.
Ob die von einem Gemeinschaftskonto gezahlten Entgelte teilweise dem Kläger zuzurechnen wären, obwohl nur die Lebensgefährtin der Kindertagesstätte zivilrechtlich verpflichtet war, und nach welchem Maßstab dies zu geschähen hätte, ließ der Bundesfinanzhof ausdrücklich offen.
Auch wies das Gericht daraufhin, dass die Rechtsprechung die Anwendung der Grundsätze des abgekürzten Vertragsweges auf Dauerschuldverhältnisse bisher abgelehnt habe. Aus diesem Grund könnte eine Zurechnung bei Verträgen über die Betreuung von Kleinkindern in einer Tagesstätte ohnehin ausgeschlossen sein. Das Gericht ließ diese Frage aber offen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 18.04.2011
Quelle: ra-online, Bundesfinanzhof (vt/we)