21.11.2024
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Bundesfinanzhof Urteil21.10.2009

BFH: Hinzu­rech­nungs­be­steuerung verstößt gegen Gemein­schaftsrechtGerichtshof bezieht sich auf Rechtsprechung des EuGH und beanstandet Verstoß gegen Nieder­las­sungs­freiheit

Die Hinzu­rech­nungs­be­steuerung verstößt nach §§ 7 ff. des Außen­steu­er­ge­setzes (AStG) gegen Gemein­schaftsrecht. Von dieser Besteuerung sind im Inland ansässige Steuer­pflichtige betroffen, die sich in einem so genannten Niedrig­steu­erland als Gesellschafter an einer ausländischen Kapital­ge­sell­schaft beteiligen, welche als „Zwischen­ge­sell­schaft“ keine oder nur ‚passive' eigene Aktivität entwickelt und nicht ‚wirklich' am wirtschaft­lichen Geschäfts­verkehr teilnimmt. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundes­fi­nanzhofs hervor.

Für diesen Fall werden die Einkünfte der Gesellschaft den Einkünften der inländischen Gesellschafter hinzugerechnet. Wird der inländische Steuer­pflichtige nicht durch eine solche Kapital­be­tei­ligung, sondern statt dessen unter entsprechenden Umständen in dem Niedrig­steu­erland über eine Betriebsstätte tätig, wird ihm der Vorteil der Steuer­frei­stellung der Betrie­bs­s­tät­ten­ein­künfte aufgrund eines Abkommens zur Vermeidung der Doppel­be­steuerung versagt, und er muss die Betrie­bs­s­tät­ten­ein­künfte im Inland unter Anrechnung etwaiger Auslandssteuern versteuern.

Verstoß gegen die Nieder­las­sungs­freiheit

Der Bundesfinanzhof erkennt in der Hinzu­rech­nungs­be­steuerung und auch in der versagten Freistellung der Betrie­bs­s­tät­ten­ein­künfte einen Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit. Grund dafür ist die ständige Spruchpraxis des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH), wonach eine unter­schiedliche steuerliche Behandlung von Gebiet­sin­ländern und Gebiets­aus­ländern grundsätzlich zwar zulässig sein kann, um dadurch Gestal­tungs­miss­bräuchen entge­gen­zu­wirken. Werden nachteilige Steuerfolgen für Gebiets­aus­länder aber - wie bei der Hinzu­rech­nungs­be­steuerung - in typisierender, verall­ge­mei­nernder Weise geregelt, muss es dem betroffenen Steuer­pflichtigen möglich bleiben, den Gegennachweis dafür zu erbringen, dass in seinem Fall kein Gestal­tungs­miss­brauch gegeben ist. Fehlt es an einer solchen Möglichkeit („Motivtest“), steht der belastende Steuernachteil nur dann in Einklang mit Gemeinschaftsrecht, wenn der Gegennachweis nicht gelingt. Der Nachweis gelingt, wenn die Gesellschaft im Rahmen ihres Unter­neh­mens­zwecks über entsprechend qualifiziertes Personal und geeignete Geschäftsräume verfügt und ihre Einkünfte aus eigener Tätigkeit erzielt hat.

BFH-Urteil ist Schlus­s­ent­scheidung zur vorangegangenen EuGH-Entscheidung

Bei dem Urteil des Bundes­fi­nanzhofs handelt es sich um die Schlus­s­ent­scheidung zu dem vorangegangenen Urteil des EuGH vom 6. Dezember 2007 C-298/05 „Columbus Container Services“. Konkret ging es um eine belgische Komman­dit­ge­sell­schaft, an welcher in Deutschland ansässige Angehörige einer Familie beteiligt waren. Die Beteiligungen werden abkom­mens­rechtlich als ein Tätigwerden über ausländische Betriebsstätten angesehen. Da die Komman­dit­ge­sell­schaft sich nur „passiv“ mit Kapita­l­an­la­ge­funk­tionen im Rahmen einer Unter­neh­mens­gruppe betätigte, wurde ihren inländischen Gesellschaftern die Freistellung der in Belgien erwirt­schafteten Einkünfte versagt. Der Bundesfinanzhof hat das nicht akzeptiert; denn die Komman­dit­ge­sell­schaft hatte genügend wirtschaftliche Substanz und stellte keine ‚rein künstliche Gestaltung’ dar.

BFH äußert Zweifel an Neuregelung

Zwischen­zeitlich hat der Gesetzgeber für Veran­la­gungs­zeiträume ab 2008 in § 8 Abs. 2 AStG die Möglichkeit des Gegennachweises geschaffen. Er hat dabei aber Kapita­l­an­la­ge­ge­sell­schaften und auch die besondere Behandlung von Betrie­bs­s­tät­ten­ein­künften ausgespart. Es ist deswegen nach wie vor zweifelhaft, ob die Neuregelung gemein­schafts­recht­lichen Anforderungen genügt. Der Bundesfinanzhof bringt diese Zweifel auch zum Ausdruck.

Quelle: ra-online, BFH

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