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Bundesarbeitsgericht Urteil11.08.2015
Zirkusunternehmen muss Artistengruppe mit "Vertrag über freie Mitarbeit" nicht krankenversichern"Vertrag über freie Mitarbeit" sieht für Arbeitsverhältnisse kein charakteristisches Weisungsrecht vor
Vereinbart eine Artistengruppe mit einem Zirkusunternehmen in einem Vertrag über "freie Mitarbeit", im Rahmen einer Zirkusaufführung eine in einem Video dokumentierte Artistennummer darzubieten, liegt in der Regel kein Arbeitsverhältnis vor. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts hervor.
Die Beklagte des zugrunde liegenden Verfahrens betreibt einen Zirkus. Die Kläger, eine Artistengruppe, verpflichteten sich in einem von den Parteien sogenannten "Vertrag über freie Mitarbeit", im Rahmen der von der Beklagten veranstalteten Zirkusaufführungen eine von ihnen zuvor einstudierte "Hochseil- und Todesradnummer - gesehen wie auf dem Video bei Youtube" darzubieten. Ein Kläger verunglückte während der Premierenveranstaltung. Als die übrigen Kläger in der Folgezeit erfuhren, dass die Beklagte sie nicht zur Krankenversicherung angemeldet hatte, weigerten sie sich aufzutreten. Die Beklagte nahm dies zum Anlass, das Rechtsverhältnis u.a. fristlos zu kündigen.
ArbG verneint, LAG bejaht Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses
Während das Arbeitsgericht die Kündigungsschutzklage mit der Begründung abwies, dass kein Arbeitsverhältnis vorliege, gab das Landesarbeitsgericht der Klage statt. Es ging davon aus, dass die Beklagte die Kläger als Arbeitnehmer beschäftigt habe und deshalb verpflichtet gewesen sei, sie zur Krankenversicherung anzumelden.
BAG: Artistenleistung wurde nicht als Arbeit-, sondern als freie Dienstnehmer erbracht
Die Revision der Beklagten hatte vor dem Bundesarbeitsgericht Erfolg. Entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts erbrachten die Kläger ihre Artistenleistung nicht als Arbeit-, sondern als freie Dienstnehmer. Der "Vertrag über freie Mitarbeit" sieht ein für Arbeitsverhältnisse charakteristisches Weisungsrecht nicht vor. Tatsachen, die auf eine von dieser Vereinbarung abweichende Durchführung des Vertrages schließen lassen, hat das Landesarbeitsgericht nicht festgestellt.
Grad persönlicher Abhängigkeit entscheidend für Unterschied zwischen Arbeitsverhältnis und Rechtsverhältnis eines freien Dienstnehmers
Ein Arbeitsverhältnis unterscheidet sich von dem Rechtsverhältnis eines freien Dienstnehmers durch den Grad der persönlichen Abhängigkeit, in der sich der zur Dienstleistung Verpflichtete befindet. Arbeitnehmer ist, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist. Die Beantwortung der Frage, welche Art von Rechtsverhältnis vorliegt, erfordert eine Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls. Dem Landesarbeitsgericht kommt hierbei ein Beurteilungsspielraum zu. Das Revisionsgericht hat die Würdigung des Landesarbeitsgerichts nur daraufhin zu überprüfen, ob sie in sich widerspruchsfrei ist und nicht gegen Denkgesetze, Erfahrungssätze oder andere Rechtssätze verstößt.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 12.08.2015
Quelle: Bundesarbeitsgericht/ra-online
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