22.11.2024
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Bundesarbeitsgericht Urteil11.08.2015

Zirkus­un­ter­nehmen muss Artistengruppe mit "Vertrag über freie Mitarbeit" nicht kranken­ver­sichern"Vertrag über freie Mitarbeit" sieht für Arbeits­ver­hältnisse kein charak­te­ris­tisches Weisungsrecht vor

Vereinbart eine Artistengruppe mit einem Zirkus­un­ter­nehmen in einem Vertrag über "freie Mitarbeit", im Rahmen einer Zirkus­auf­führung eine in einem Video dokumentierte Artistennummer darzubieten, liegt in der Regel kein Arbeits­ver­hältnis vor. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundes­arbeits­gerichts hervor.

Die Beklagte des zugrunde liegenden Verfahrens betreibt einen Zirkus. Die Kläger, eine Artistengruppe, verpflichteten sich in einem von den Parteien sogenannten "Vertrag über freie Mitarbeit", im Rahmen der von der Beklagten veranstalteten Zirkus­auf­füh­rungen eine von ihnen zuvor einstudierte "Hochseil- und Todesradnummer - gesehen wie auf dem Video bei Youtube" darzubieten. Ein Kläger verunglückte während der Premie­ren­ver­an­staltung. Als die übrigen Kläger in der Folgezeit erfuhren, dass die Beklagte sie nicht zur Krankenversicherung angemeldet hatte, weigerten sie sich aufzutreten. Die Beklagte nahm dies zum Anlass, das Rechts­ver­hältnis u.a. fristlos zu kündigen.

ArbG verneint, LAG bejaht Vorliegen eines Arbeits­ver­hält­nisses

Während das Arbeitsgericht die Kündi­gungs­schutzklage mit der Begründung abwies, dass kein Arbeits­ver­hältnis vorliege, gab das Landes­a­r­beits­gericht der Klage statt. Es ging davon aus, dass die Beklagte die Kläger als Arbeitnehmer beschäftigt habe und deshalb verpflichtet gewesen sei, sie zur Kranken­ver­si­cherung anzumelden.

BAG: Artis­ten­leistung wurde nicht als Arbeit-, sondern als freie Dienstnehmer erbracht

Die Revision der Beklagten hatte vor dem Bundes­a­r­beits­gericht Erfolg. Entgegen der Ansicht des Landes­a­r­beits­ge­richts erbrachten die Kläger ihre Artis­ten­leistung nicht als Arbeit-, sondern als freie Dienstnehmer. Der "Vertrag über freie Mitarbeit" sieht ein für Arbeits­ver­hältnisse charak­te­ris­tisches Weisungsrecht nicht vor. Tatsachen, die auf eine von dieser Vereinbarung abweichende Durchführung des Vertrages schließen lassen, hat das Landes­a­r­beits­gericht nicht festgestellt.

Grad persönlicher Abhängigkeit entscheidend für Unterschied zwischen Arbeits­ver­hältnis und Rechts­ver­hältnis eines freien Dienstnehmers

Ein Arbeits­ver­hältnis unterscheidet sich von dem Rechts­ver­hältnis eines freien Dienstnehmers durch den Grad der persönlichen Abhängigkeit, in der sich der zur Dienstleistung Verpflichtete befindet. Arbeitnehmer ist, wer aufgrund eines privat­recht­lichen Vertrags im Dienste eines anderen zur Leistung weisungs­ge­bundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist. Die Beantwortung der Frage, welche Art von Rechts­ver­hältnis vorliegt, erfordert eine Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls. Dem Landes­a­r­beits­gericht kommt hierbei ein Beurtei­lungs­spielraum zu. Das Revisi­ons­gericht hat die Würdigung des Landes­a­r­beits­ge­richts nur daraufhin zu überprüfen, ob sie in sich wider­spruchsfrei ist und nicht gegen Denkgesetze, Erfahrungssätze oder andere Rechtssätze verstößt.

Quelle: Bundesarbeitsgericht/ra-online

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