03.12.2024
03.12.2024  
Sie sehen ein Justizia-Figur und im Hintergrund einen Mann am Telefon.
ergänzende Informationen

Bundesarbeitsgericht Urteil19.02.2019

Arbeitgeber muss rechtzeitig auf Verfall von Resturlaub hinweisenArbeitnehmer muss von Arbeitgeber klar und rechtzeitig über Urlaubsverfall informieren

Das Bundes­arbeits­gericht hat entschieden, dass der Anspruch eines Arbeitnehmers auf bezahlten Jahresurlaub in der Regel nur dann am Ende des Kalenderjahres erlischt, wenn der Arbeitgeber ihn zuvor über seinen konkreten Urlaubsanspruch und die Verfallfristen belehrt und der Arbeitnehmer den Urlaub dennoch aus freien Stücken nicht genommen hat.

Der Beklagte des zugrunde liegenden Streitfalls beschäftigte den Kläger vom 1. August 2001 bis zum 31. Dezember 2013 als Wissenschaftler. Nach der Beendigung des Arbeits­ver­hält­nisses verlangte der Kläger ohne Erfolg, den von ihm nicht genommenen Urlaub im Umfang von 51 Arbeitstagen aus den Jahren 2012 und 2013 mit einem Bruttobetrag in Höhe von 11.979,26 Euro abzugelten. Einen Antrag auf Gewährung dieses Urlaubs hatte er während des Arbeits­ver­hält­nisses nicht gestellt.

LAG: Kläger durfte Schadensersatz in Form von Ersatzurlaub verlangen

Die Vorinstanzen gaben der Klage statt. Das Landes­a­r­beits­gericht nahm an, dass der Urlaubsanspruch des Klägers zwar zum Jahresende verfallen sei. Der Kläger habe aber Schadensersatz in Form von Ersatzurlaub verlangen können, weil der Beklagte seiner Verpflichtung, ihm von sich aus rechtzeitig Urlaub zu gewähren, nicht nachgekommen sei. Mit der Beendigung des Arbeits­ver­hält­nisses sei der Ersat­z­ur­laubs­an­spruch abzugelten.

Bisherige Rechtsprechung sah Verfall des Urlaubs und nur in Ausnahmefällen Möglichkeit für Schadensersatz vor

Die Revision des Beklagten hatte vor dem Bundes­a­r­beits­gericht Erfolg und führte zur Zurück­ver­weisung der Sache an das Landes­a­r­beits­gericht. § 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG sehe vor, dass Urlaub, der bis zum Jahresende nicht gewährt und genommen wird, verfällt. Das galt nach bisheriger Rechtsprechung selbst für den Fall, dass der Arbeitnehmer den Arbeitgeber rechtzeitig, aber erfolglos aufgefordert hatte, ihm Urlaub zu gewähren. Allerdings konnte der Arbeitnehmer unter bestimmten Voraussetzungen Schadensersatz verlangen, der während des Arbeits­ver­hält­nisses auf Gewährung von Ersatzurlaub und nach dessen Beendigung auf Abgeltung der nicht genommenen Urlaubstage gerichtet war.

BAG setzt Rechtsprechung des EuGH um

Diese Rechtsprechung hat der Senat weiter­ent­wickelt und damit die Vorgaben des Gerichtshofs der Europäischen Union aufgrund der Vorab­ent­scheidung vom 6. November 2018 umgesetzt. Nach Maßgabe des § 7 Abs. 1 Satz 1 BUrlG sei es dem Arbeitgeber vorbehalten, die zeitliche Lage des Urlaubs unter Berück­sich­tigung der Urlaubswünsche des Arbeitnehmers festzulegen. Entgegen der Annahme des Landes­a­r­beits­ge­richts zwinge die Vorschrift den Arbeitgeber damit zwar nicht, dem Arbeitnehmer von sich aus Urlaub zu gewähren. Allerdings obliege ihm unter Beachtung von Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG (Arbeit­zei­trichtlinie) die Initiativlast für die Verwirklichung des Urlaubs­an­spruchs. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs sei der Arbeitgeber gehalten, konkret und in völliger Transparenz dafür zu sorgen, dass der Arbeitnehmer tatsächlich in der Lage ist, seinen bezahlten Jahresurlaub zu nehmen, indem er ihn - erfor­der­li­chenfalls förmlich - auffordert, dies zu tun, so das Bundes­a­r­beits­gericht. Der Arbeitgeber habe klar und rechtzeitig mitzuteilen, dass der Urlaub am Ende des Bezugszeitraums oder eines Übertra­gungs­zeitraums verfallen werde, wenn der Arbeitnehmer ihn nicht nehme.

LAG muss Verhalten des Arbeitgebers überprüfen

Bei einer richt­li­ni­en­kon­formen Auslegung des § 7 BUrlG, so der Bundes­ge­richtshof, könne der Verfall von Urlaub daher in der Regel nur eintreten, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zuvor konkret aufgefordert habe, den Urlaub zu nehmen, und ihn klar und rechtzeitig darauf hingewiesen habe, dass der Urlaub anderenfalls mit Ablauf des Urlaubsjahres oder Übertra­gungs­zeitraums erlösche. Das Landes­a­r­beits­gericht wird nach der Zurück­ver­weisung der Sache aufzuklären haben, ob der Beklagte seinen Obliegenheiten nachgekommen ist.

Quelle: Bundesarbeitsgericht/ra-online (pm)

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil27082

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI