21.11.2024
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Dokument-Nr. 30952

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Bundesarbeitsgericht Urteil14.10.2021

Entgel­t­um­wandlung nach Pfändungs- und Über­weisungs­beschluss als pfändbares Arbeits­ein­kommenBundes­arbeits­gericht gibt Revision statt

Eine zwischen einem der beiden Geschiedenen und seinem Arbeitgeber vereinbarte Entgel­t­um­wandlung zu zahlende Versi­che­rungs­prämie für eine Lebens­ver­si­cherung (Direkt­ver­si­cherung) gehört nicht zum pfändbaren Arbeits­ein­kommen nach einer Ehescheidung. Das hat das Bundes­arbeits­gericht entschieden.

Der Kläger ist der geschiedene Ehemann der Streit­ver­kündeten. Die Beklagte ist deren Arbeitgeberin. Im Rahmen der Scheidung des Klägers und der Streit­ver­kündeten war es zu einer Vereinbarung über die Aufteilung von Schulden aus einem laufenden Bauprozess gekommen. In diesem Zusammenhang wurde die Streit­ver­kündete im Wege eines famili­en­ge­richt­lichen Versäum­nis­be­schlusses zur Zahlung von 22.679,60 Euro nebst Zinsen an den Kläger verpflichtet. Aufgrund dieses Versäum­nis­be­schlusses erwirkte der Kläger einen Pfändungs- und Überwei­sungs­be­schluss über das gegenwärtige und zukünftige Arbeits­ein­kommen der Streit­ver­kündeten. Der Pfändungs- und Überwei­sungs­be­schluss wurde der Beklagten im November 2015 zugestellt. Im Mai 2016 schlossen die Streit­ver­kündete und die Beklagte eine Entgel­t­um­wand­lungs­ver­ein­barung. Diese hatte eine betriebliche Alters­ver­sorgung im Wege einer Direktversicherung zum Gegenstand. Nach dem Versi­che­rungs­vertrag ist Versi­che­rungs­nehmerin die Beklagte, Begünstigte ist die Streit­ver­kündete. Der von der Beklagten monatlich in die Direkt­ver­si­cherung einzuzahlende Beitrag beträgt 248,00 Euro. In der Folgezeit leistete die Beklagte aufgrund des Pfändungs- und Überwei­sungs­be­schlusses Zahlungen an den Kläger, wobei sie bei der Ermittlung des pfändbaren Einkommens der Streit­ver­kündeten den monatlichen Versi­che­rungs­beitrag iHv. 248,00 Euro unberück­sichtigt ließ.

Kläger begehrt höhere Zahlungen

Mit seiner Klage begehrt der Kläger von der Beklagten höhere Zahlungen. Er hat die Auffassung vertreten, dass die Entgeltumwandlung das pfändbare Einkommen der Streit­ver­kündeten nicht reduziere. Diese habe mit der Zustellung des Pfändungs- und Überwei­sungs­be­schlusses die Verwer­tungs­zu­stän­digkeit über ihre Forderung verloren. Im Übrigen gelte der Rechtsgedanke des § 850 h ZPO. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landes­a­r­beits­gericht hat ihr teilweise stattgegeben. Mit der Revision begehrt die Beklagte die vollständige Abweisung der Klage.

Entgel­t­um­wand­lungs­ver­ein­barung stellt keine Benachteiligung für Gläubiger dar

Die Revision der Beklagten war vor dem Bundes­a­r­beits­gericht erfolgreich. Vereinbaren die Arbeits­ver­trags­parteien, dass der Arbeitgeber für den/die Arbeitnehmer/in eine Direkt­ver­si­cherung abschließt und ein Teil der künftigen Entgel­t­ansprüche des Arbeit-nehmers/der Arbeitnehmerin durch Entgel­t­um­wandlung für seine/ihre betriebliche Alters-versorgung verwendet werden, liegt insoweit grundsätzlich kein pfändbares Einkommen iSv. § 850 Abs. 2 ZPO mehr vor. Daran ändert der Umstand, dass die Entgel­t­um­wand­lungs­ver­ein­barung erst nach Zustellung des Pfändungs- und Überwei­sungs­be­schlusses getroffen wurde, jedenfalls vorliegend deshalb nichts, weil die Streit­ver­kündete mit der mit der Beklagten getroffenen Entgel­t­um­wand­lungs­ver­ein­barung von ihrem Recht aus § 1 a Abs. 1 Satz 1 BetrAVG* auf betriebliche Alters­ver­sorgung durch Entgel­t­um­wandlung Gebrauch gemacht hat und der in § 1 a Abs. 1 Satz 1 BetrAVG vorgesehene Betrag nicht überschritten wurde. Bei einer an § 1 a Abs. 1 Satz 1 BetrAVG orientierten normativen Betrachtung stellt die von der Streit­ver­kündeten mit der Beklagten getroffene Entgel­t­um­wand­lungs­ver­ein­barung keine den Kläger als Gläubiger benach­tei­ligende Verfügung iSv. § 829 Abs. 1 Satz 2 ZPO dar. In einem solchen Fall scheidet zudem ein Rückgriff auf § 850 h ZPO aus. Ob eine andere Bewertung dann geboten ist, wenn - anders als hier - ein höherer Betrag als der in § 1 a Abs. 1 Satz 1 BetrAVG vorgesehene umgewandelt wird, musste der Senat nicht entscheiden.

Quelle: Bundesarbeitsgericht, ra-online (pm/aw)

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