14.11.2024
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Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.

Dokument-Nr. 30244

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Bundesarbeitsgericht Urteil29.04.2021

Schadensersatz - Kosten der Ermittlungen von Vertragspflicht­verletzungen eines Arbeitnehmers durch eine AnwaltskanzleiBundes­arbeits­gericht zum Anwen­dungs­bereich des § 12 a ArbGG bei Schadensersatz

Bundes­arbeits­gericht gibt der Revision eines Klägers statt. Die Parteien streiten im Revisi­ons­ver­fahren darüber, ob der Kläger der Beklagten zum Ersatz von Anwaltskosten iHv. 66.500,00 Euro für Ermittlungen im Zusammenhang mit Vorwürfen des Spesenbetrugs, des Abrech­nungs­betrugs und von Compliance-Verstößen verpflichtet ist. Der § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG steht einem Schadens­ersatzanspruch nicht entgegen, dennoch hat der Kläger im konkreten Fall keinen Anspruch auf Ersatz seiner Kosten.

Der Kläger war bei der Beklagten als Leiter des Zentralbereichs Einkauf und Mitglied einer Führungsebene zu einem Jahres­brut­to­gehalt iHv. zuletzt ca. 450.000 Euro tätig. Nachdem bei der Beklagten mehrere anonyme Verdachts­mel­dungen wegen eventueller Compliance-Verstöße des Klägers eingegangen waren, traf das bei dieser zuständige Gremium die Entscheidung, eine Untersuchung unter Einschaltung einer auf die Durchführung von Compliance-Ermittlungen spezialisierten Anwaltskanzlei durchzuführen.

Anwaltskanzlei stellte für ihre Tätigkeit insgesamt 209.679,68 Euro in Rechnung

Die Kanzlei legte einen Unter­su­chungs­bericht vor, nach dem der Kläger u.a. auf Kosten der Beklagten Personen ohne dienstliche Veranlassung zum Essen eingeladen sowie gegenüber der Beklagten Reisekosten für von ihm unternommene Fahrten zu Champions-League-Spielen des FC Bayern München abgerechnet hatte. Die Tickets für die Spiele hatte der Kläger auf Anforderung von Geschäfts­partnern der Beklagten erhalten. Die Anwaltskanzlei stellte der Beklagten für ihre Tätigkeit ausgehend von einem Stundenhonorar iHv. 350,00 Euro insgesamt 209.679,68 Euro in Rechnung. Die Beklagte kündigte das Arbeits­ver­hältnis gegenüber dem Kläger daraufhin fristlos, hilfsweise ordentlich wegen Verstoßes gegen das sog. Schmier­geld­verbot, Abrechnung privater Auslagen auf Kosten der Beklagten und mehrfachen Spesenbetrugs. Gegen die Kündigung hat der Kläger Kündi­gungs­schutzklage erhoben, die rechtskräftig abgewiesen wurde.

Landes­a­r­beits­gericht spricht Beklagten Schadensersatz zu

Mit ihrer Widerklage hat die Beklagte den Kläger auf Ersatz der ihr von der Anwaltskanzlei in Rechnung gestellten Ermitt­lungs­kosten in Anspruch genommen und dies damit begründet, der Kläger habe diese Kosten nach den vom Bundes­a­r­beits­gericht für die Erstattung von Detektivkosten aufgestellten Grundsätzen zu ersetzen. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dem geltend gemachten Schaden­s­er­satz­an­spruch stehe die Regelung in § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG entgegen. Zudem habe die Beklagte die Erfor­der­lichkeit der Kosten nicht dargetan. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landes­a­r­beits­gericht hat auf die Berufung der Beklagten das arbeits­ge­richtliche Urteil teilweise abgeändert und der Beklagten 66.500,00 Euro zugesprochen. Es hat angenommen, die Beklagte könne die Kosten ersetzt verlangen, die ihr durch die Tätigkeit der Anwaltskanzlei bis zum Ausspruch der Kündigung entstanden seien. Mit der Revision begehrt der Kläger die vollständige Abweisung der Widerklage.

Fehllende substantiierte Darlegung der Kosten­ent­stehung verwirkt Schaden­s­er­satz­an­spruch

Die Revision des Klägers war vor dem Achten Senat des Bundes­a­r­beits­ge­richts erfolgreich. Zwar kann ein Arbeitgeber vom Arbeitnehmer die durch das Tätigwerden einer spezialisierten Anwaltskanzlei entstandenen notwendigen Kosten ersetzt verlangen, wenn er die Anwaltskanzlei anlässlich eines konkreten Verdachts einer erheblichen Verfehlung des Arbeitnehmers mit Ermittlungen gegen diesen beauftragt hat und der Arbeitnehmer einer schwerwiegenden vorsätzlichen Vertrags­pflicht­ver­letzung überführt wird. Sofern ein konkreter Verdacht einer erheblichen Verfehlung des Arbeitnehmers vorliegt, gehören auch die zur Abwendung drohender Nachteile notwendigen Aufwendungen des Geschädigten zu dem nach § 249 BGB zu ersetzenden Schaden. Die Grenze der Ersatzpflicht richtet sich nach dem, was ein vernünftiger, wirtschaftlich denkender Mensch nach den Umständen des Falles zur Beseitigung der Störung oder zur Schadens­ver­hütung nicht nur als zweckmäßig, sondern als erforderlich getan haben würde. Dem steht § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG, der als spezielle arbeits­rechtliche Regelung nicht nur einen prozessualen, sondern auch einen materiellen Koste­n­er­stat­tungs­an­spruch aus-schließt, nicht entgegen. Diese Bestimmung findet in einem solchen Fall keine Anwendung. Die Beklagte hat jedoch nicht dargelegt, dass die von ihr geltend gemachten Kosten erforderlich waren. Es fehlt an einer substantiierten Darlegung, welche konkreten Tätigkeiten bzw. Ermittlungen wann und in welchem zeitlichen Umfang wegen welchen konkreten Verdachts gegen den Kläger von der beauftragten Anwaltskanzlei ausgeführt wurden.

Quelle: Bundesarbeitsgericht, ra-online (pm/aw)

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