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- NJW 2019, 948Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2019, Seite: 948
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- NZA 2019, 108Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht (NZA), Jahrgang: 2019, Seite: 108
- Arbeitsgericht Leipzig, Urteil10.03.2016, 6 Ca 3811/15
- Landesarbeitsgericht Sachsen, Urteil21.09.2016, 8 Sa 186/16
Bundesarbeitsgericht Urteil24.10.2018
BAG: Arbeitsverhältnis mit Producer einer Rundfunkanstalt kann befristet werdenAbwägung zwischen Bestandsschutzinteresse des Arbeitnehmers und Auswirkung auf Rundfunkfreiheit
Das Arbeitsverhältnis mit einem Producer, der programmgestaltenden Einfluss hat, kann gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 4 TzBfG befristet werden. Es kommt dabei aber auf eine Abwägung des Bestandschutzinteresses des Arbeitnehmers und den Auswirkungen auf die Rundfunkfreiheit durch einen unbefristeten Arbeitsvertrag an. Dies hat das Bundesarbeitsgericht entschieden.
In dem zugrunde liegenden Fall war ein Arbeitnehmer seit Februar 2010 bei einer öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt als Producer mit programmgestaltendem Einfluss auf das Kinderradioprogramm tätig. Das Arbeitsverhältnis war stets befristet, zuletzt bis Februar 2016. Zu einer weiteren Befristung kam es nicht, da sich die Rundfunkanstalt personell neu aufstellen wollte. Der Arbeitnehmer hielt die Befristung für unzulässig und erhob daher Klage gerichtet darauf festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis nicht wegen der Befristung geendet hat. Die Rundfunkanstalt hielt die Befristung für zulässig und verwies auf die Rundfunkfreiheit.
Arbeitsgericht gab Feststellungsklage statt, Landesarbeitsgericht wies sie ab
Während das Arbeitsgericht Leipzig der Feststellungsklage stattgab, wies sie das Landesarbeitsgericht Sachsen ab. Es hielt die Befristung für sachlich gerechtfertigt im Sinne von § 14 Abs. 1 Nr. 4 TzBfG. Dagegen richtete sich die Revision des Klägers.
Bundesarbeitsgericht hält Zulässigkeit der Befristung für möglich
Das Bundesarbeitsgericht führt zum Fall aus, dass nach § 14 Abs. 1 Nr. 4 TzBfG ein sachlicher Grund für die Befristung eines Arbeitsvertrags vorliege, wenn diese durch die Eigenart der Arbeitsleistung gerechtfertigt ist. Dies könne bei Arbeitsverträgen mit programmgestaltenden Mitarbeitern bei Rundfunkanstalten der Fall sein. Denn die Rundfunkfreiheit gewährleiste Freiräume bei der Wahl des Arbeitsvertragsinhalts, weil veränderte Berichtsgegenstände, Programmtechniken, Wettbewerbslagen und Publikumsbedürfnissen eine Veränderung der Programmstruktur erforderlich machen und im Regelfalls nicht zu erwarten sei, dass die bisher für die Programmgestaltung verantwortlichen Mitarbeiter ausreichend geeignet sind, auch in den geänderten Programmstrukturen tätig zu werden.
Abwägung zwischen Bestandsschutzinteresse des Arbeitnehmers und Auswirkung auf Rundfunkfreiheit
Allerdings komme der Rundfunkfreiheit gegenüber dem Interesse des Arbeitsnehmers an einer Dauerbeschäftigung kein genereller Vorrang zu, so das Bundesarbeitsgericht. Dem programmgestaltend tätigen Rundfunkmitarbeiter dürfe der arbeitsrechtliche Bestandsschutz nicht generell versagt werden. Es müssen die Belange der Rundfunkanstalt und des betroffenen Arbeitnehmers im Einzelfall abgewogen werden. Dabei komme es insbesondere darauf an, mit welcher Intensität der betroffene Mitarbeiter auf das Programm Einfluss nehmen kann und wie groß die Gefahr im Falle eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses ist, dass die Rundfunkanstalt nicht mehr den Erfordernissen eines vielfältigen Programms und den sich künftigen ändernden Informationsbedürfnissen und Publikumsinteressen gerecht werden kann. In diesem Zusammenhang könne eine lang andauernde Beschäftigung ein Indiz dafür sein, dass ein Bedürfnis nach einem personellen Wechsel nicht besteht.
Zurückweisung des Falls an Landesarbeitsgericht aufgrund falscher Abwägung
Davon ausgehend erachtet das Bundesarbeitsgericht die Abwägung des Landesarbeitsgerichts für fehlerhaft, da es nicht die Zeit der Tätigkeit des Klägers als freier Mitarbeiter von 1998 bis 2010 unberücksichtigt ließ. Eine dem Arbeitsverhältnis vorgelagerte langjährige programmgestaltende Tätigkeit als freier Mitarbeiter könne mit der gleichen oder einer vergleichbaren Tätigkeit wie im späteren Arbeitsverhältnis gegen ein Bedürfnis der Rundfunkanstalt nach einem personellen Wechsel sprechen. Das Bundesarbeitsgericht wies den Fall an das Landearbeitsgericht zurück.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 13.02.2020
Quelle: Bundesarbeitsgericht, ra-online (vt/rb)
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