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- Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, Urteil22.06.2004, 5 Sa 128/04
Bundesarbeitsgericht Urteil26.04.2006
Sachgrundlos befristete Arbeitsverhältnisse mit älteren Arbeitnehmern sind unwirksam§ 14 Abs. 3 Satz 4 TzBfG nicht anwendbar
Laut Gesetz ist die Befristung eines Arbeitsvertrags in der Regel nur zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Eine Ausnahme hiervon ist die Regelung, die die rot-grüne Regierung im Dezember 2002 erließ (Hartz-I-Reform). Das Alter von dem an befristete Arbeitsverträge auch ohne sachlichen Grund befristet werden können, wurde von 58 auf 52 Jahre herabgesetzt. Diese Neuerung hat der Europäische Gerichtshof allerdings als unzulässige Diskriminierung eingestuft. Dem hat sich das Bundesarbeitsgericht angeschlossen und diese Regelung nun gekippt.
So ist unter anderem der Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrags mit einem Arbeitnehmer, der bei Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses das 58. Lebensjahr vollendet hat, ohne sachlichen Grund zulässig, wenn zu einem vorhergehenden unbefristeten Arbeitsvertrag mit demselben Arbeitgeber kein enger sachlicher Zusammenhang besteht (§ 14 Abs. 3 Satz 1 und 2 TzBfG).
Durch das Erste Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2002 ist die Altersgrenze für die sachgrundlose Befristung von älteren Arbeitnehmern bis zum 31.12.2006 auf 52 Jahre abgesenkt worden (§ 14 Abs. 3 Satz 4 TzBfG). Der Europäische Gerichtshof hat am 22. November 2005 entschieden, dass die nach § 14 Abs. 3 Satz 4 TzBfG vorgesehene Befristungsmöglichkeit eine nach Gemeinschaftsrecht unzulässige Diskriminierung wegen des Alters darstellt und die Vorschrift von den nationalen Gerichten nicht angewendet werden darf. Der Siebte Senat des Bundesarbeitsgerichts hatte erstmals über die Wirksamkeit einer Befristung zu entscheiden, die von einem Arbeitgeber der Privatwirtschaft allein auf § 14 Abs. 3 Satz 4 TzBfG gestützt wurde. Der 1950 geborene Kläger dieses Rechtsstreits war seit dem 12. Juli 1999 auf Grund mehrerer befristeter Arbeitsverträge bei der Beklagten als Aushilfe in der Produktion beschäftigt. Der zuletzt abgeschlossene Vertrag vom 18. Februar 2003 sah eine Befristung des Arbeitsverhältnisses für die Zeit vom 19. Februar 2003 bis zum 31. März 2004 vor.
Die Vorinstanzen haben die Klage unter Berufung auf § 14 Abs. 3 Satz 4 TzBfG abgewiesen. Der Siebte Senat hat der Befristungskontrollklage des Klägers stattgegeben. In Folge der Entscheidung des Europäischen Gerichthofs sind allein auf § 14 Abs. 3 Satz 4 TzBfG gestützte sachgrundlose Befristungen unwirksam. Der Arbeitgeber kann sich bei den bis zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs abgeschlossenen Verträgen auch nicht darauf berufen, auf die Gültigkeit der Vorschrift vertraut zu haben. Die Entscheidung über den sich aus dem Gemeinschaftsrecht ergebenden Vertrauensschutz ist dem Europäischen Gerichtshof vorbehalten.
Dieser hat in der Entscheidung vom 22. November 2005 den Ausspruch über die Unanwendbarkeit von § 14 Abs. 3 Satz 4 TzBfG in zeitlicher Hinsicht nicht begrenzt. Hieran sind die nationalen Gerichte gebunden. Die Beklagte konnte im Übrigen auch nach nationalem Recht keinen Vertrauensschutz beanspruchen. Die Vereinbarkeit der Norm mit Gemeinschaftsrecht war im arbeitsrechtlichen Schrifttum bereits seit ihrem In-Kraft-Treten in Zweifel gezogen worden.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 03.05.2006
Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 27/06 des BAG vom 26.04.2006
der Leitsatz
Nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 22. November 2005 (- C-144/04 [Mangold] - ABl. EU 2006 Nr. C 36, 10) verstößt § 14 Abs. 3 Satz 4 TzBfG gegen Gemeinschaftsrecht und ist von den nationalen Gerichten nicht anzuwenden.
Der Europäische Gerichtshof hat mit dem auf den allgemeinen Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts beruhenden Verbot der Altersdiskriminierung begründeten Unanwendbarkeitsausspruch nicht die mit den deutschen Zustimmungsgesetzen auf die Gemeinschaft übertragenen Kompetenzen überschritten.
Hat der Europäische Gerichtshof in einer die Unanwendbarkeit einer nationalen Norm aussprechenden Entscheidung die zeitliche Wirkung des Unanwendbarkeitsausspruchs nicht eingeschränkt, dürfen die nationalen Gerichte die mit Gemeinschaftsrecht unvereinbare nationale Norm nicht zu Gunsten der auf ihre Gültigkeit vertrauenden Arbeitsvertragspartei anwenden.
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