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18.01.2025  
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Dokument-Nr. 34720

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Urteil15.01.2025Bundesarbeitsgericht5 AZR 284/24
Vorinstanz:
  • Landesarbeitsgericht München, Urteil16.05.2024, 9 Sa 538/23
ergänzende Informationen

Bundesarbeitsgericht Urteil15.01.2025

Arbeitgeber kann Krankschreibung aus dem Ausland anzweifelnZur Erschütterung des Beweiswerts einer im Nicht-EU-Ausland erstellten Arbeits­un­fä­hig­keits­be­schei­nigung

Der Beweiswert einer im Nicht-EU-Ausland ausgestellten Arbeits­un­fä­hig­keits­be­schei­nigung kann erschüttert sein, wenn nach der vorzunehmenden Gesamt­be­trachtung des zu würdigenden Einzelfalls Umstände vorliegen, die zwar für sich betrachtet unverfänglich sein mögen, in der Gesamtschau aber ernsthafte Zweifel am Beweiswert der Bescheinigung begründen. Insoweit gelten die gleichen Grundsätze wie bei einer in Deutschland ausgestellten Arbeits­un­fä­hig­keits­be­schei­nigung. Dies hat das Bundes­a­r­beits­gericht entschieden.

Der Kläger ist seit 2002 als Lagerarbeiter bei der Beklagten mit einem durch­schnitt­lichen Brutto­mo­nats­gehalt von zuletzt 3.612,94 Euro beschäftigt. In den Jahren 2017, 2019 und 2020 legte er der Beklagten im direkten zeitlichen Zusammenhang mit seinem Urlaub Arbeits­un­fä­hig­keits­be­schei­ni­gungen vor. Vom 22. August bis zum 9. September 2022 hatte der Kläger Urlaub, den er in Tunesien verbrachte.

Arbeitnehmer teilte per E-Mail seine Krankschreibung mit

Mit E-Mail vom 7. September 2022 teilte er der Beklagten mit, er sei bis zum 30. September 2022 krank­ge­schrieben. Beigefügt war ein Attest vom 7. September 2022 eines tunesischen Arztes, der in französischer Sprache bescheinigte, dass er den Kläger untersucht habe, dieser an „schweren Ischi­al­be­schwerden” im engen Lenden­wir­bel­säu­lenkanal leide, der Kläger 24 Tage strenge häusliche Ruhe bis zum 30. September 2022 benötige und er sich während dieser Zeit nicht bewegen oder reisen dürfe. Einen Tag nach dem Arztbesuch buchte der Kläger am 8. September 2022 ein Fährticket für den 29. September 2022 und reiste an diesem Tag mit seinem PKW zunächst mit der Fähre von Tunis nach Genua und dann weiter nach Deutschland zurück. Danach legte er der Beklagten eine Erstbe­schei­nigung eines deutschen Arztes vom 4. Oktober 2022 vor, in der Arbeits­un­fä­higkeit bis zum 8. Oktober 2022 bescheinigt wurde. Nachdem die Beklagte dem Kläger mitgeteilt hatte, dass es sich ihrer Auffassung nach bei dem Attest vom 7. September 2022 nicht um eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung handele, legte der Kläger eine erläuternde Bescheinigung des tunesischen Arztes vom 17. Oktober 2022 vor, in welcher der Arzt bescheinigte, den Kläger am 7. September 2022 untersucht zu haben. Weiter heißt es: „Er hatte eine beidseitige Lumboischialgie, die eine Ruhepause mit Arbeits­un­fä­higkeit und Reiseverbot für 24 Tage vom 07/09/2022 bis zum 30/09/2022 erforderlich machte.“ Die Beklagte lehnte die Entgelt­fort­zahlung im Krankheitsfall ab und kürzte die Vergütung für September 2022 um 1.583,02 Euro netto. Mit seiner Klage hat der Kläger zuletzt Entgelt­fort­zahlung für September 2022 in dieser Höhe verlangt. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landes­a­r­beits­gericht hat das Urteil abgeändert und die Beklagte zur Zahlung verurteilt.

Bundes­a­r­beits­gericht: Arbeits­un­fä­hig­keits­be­schei­nigung aus dem Ausland hat grundsätzlich den gleichen Beweiswert wie eine in Deutschland ausgestellte Arbeits­un­fä­hig­keits­be­schei­nigung

Die Revision der Beklagten hatte vor dem Fünften Senat Erfolg. Das Landes­a­r­beits­gericht hat zwar im Ausgangspunkt zutreffend erkannt, dass einer Arbeits­un­fä­hig­keits­be­schei­nigung, die in einem Land außerhalb der Europäischen Union ausgestellt wurde, grundsätzlich der gleiche Beweiswert wie einer in Deutschland ausgestellten Bescheinigung zukommt, wenn sie erkennen lässt, dass der ausländische Arzt zwischen einer bloßen Erkrankung und einer mit Arbeits­un­fä­higkeit verbundenen Krankheit unterschieden hat.

Bundes­a­r­beits­gericht: Zweifel bei Gesamt­be­trachtung der Umstände berechtigt

Das Berufungs­gericht hat aber bei der Würdigung der von der Beklagten zur Begründung ihrer Zweifel an der bescheinigten Arbeits­un­fä­higkeit vorgetragenen tatsächlichen Umstände nur jeden einzelnen Aspekt isoliert betrachtet und die rechtlich gebotene Gesamtwürdigung unterlassen. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der tunesische Arzt dem Kläger für 24 Tage Arbeits­un­fä­higkeit bescheinigte, ohne eine Wieder­vor­stellung anzuordnen. Weiter buchte der Kläger bereits einen Tag nach der attestierten Notwendigkeit häuslicher Ruhe und des Verbots, sich bis zum 30. September 2022 zu bewegen und zu reisen, ein Fährticket für den 29. September 2022 und trat an diesem Tag die lange Rückreise nach Deutschland an. Zudem hatte er bereits in den Jahren 2017 bis 2020 dreimal unmittelbar nach seinem Urlaub Arbeits­un­fä­hig­keits­be­schei­ni­gungen vorgelegt.

Einzelne Gegebenheiten unverfänglich - in der Gesamtschau bestehen aber Zweifel

Diese Gegebenheiten mögen – wie das Landes­a­r­beits­gericht angenommen hat – für sich betrachtet unverfänglich sein. In einer Gesamtschau begründen sie indes ernsthafte Zweifel am Beweiswert der Arbeits­un­fä­hig­keits­be­schei­nigung. Das hat zur Folge, dass nunmehr der Kläger die volle Darlegungs- und Beweislast für das Bestehen krank­heits­be­dingter Arbeits­un­fä­higkeit als Voraussetzung für den Entgelt­fort­zah­lungs­an­spruch nach § 3 Abs. 1 EFZG trägt. Da das Landes­a­r­beits­gericht – aus seiner Sicht konsequent – hierzu keine Feststellungen getroffen hat, war die Sache insoweit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landes­a­r­beits­gericht zurück­zu­ver­weisen.

Quelle: Bundesarbeitsgericht, ra-online (pm/pt)

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